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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und innerhalb von Sekunden war Ian, der gute Junge, an seiner Seite und schnitt seine Fesseln durch. Er rollte sich auf den Bauch, im ersten Moment unfähig, seine verkrampften Muskeln zu kontrollieren; dann gelang es ihm, sich so weit auf die Hände zu stützen, dass er sich übergeben konnte.
    »Geht es jetzt, Onkel Jamie?« Ian, der kleine Mistkerl, klang vage belustigt.

    »Ich komme zurecht. Weißt du, wo Claire ist?« Er erhob sich schwankend und fummelte an seiner Hose herum; seine Finger fühlten sich an wie Würste, und der gebrochene Finger pochte, weil das Kribbeln der zurückkehrenden Blutzirkulation durch die gezackten Knochenränder stach. Doch dann vergaß er für ein paar Sekunden all seine Unbehaglichkeit im Strom der überwältigenden Erleichterung.
    »Himmel, Onkel Jamie«, sagte Ian beeindruckt. »Aye, das weiß ich. Sie haben sie nach New Bern gebracht. Forbes sagt, dort gibt es einen Sheriff, der sie vielleicht nimmt.«
    »Forbes?« Vor Erstaunen fuhr er herum und wäre fast hingefallen, wenn er sich nicht gerade noch mit einer Hand an der knarrenden Holzwand abgestützt hätte. »Neil Forbes?«
    »Der Nämliche.« Ian packte ihn mit der Hand am Ellbogen, um ihn zu stützen; das dünne Brett hatte unter seinem Gewicht einen Sprung bekommen. »Brown ist überall gewesen und hat mit den Leuten geredet – aber mit Forbes ist er schließlich ins Geschäft gekommen, in Cross Creek.«
    »Du hast ihr Gespräch mit angehört?«
    »Ja.« Ians Tonfall war beiläufig, doch es klang Aufregung darin mit – und eine gute Portion Stolz auf seine Leistung.
    Browns Ziel war an diesem Punkt simpel gewesen – sich der Last zu entledigen, zu der die Frasers geworden waren. Er wusste von Forbes und seinem Verhältnis zu Jamie, dank des Geredes nach dem Zwischenfall mit dem Teer im Sommer des vergangenen Jahres und dem Zusammenstoß in Mecklenburg im Mai. Also hatte er Forbes angeboten, ihm die beiden zu überlassen, damit der Anwalt die Situation nach Gutdünken nutzen konnte.
    »Also ist er eine Weile hin und her gewandert und hat überlegt, Forbes, meine ich – sie waren nämlich in seinem Lagerhaus am Fluss, und ich habe mich hinter den Teerfässern versteckt. Und dann lachte er, als wäre ihm gerade etwas sehr Schlaues eingefallen.«
    Forbes hatte vorgeschlagen, dass Browns Männer Jamie gefesselt zu einer kleinen Anlegestelle in der Nähe von Brunswick bringen sollten, die ihm gehörte. Dort würde man ihn auf ein Schiff nach England verfrachten, so dass er sich nicht mehr in Browns oder Forbes’ Angelegenheiten einmischen konnte – und dadurch natürlich keine Chance hatte, seine Frau zu verteidigen.
    Claire sollte unterdessen der Gnade des Gesetztes anheim gegeben werden. Befand man sie für schuldig, nun, dann war das ihr Ende. Falls nicht, würde der Skandal des Prozesses nicht nur die ganze Aufmerksamkeit ihrer Freunde beanspruchen, sondern gleichzeitig ihren gesamten Einfluss vernichten – so dass man Fraser’s Ridge nur noch an sich zu nehmen brauchte und Neil Forbes freie Hand haben würde, sich zum Anführer der schottischen Whigs in der Kolonie zu erklären.

    Jamie hörte wortlos zu, hin- und hergerissen zwischen Wut und widerstrebender Bewunderung.
    »Gar kein dummer Plan«, sagte er. Es ging ihm jetzt besser, und das Schwindelgefühl verschwand mit dem reinigenden Strom der Wut in seinen Adern.
    »Oh, es wird noch besser, Onkel Jamie«, versicherte ihm Ian. »Du erinnerst dich doch an einen Herrn namens Stephen Bonnet?«
    »Ja. Was ist mit ihm?«
    »Es ist Mr. Bonnets Schiff, das dich nach England bringen soll, Onkel Jamie.« Die Belustigung stahl sich wieder in die Stimme seines Neffen. »Es sieht so aus, als ob Anwalt Forbes schon seit einiger Zeit eine ausgesprochen profitable Partnerschaft mit Bonnet unterhält – er und einige befreundete Kaufleute in Wilmington. Sie haben Anteile an dem Schiff und an der Fracht, die es transportiert. Und seit der englischen Blockade ist der Profit noch gewachsen; ich gehe davon aus, dass unser Mr. Bonnet ein sehr erfahrener Schmuggler ist.«
    Jamie sagte etwas extrem Widerwärtiges auf Französisch und trat rasch zur Tür des Schuppens, um einen Blick hinauszuwerfen. Das Wasser lag ruhig und wunderschön da, und der Mondschein führte als silberner Pfad aufs Meer hinaus.
    Dort draußen lag ein Schiff; klein, schwarz und perfekt wie eine Spinne auf einem Blatt Papier. Bonnets Schiff?
    »Himmel«, sagte er. »Was glaubst du, wann sie kommen

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