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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Kapitän Jackson sagt, er kommt morgen wieder.«
    Brianna konnte Phaedres Angst spüren, die sie wie eine blassgelbe Wolke umschwebte, und biss noch einmal in ihr Brot.
    »Er wird doch – er würde dich doch nicht an diesen Jackson verkaufen?« Sie traute Bonnet alles zu. Doch inzwischen verstand sie ein wenig von der Sklaverei. Phaedre war erstklassige Ware, hellhäutig, jung, hübsch – und zur Leibdienerin ausgebildet. Bonnet würde so gut wie überall einen sehr guten Preis für sie erzielen. Nach dem Wenigen, was sie über Sklavenschiffe wusste, handelten diese mit frischen Sklaven aus Afrika.
    Phaedre schüttelte den Kopf, und ihre Lippen waren bleich geworden.
    »Ich glaube es nicht. Er sagt, ich bin das, was er eine ›Rarität‹ nennt. Deswegen hat er mich auch so lange behalten; diese Woche kommen Bekannte von ihm von den Westindischen Inseln. Pflanzer.« Sie schluckte noch einmal und sah so aus, als würde ihr gleich schlecht werden. »Sie kaufen hübsche Frauen.«
    Das Brot, das Brianna gegessen hatte, zerschmolz plötzlich zu einer nassen, schleimigen Masse in ihrem Magen, und mit einer gewissen Schicksalsergebenheit stand sie auf und trat ein paar Schritte beiseite, bevor sie sich auf einen Ballen Rohbaumwolle übergab.
    Stephen Bonnets Stimme hallte mit fröhlicher Jovialität in ihrem Kopf wider.

    »Warum sollte ich mir die Mühe machen, dich nach London zu bringen, wo du doch niemandem nützen würdest? Außerdem regnet es in London ziemlich viel; das würde dir bestimmt nicht gefallen.«
    »Sie kaufen hübsche Frauen«, flüsterte sie und lehnte sich an die Palisaden, während sie wartete, bis die Übelkeit nachließ. Aber weiße Frauen?
    »Warum nicht?«, sagte der kalte, logische Teil ihres Gehirns. Frauen sind Besitz, ganz gleich ob schwarz oder weiß. Wenn man Besitz sein kann, kann man auch verkauft werden. Sie selbst war schließlich eine Zeit lang Lizzies Besitzerin gewesen.
    Sie wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und kehrte zu Phaedre zurück, die auf einer Rolle Kupferblech saß und deren feinknochiges Gesicht schmal und voller Sorge war.
    »Josh – Josh hat er ebenfalls. Als wir an Land gegangen sind, hat er seinen Leuten gesagt, sie sollten Josh zu den anderen Sklaven bringen.«
    »Joshua?« Phaedre richtete sich mit großen Augen auf. »Joshua, Miss Jos Stallknecht? Er ist hier ?«
    »Ja. Weißt du, wo diese Umzäunung ist?«
    Phaedre war aufgesprungen und schritt aufgeregt hin und her.
    »Ich weiß es nicht genau. Ich koche zwar das Essen für die Sklaven dort, aber einer von den Seeleuten bringt es hin. Doch es kann nicht weit vom Haus sein.«
    »Ist sie groß?«
    Phaedre schüttelte heftig den Kopf.
    »Nein, Miss. Mr. Bonnet treibt eigentlich keinen Sklavenhandel. Er bringt hier und da ein paar mit – und dann hat er seine ›Raritäten‹ -« Bei diesen Worten verzog sie das Gesicht. »Aber dem Essen nach, das sie verbrauchen, können es nicht mehr als ein Dutzend sein. Drei Mädchen im Haus – fünf, wenn man diese Fulani mitrechnet, von denen er erzählt hat.«
    Brianna, die sich jetzt besser fühlte, begann, über den Hof zu wandern und nach Dingen zu suchen, die ihr vielleicht von Nutzen sein konnten. Es war ein wildes Durcheinander wertvoller Waren – von chinesischen Seidenballen, die in Leinen und Öltuch verpackt waren, und Kisten mit Porzellangeschirr bis hin zu Kupferblechrollen, Brandyfässern, in Stroh verpackten Weinflaschen und kistenweise Tee. Sie öffnete eine dieser Kisten und atmete das sanfte Parfum der Teeblätter ein, das wunderbar beruhigend auf ihre innere Unruhe wirkte. Für eine heiße Tasse Tee hätte sie momentan fast alles gegeben.
    Noch interessanter war allerdings eine Reihe kleiner Fässer mit dicken, luftdichten Wänden, die Schießpulver enthielten.
    »Hätte ich doch bloß ein paar Streichhölzer«, murmelte sie mit einem sehnsuchtsvollen Blick auf die Fässchen vor sich hin. »Oder auch nur einen Schlagbolzen.« Aber Feuer war Feuer, und in der Küche brannte sicherlich eins. Sie betrachtete nachdenklich das Haus und überlegte, wo sie die Fässer
am besten platzierte – doch sie konnte das Haus nicht in die Luft jagen. Nicht, solange sich die anderen Sklaven darin befanden, und nicht, ohne zu wissen, was sie als Nächstes tun würde.
    Das Geräusch der Tür, die sich öffnete, schreckte sie auf; als Emmanuel dann den Kopf ins Freie steckte, hatte sie sich schon mit einem Sprung von dem Schießpulver entfernt und untersuchte eine

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