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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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flussabwärts gebracht und mich in Wilmington an einen Mann verkauft, der ein Wirtshaus hatte. Das war nicht so schlimm – aber dann ist Mr. Jones ein paar Monate später wiedergekommen und hat mich zurückgeholt. Wilmington war Ulysses nicht weit genug. Also hat er mich Mr. Butler gegeben, und der hat mich nach Edenton gebracht.«
    Sie senkte den Blick. Ihre Lippen waren angespannt, ihr Gesicht war schwach errötet. Brianna fragte lieber nicht, was sie in Edenton für Butler getan hatte, hielt es aber für wahrscheinlich, dass sie in einem Bordell gearbeitet hatte.
    »Und … äh … Stephen Bonnet hat dich dort gefunden?«
    Phaedre nickte, ohne den Kopf zu heben.
    »Hat mich beim Kartenspiel gewonnen«, sagte sie knapp und stand auf. »Ich muss gehen; ich habe genug davon, mich mit schwarzen Männern anzulegen – will keine Prügel mehr von diesem Emmanuel.«
    Brianna tauchte langsam aus dem Schockzustand auf, in den sie die Neuigkeit von Ulysses und ihrer Tante versetzt hatte. Plötzlich kam ihr ein Gedanke, und sie sprang aus dem Bett und beeilte sich, Phaedre zu erwischen, bevor sie die Tür erreichte.
    »Warte, warte! Eines noch – weißt du – wissen die Sklaven auf River Run von dem Gold?«
    »Was, im Grab des alten Masters? Sicher.« Phaedres Gesicht drückte zynische Überraschung darüber aus, dass jemand das bezweifeln konnte. »Aber niemand rührt es an. Alle wissen, dass ein Fluch darauf liegt.«
    »Weißt du etwas darüber, wie es verschwunden ist?«
    Phaedres Gesicht wurde ausdruckslos.
    »Verschwunden?«
    »Oh, warte – nein, das kannst du ja nicht wissen; du … warst ja schon lange fort, als es verschwunden ist. Ich habe mich nur gefragt, ob Ulysses vielleicht etwas damit zu tun hatte.«
    Phaedre schüttelte den Kopf.
    »Davon weiß ich nichts. Aber Ulysses traue ich alles zu, Fluch oder nicht.« Auf der Treppe waren schwere Schritte zu hören, und sie erbleichte. Ohne ein Wort oder eine Geste des Abschieds schlüpfte sie zur Tür hinaus und schloss sie; Brianna hörte auf der anderen Seite das hektische Klappern des Schlüssels, und dann klickte das Schloss.
     
    Lautlos wie eine Eidechse brachte ihr Emmanuel am Nachmittag ein Kleid. Es war zu kurz und oben herum zu eng, doch es war aus schwerer blauer Seide und ordentlich genäht. Auch war es eindeutig schon getragen; es hatte Schweißflecken und es roch – nach Angst, glaubte sie und unterdrückte einen Schauer, als sie sich hineinkämpfte.

    Sie schwitzte selbst, als Emmanuel sie die Treppe hinunterführte, obwohl ein angenehmer Lufthauch durch die offenen Fenster wehte und die Vorhänge hob. Der Großteil des Hauses war ziemlich schlicht, die Holzfußböden waren nackt, das Mobiliar kaum mehr als Hocker und Bettgestelle. Das Zimmer in der unteren Etage, in das Emmanuel sie jetzt führte, stand in solchem Kontrast dazu, dass es zu einem völlig anderen Haus hätte gehören können.
    Prachtvolle Orientteppiche bedeckten den Fußboden. Sie überlappten sich in einem Wirrwarr von Farben, und das Mobiliar war zwar eine bunte Stilmischung, doch alle Stücke waren solide gearbeitet, mit Schnitzereien verziert und mit Seide gepolstert. Silber und Kristall glitzerten auf jeder verfügbaren Oberfläche, und ein Kronleuchter mit Kristallanhängern – der viel zu groß für das Zimmer war – überzog den Raum mit winzigen Regenbögen. Es entsprach der Vorstellung, die ein Pirat vom Zimmer eines reichen Mannes hatte – grenzenloser Überfluss, der ohne jeden Sinn für Stil oder Geschmack zur Schau gestellt war.
    Den reichen Mann, der am Fenster saß, schien seine Umgebung jedoch nicht zu stören. Es war ein dünner Mensch mit einer Perücke und einem vorstehenden Adamsapfel, der Mitte dreißig zu sein schien, obwohl eine tropische Krankheit seine Haut mit Falten überzogen und gelb gefärbt hatte. Bei ihrem Eintreten warf er einen scharfen Blick zur Tür, dann erhob er sich.
    Bonnet hatte den Gastgeber gemimt; auf dem Tisch standen Gläser und ein Dekanter, und die Luft war von süßem, schwerem Brandygeruch erfüllt. Brianna spürte, wie sich ihr Magen benommen regte, und fragte sich, was sie wohl tun würden, wenn sie sich auf den Teppich erbrach.
    »Da bist du ja, Schätzchen«, sagte Bonnet und trat zu ihr, um sie bei der Hand zu nehmen. Sie entriss sie ihm, doch er tat so, als bemerkte er das nicht, und schob sie stattdessen auf den dünnen Mann zu, indem er ihr die Hand ins Kreuz legte. »Komm und mach deine Verbeugung vor Mr. Howard,

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