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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ihnen kamen allein durch die nassen Wälder, wo sie sich über moosbewachsene Felsen und matschige Wege kämpften. Doch manchmal kamen auch die Frauen mit, neugierig, argwöhnisch, obwohl sie sich bescheiden im Hintergrund hielten und sich eine nach der anderen von Claire ins Hause bitten ließen.
    Die Männer standen auf dem Hof, und er bedauerte das; die Erinnerung an das letzte Mal, als sie sich hier gesammelt hatten, war noch zu frisch in den Köpfen. Doch es ging nicht anders; es waren zu viele, als dass sie alle
ins Haus gepasst hätten. Und diesmal war es heller Tag, nicht Nacht – obwohl er immer wieder sah, wie einzelne Männer den Kopf wandten und zu den Kastanien hinüberblickten, als sähen sie Thomas Christies Geist dort stehen, bereit, einmal mehr durch die Menge zu schreiten.
    Er bekreuzigte sich und sprach ein hastiges Gebet, wie er es jedes Mal tat, wenn er an Tom Christie dachte, dann trat er auf die Veranda hinaus. Sie hatten sich miteinander unterhalten – beklommen, aber um Lockerheit bemüht-, doch bei seinem Erscheinen verstummten die Gespräche abrupt.
    »Ich habe eine Nachricht erhalten, die mich nach Wilmington ruft«, sagte er ohne Einleitung zu ihnen. »Ich werde mich dort den Milizen anschließen, und wer freiwillig mitkommt, den werde ich mitnehmen.«
    Sie gafften ihn an wie Schafe, die man beim Grasen gestört hat. Im ersten Moment verspürte er den verstörenden Impuls zu lachen, doch dieser ging sofort vorüber.
    »Wir werden als Miliz gehen, doch ich kann euch nicht zum Mitgehen zwingen.« Im Stillen bezweifelte er, dass er überhaupt noch mehr als eine Hand voll von ihnen zu irgendetwas bringen konnte, doch es war besser, wenn er gute Miene zum bösen Spiel machte.
    Die meisten sahen ihn immer noch blinzelnd an, aber ein oder zwei hatten sich wieder unter Kontrolle.
    »Du erklärst dich zum Rebellen, Mac Dubh ?« Das war Murdo, der Gute. Loyal wie ein Hund, aber etwas langsam im Kopf. Für ihn musste man die Dinge so einfach wie möglich formulieren, doch wenn er sie einmal begriffen hatte, rückte er ihnen zäh zu Leibe.
    »Aye. Murdo, das tue ich. Ich bin ein Rebell. Und jeder Mann, der mit mir marschiert, wird auch einer sein.«
    Das löste allgemeines Gemurmel aus, das mit zweifelnden Blicken einherging. Hier und da hörte er das Wort »Eid« in der Menge, und er machte sich auf die nahe liegende Frage gefasst.
    Doch was ihn verblüffte, war der Mann, der sie stellte. Arch Bug richtete sich streng zu voller Größe auf.
    »Ihr habt dem König einen Eid geschworen, Seaumais mac Brian «, sagte er mit unerwartet scharfer Stimme. »Genau wie wir alle.«
    Beifallsgemurmel folgte auf diese Worte, und viele Gesichter wandten sich stirnrunzelnd und beklommen in seine Richtung. Er holte tief Luft und spürte, wie sich sein Magen verknotete. Obwohl er wusste, was er wusste, und ihm klar war, dass ein erzwungener Eid unmoralisch war … das Wort seines Schwurs offen zu brechen, gab ihm das Gefühl, auf einer Treppe ins Leere getreten zu sein.
    »Genau wie wir alle«, pflichtete er Arch bei. »Aber das war ein Eid, den man uns in der Gefangenschaft aufgezwungen hat, keiner, den wir als Ehrenmänner abgelegt haben.«

    Das war nicht zu leugnen; doch es war ein Eid, und einen solchen nahm kein Highlander auf die leichte Schulter. Möge ich sterben und fern meiner Verwandten begraben werden … Eid oder nicht, dachte er grimmig, das war wahrscheinlich das Schicksal, das sie sowieso erwartete.
    »Aber trotzdem ist es ein Eid, Sir«, sagte Hiram Crombie mit schmalen Lippen. »Wir haben ihn vor Gott geschworen. Erwartet Ihr von uns, dass wir das vergessen?« Mehrere der Presbyterianer stimmten ihm murmelnd zu und scharten sich dichter um Crombie, um ihm ihre Unterstützung auszudrücken.
    Er holte noch einmal tief Luft, und sein Bauch verkrampfte sich noch stärker.
    »Ich erwarte gar nichts.« Und in dem vollen Bewusstsein dessen, was er tat, und obwohl er sich ein wenig dafür verachtete – verlegte er sich auf die uralten Waffen der Rhetorik und des Idealismus.
    »Ich habe gesagt, dass der Treueeid gegenüber dem König ein erzwungener, kein freiwilliger Eid war. Ein solcher Eid hat keine Macht, denn kein Mann schwört freiwillig, es sei denn, er ist selber frei.«
    Niemand widersprach, also fuhr er fort, laut genug, um verstanden zu werden, aber ohne zu schreien.
    »Ihr kennt doch sicher die Deklaration von Arbroath, oder? Vor vierhundert Jahren waren es unsere Väter, unsere Großväter,

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