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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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eigenen Becher mit dem widerlichen Gebräu. »Dann haben wir ja erst noch Zeit zu schlafen.«
     
    Wir erreichten die Brücke am Moore’s Creek am nächsten Mittag und schlossen uns dort der Kompanie an, die von Richard Caswell befehligt wurde, welcher Jamie freudig begrüßte.
    Das Highlandregiment war nirgendwo in Sicht – doch es kamen regelmäßig Depeschenreiter, die uns von seinem Herannahen auf der Negro Head Point Road berichteten – einer breiten Wagenstraße, die geradewegs auf die solide Plankenbrücke zuführte, die den Widow Moore’s Creek überquerte.
    Jamie, Caswell und einige der anderen Kommandeure gingen am Ufer auf und ab und wiesen immer wieder auf die Brücke und über das Ufer hinweg. Der Bach verlief hier durch ein trügerisches Stück Sumpfland, aus dessen
wässrigem Schlamm sich Zypressen erhoben. Doch der Bach selbst wurde an der schmalen Stelle tiefer – das Lot, das eine neugierige Seele von der Brücke ins Wasser fallen ließ, zeigte hier vier Meter fünfzig an – und die Brücke war die einzige denkbare Stelle, an der ihn eine irgendwie geartete Armee überqueren konnte.
    Was auch Jamies Schweigen beim Abendessen erklärte. Er hatte mitgeholfen, am anderen Ufer einen kleinen Erdwall zu errichten, und seine Hände waren mit Schmutz – und Fett – beschmiert.
    »Sie haben Kanonen«, sagte er leise, als er sah, dass ich die Flecken auf seinen Händen betrachtete. Er wischte sie geistesabwesend an seiner sowieso schon ruinierten Hose ab. »Zwei kleine Kanonen aus dem Ort, aber trotz alledem Kanonen.«
    Ich wusste, was er dachte – und warum.
    Ihr habt in Culloden hinter den Kanonen gestanden, Donald , hatte er zu dem Major gesagt. Ich bin auf sie zugelaufen. Mit einem Schwert in der Hand. Schwerter waren die angeborene Waffe der Highlander – und für die meisten wahrscheinlich auch die einzige Waffe. Nach allem, was wir gehört hatten, hatte General MacDonald nur eine kleine Anzahl von Musketen und wenig Pulver zusammenbringen können; die meisten seiner Soldaten waren mit Breitschwertern und Tartschen bewaffnet. Und sie marschierten geradewegs in einen Hinterhalt.
    »O Himmel«, murmelte Jamie so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. »Die armen Narren. Die armen, tapferen, kleinen Narren.«
     
    Die Situation verschlimmerte – oder verbesserte, je nach Standpunkt – sich noch, als es dämmerte. Die Temperaturen waren nach dem Eissturm gestiegen, doch der Boden war durchnässt; im Lauf des Tages stieg Feuchtigkeit daraus auf und kondensierte bei Anbruch der Nacht zu so dichtem Nebel, dass selbst die Lagerfeuer kaum noch zu sehen waren, die wie schwelende Kohlen im Nebel glühten.
    Aufregung steckte die Miliz an wie ein von Moskitos übertragenes Fieber, als aufgrund der neuen Bedingungen neue Pläne geschmiedet wurden.
    »Jetzt«, sagte Ian, der wie ein Geist neben Jamie aus dem Nebel auftauchte. »Caswell ist so weit.«
    Unsere wenigen Vorräte waren bereits gepackt, und mit Gewehren, Pulver und Lebensmitteln beladen, stahlen sich achthundert Mann und eine unbekannte Zahl von Zivilpersonen wie ich selbst leise durch den Nebel auf die Brücke zu. Die Lagerfeuer ließen wir hinter uns brennen.
    Ich war mir nicht ganz sicher, wo sich MacDonalds Truppen jetzt befanden – möglich, dass sie noch auf der Wagenstraße unterwegs waren oder dass sie vorsichtig davon abgewichen waren und sich jetzt dem Rand des Sumpfes näherten, um ihn auszukundschaften. In diesem Fall wünschte ich ihnen viel Glück. Auch ich war bis ins Innerste angespannt, als ich behutsam
über die Brücke ging; es war unsinnig, auf Zehenspitzen zu gehen, doch es widerstrebte mir, die Füße fest aufzusetzen – der Nebel und die Stille schienen zur Heimlichkeit aufzurufen.
    Ich stieß mit dem Zeh an eine unebene Planke und stolperte vorwärts, doch Roger, der neben mir ging, fasste mich am Arm und richtete mich auf. Ich drückte ihm den Arm, und er lächelte schwach, sein Gesicht im Nebel kaum sichtbar, obwohl er nicht mehr als dreißig Zentimeter von mir entfernt war.
    Er wusste genauso gut wie Jamie und die anderen, was auf uns zukam. Dennoch spürte ich, dass er sehr aufgeregt war – und von Schrecken erfüllt. Es würde schließlich seine erste Schlacht werden.
    Auf der anderen Seite verteilten wir uns, um auf dem Hügel oberhalb des halbkreisförmigen Erdwalls, den die Männer hundert Meter vom Bach entfernt aufgeworfen hatten, ein neues Lager aufzuschlagen. Ich kam so dicht an den Kanonen vorbei, dass

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