Ein Hauch von Seele
hinweg.“
Zedrik hüllte sich in Schweigen. Er verlor regelmäßig, wenn er sich auf Diskussionen mit Jeremy einließ. Warum arbeitete er überhaupt weiter mit diesem Scheißkerl zusammen, der ihm dauernd Vorschriften machte und Regeln unterwarf?
Weil du sonst ganz allein wärst, flüsterte eine fiese Stimme in seinem Inneren. Und weil Jeremy darin geübt ist, dich von der schiefen Bahn abzuhalten. Deine Rolltreppe fährt ständig abwärts.
Ihm war allerdings nicht entgangen, dass Jeremy vom Thema abgelenkt hatte und dies wiederum ließ ihn neugierig werden. Vielleicht würde er auf etwas Interessantes stoßen, wenn er noch ein bisschen nachbohrte.
Die Sicherheitsmaßnahmen in de Lorvilles Residenz waren hoch,und seine Augen huschten hinter der Sonnenbrille aufmerksam hin und her, um jedes einzelne Detail in sich aufzusaugen und abzuspeichern. In einer Halle mit Marmorfußboden mussten sie ihre Waffen ablegen und den Adler machen. Die Hände eines durchaus attraktiven Vampirs aus der persönlichen Garde der Königin tasteten ihn länger als angebracht ab. Er musste schon zu den Alten zählen, da er ungeschützt im Tageslicht herumlief – die Jungbeißer bekamen allzu rasch Sonnenbrand, selbst an schwer bewölkten Tagen wie diesem. Was wenig mit der Sonne selbst zu tun hatte, sondern mit der Tatsache, dass untote Körper anders funktionierten als lebendige.
„Hey, ich habe da noch eine Knoblauchknolle in meinem Arsch versteckt“, schnurrte er und fing sich prompt von Jeremy einen warnenden Blick ein.
„Brille runter!“, wurde er aufgefordert.
„Warum?“
„In Madames Anwesenheit werden keine Sonnenbrillen getragen. Oder wollen Sie tatsächlich so respektlos sein?“ Das war keine Frage, sondern eine Warnung.
Jeremy nickte nachdrücklich,und folgsam nahm Zedrik die Brille herunter. Er bedachte den Vampir mit einem extra kalten Blick, woraufhin der einige Schritte zurücktaumelte.
„Lass den Unsinn!“, zischte Jeremy, sichtlich am Ende seiner Geduld. Vielleicht sollte er sich nun wirklich etwas zurückhalten, sonst würde ihn doch noch eine Gardinenpredigt der ungemütlichen Art erwarten. Er stopfte die Sonnenbrille in seine Jackentasche und folgte seinem Partner zu einem ungeduldigen Herrn im grauen Maßanzug.
„Madame Vivienne erwartet Sie bereits.“ Der vornehme Schnösel begleitete sie zu einer gewaltigen Flügeltür, die er schwungvoll öffnete und ihnen den Weg zur Königin der Blutsauger öffnete.
Madame de Lorville trug ein cremefarbenes Kleid mit Perlenstickerei, in das sie eingenäht sein musste, so eng lag es an ihrem Körper. Ihr weißblondes Haar war raspelkurz, was ihn ein wenig irritierte. So hatte er sich eine Königin nicht vorgestellt. Er hatte mit wallenden Gewändern in der Farbe der Nacht und mit langem lockigen Haar gerechnet. Diese Frau wirkte eher wie eine glatte, perfekte Porzellanpuppe,und sie saß so kerzengerade auf ihrem samtbezogenen Stuhl, dass er unwillkürlich nach einem Pflock Ausschau hielt, der sie in diese aufrechte Position brachte. Jeremy, der zwei Schritte Vorsprung hatte, blieb stehen und verbeugte sich elegant.
„Madame de Lorville“, grüßte sein Partner mit weicher Stimme.
Die Vampirin nickte ihm huldvoll zu und starrte dann Zedrik ungehalten an. Herausfordernd hob er das Kinn. Wenn diese hoheitsvolle Zicke glaubte, er würde sich mit einem Kniefall lächerlich machen, dann hatte sie sich entschieden geirrt. Zufrieden stellte er fest, dass auch Madame Vivienne seinem Blick nicht standhalten konnte. Sie wandte sich direkt an Jeremy:
„Taznak hat zwei meiner Männer und einen einflussreichen Geschäftspartner ihrer Seelen beraubt. Kümmern Sie sich darum. Ich dulde nicht, dass … dieses Ding weiterhin durch meinen Bezirk streift.“ Dabei glitten ihre Augen für einen kurzen Moment zurück zu Zedrik. Selbstverständlich wusste sie um seine Abstammung. Dämonen erkannten einander unweigerlich. Gewiss lag das an dem Hauch der Civitas Diaboli, der ihnen anhaftete.
„Natürlich, Madame.“
Natürlich, Madame? Wie kam Jeremy darauf, dass sie sich von dieser Porzellanschnecke wie zwei Lakaien behandeln lassen mussten? Er jedenfalls ließ sich das nicht bieten.
„Ein kleines Bitte wäre für unsere Arbeitseinstellung durchaus hilfreich“, sagte er deshalb und registrierte, wie Jeremy neben ihm regelrecht versteinerte.
~*~
Jeremy überlegte noch hektisch, ob er sich entschuldigen oder seinen Partner vor die Tür schicken sollte, doch
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