Ein Hauch von Seele
würde Vivienne ihm irgendeinen Pakt aufzwingen. Großartig.
Er ließ sich nach hinten fallen und verdeckte sein Gesicht unter den Armen. Sein Kopf dröhnte unerträglich. Hoffentlich kam sie schnell zur Sache!
„Ich höre“, murmelte er.
Als Madame nichts erwiderte, riskierte er einen Blick und sah sie fassungslos auf seine nackte Brust starren.
„Taznak hat mich versklavt, yeah.“
„Es tut mir leid, ich war zu langsam … Er hatte dich irgendwie gefangen gehalten, ich habe immer wieder vergeblich versucht, dich zu beschwören. Wie es scheint, waren da glühende Stäbe im Spiel, du Ärmster … Aber nun gut.“ Sie straffte sich und fand zurück zu ihrer eisigen Erhabenheit.
„Zedrik, was weißt du über die Art, wie sich Succubi fortpflanzen?“, fragte sie.
Er seufzte verhalten. Das würde eindeutig länger dauern …
„Ich weiß, dass reinblütige Succubi mächtige Dämonen sind, die jegliche Gestalt annehmen können. Will ein männlicher Succubus ein Kind zeugen, muss er zunächst in Frauengestalt mit einem Mann schlafen und danach mit dessen Samen eine Frau befruchten. Das ist mühsam, darum machen die das auch nur, wenn sie Befehle von ganz oben kriegen. Oder vielmehr von ganz tief unten, um im Bild zu bleiben. Bei einer Menschenfrau passiert dann nicht viel, außer, dass sie garantiert schwanger wird und ihr Kind auf jeden Fall eine Tochter sein wird. Eine größtenteils gewöhnliche Menschenfrau ohne dämonische Kräfte, allerdings typischerweise von eisernem Willen und Ehrgeiz, sowie Schönheit und Verführungskraft oder aber radikalerFrömmigkeit. Nofretete, Cleopatra, Lucrecia Borgia, Elisabeth I, Eleonore von Aquitanien und so weiter.“ Er hielt kurz inne. „Madonna gehört allerdings nicht dazu, oder?“
Dummes Zeug zu reden half gegen die Kopfschmerzen, stellte er überrascht fest. Es lenkte ab. Madame schien ungeduldig, sie forderte ihn mit einer sparsamen Geste auf fortzufahren.
„ Wählt er einen weiblichen Succubus, kommt als Ergebnis ein neuer kleiner Reinblüter heraus, ob nun Männlein oder Weiblein. Beide Eltern sterben, darum ist das ziemlich unlogisch vom Zahlenverhältnis her – zwei für einen ist unproduktiv.“
„Ich würde deiner wunderbaren Stimme gerne den ganzen Tag lauschen, mein Schöner, leider ist unsere Zeit knapp bemessen. Fass dich kürzer.“
„Es würde helfen, wenn Madame einfach sagt, was sie von mir will“, knurrte er gereizt, fügte sich dann allerdings. Immerhin war er derjenige im Bannkreis und sie diejenige, die ihm wirklich wehtun könnte, und davon hatte er heute bereits seinen Anteil gehabt.
„Okay. Beschließt ein versklavter weiblicher Succubus, dass es Zeit für den Abtritt ist, bleibt ihr eine Schwangerschaft als einzige echte Alternative. Sie schnappt sich einen Menschenmann, lässt sich durchnehmen, tut, was immer es auch sein mag, das für ihre Befruchtung sorgt, nimmt anschließend ihre volle Dämonengestalt an und frisst den armen Kerl, der sie begattet hat, mit Haut und Haaren auf. Das Ergebnis ist auf jeden Fall ein Sohn halbdämonischer Natur, keine Seele, dafür ausgeprägtes Verlangen nach Sex.“
„Und da liegt der Fehler“, sagte Madame Vivienne und beugte sich anmutig zu ihm herab, um ihm von nahem in die Augen zu sehen. Teufel auch, das Weib war Feuer und Eis!
„Es liegt im Ermessen der Mutter, ob ihr Sohn eine Seele haben wird oder nicht. Meistens werden die Succubi zu der Schwangerschaft gezwungen und müssen die Seele des Vaters, die sie einverleibt haben, an ihren Herrn abgeben. Alvahar hatte die Wahl, und sie entschied, dass du ohne Seele sicherer wärst. Auch wenn Taznak zum Zeitpunkt deiner Geburt abgelenkt war, stand es fest, dass er sich irgendwann besinnt und nachsieht, was aus dir geworden ist. Hättest du eine Seele gehabt, wäre sie dir sofort von ihm entrissen worden. Dieses Leid, eine Seele zu besitzen und sie verlieren zu müssen, wollte sie verhindern. Alvahar plante eigentlich, dass die Seele sicher verwahrt bleibt, bis du stirbst, damit du in die himmlischen Gefilden aufsteigen kannst – jeder mit einer Seele, der sich nicht an die Hölle verpfändet hat, hat zumindest die Chance, angenommen zu werden. Es braucht wohl lediglich das eine oder andere Begnadigungsersuchen.“
„Fein, was nutzt mir das jetzt?“, fauchte er wütend. „Ich hätte eine Seele haben können, hach, wie schade, die Umstände waren dagegen. Ich hatte heute schon genug Scheiß, ich brauch nicht noch mehr
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