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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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an den Mund und ließ ihn ein wenig von ihr trinken, bis er wieder eine gesunde bleiche Gesichtsfarbe annahm. Blaugrau verfärbte Haut stand einem Vampir einfach nicht an!
    „Gebt ihm drei oder vier Blutkonserven und lasst ihn schlafen. Er wird sich rasch erholen“, verkündete sie, als sie sich erhob. Ihr Kleid war verdorben, sinnlos, es zu leugnen. Missmutig leckte Vivienne über den Schnitt am Gelenk, der sofort verschwand.
    „Lassen Sie es bordeauxrot umfärben“, sagte sie zu Geoffrey. „Es wird dann wunderbar zu Lorenas schwarzen Haaren passen.“ Ihre jüngste Tochter liebte es, Kleider von ihr zu erben, also wozu verschwenden?
    Vivienne war gerade damit fertig, sich zu waschen und umzuziehen, als Kershak vor ihr im Badezimmer erschien.
    „Ich warte!“, grollte er.
    „Und ich eile doch schon, mein Lieber. Geh wieder nach unten, ich werde direkt hinter dir sein.“ Sie schenkte ihm ein eisiges Lächeln, das ihn milder stimmte. Da er sich dennoch nicht rührte, trat sie hinter ihn und begann, seinen schuppigen Rücken mit ihren Fingernägeln zu bearbeiten. Vor allem dort, wo er so schlecht herankam.
    „Hmmmm, du kannst das wirklich am besten!“ Er schnurrte vor Wohlbehagen wie ein Succubus.
    „Ich weiß. Ab mit dir, umso schneller können wir anfangen!“
    Als sie ins Spielzimmer trat, saß Kershak bereits auf seinem Hocker und strahlte vor Vorfreude wie ein Kind. Kreaturen mit einem Gesicht, das wie eine Mischung aus Schlangen- und Stierschädel aussah, nachdem man beide mit einem Schmiedehammer bearbeitet hatte, sollten nicht strahlen.
    Vivienne war Schlimmeres gewöhnt, also lächelte sie bloß.
    „Können wir?“ Er hibbelte regelrecht.
    „Fast. Entschuldige, mein Butler ist ein wenig überfordert mit der Lage.“ Ohne auf sein gereiztes Fauchen zu achten,betätigte sie den Klingelzug und wartete, bis Geoffrey endlich mit dem Tablett kam.
    „À votre santé“, sagte sie und kippte den doppelten Schnaps in einem Schluck herunter.
    „Alte Sängerweisheit“, beschied sie Kershak, der sie verwirrt anstarrte. „Trink einen Schnaps und du hast für Stunden die Stimme eines Engels und triffst die höchsten Töne ganz von allein.“
    Sie nickte ihm huldvoll zu, und mit einem andächtigen Schnaufen legte Kershak die Pranken auf die Tasten ihres wertvollen Pianos. Schon seit Jahrzehnten lag er ihr in den Ohren, dass er noch einmal mit ihr gemeinsam spielen und singen wollte, so wie sie es einst zu Vollmond getan hatten. Teufel auch, da hatte sie in einer Nacht zwei Menschen zu Vampiren gewandelt und war wie betrunken gewesen von all der Seelenkraft, die sie aus dem Blut ziehen konnte. Andernfalls wäre sie niemals in dieser miesen Kaschemme gelandet,und ganz gewiss hätte sie dort keine Arien zum Besten gegeben. Sie schämte sich noch heute, sobald sie daran zurückdachte, während ihr dämonischer Freund sie beständig auf Knien anbettelte, für ihn da zu sein.
    Kershak beherrschte das Instrument, zumal er mit seinen zwölf Fingern einige Tricks vollführen konnte, die Menschen unmöglich waren. Trotzdem hätte Vivienne gerne noch hundert Jahre länger auf die Wiederholung verzichtet …
    „Wir beginnen mit der Zauberflöte“, sagte er und begann andächtig zu klimpern.
    Natürlich. Es musste zum Auftakt die Arie der Königin der Nacht sein. „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen.“
    Mozart. Ich hätte diesem verzogenen Bengel den Hals umdrehen sollen, als ich noch die Gelegenheit hatte, dachte sie, lächelte und fügte sich ihrem Schicksal. Es war alles in allem ein kleines Opfer, das sie gerne für Zedrik bringen wollte.
     

Kapitel 23
     
    Gartenzwerge sind die besseren Gesprächspartner
     
    Zedrik kauerte zu Taznaks Füßen. Jeder Fingerbreit seines Köpers tat ihm weh, denn der Dämonenfürst hatte nach seiner Rückkehr seine Wut an ihm ausgelassen. Dass er ohne ernsthafte Schäden wie Knochenbrüche oder ähnliches davongekommen war, grenzte an ein Wunder. Taznak hatte sich offenbar zurückgehalten. Warum?
    Im Moment schossen ihm so viele Gedanken durch den Kopf. Was er von Madame Vivienne erfahren hatte, brachte sein Herz zum Rasen. Er hatte eine Seele! All die Jahre, in denen er sich nach einer solchen gesehnt hatte … Er hatte eine. Tränen stiegen ihm in die Augen und er biss sich in die Faust, damit Taznak nicht aufmerksam wurde. Sein dämonischer Gebieter würde sonst Wege finden, den Grund für sein hoffnungsvolles Herzklopfen aus ihm herauszupressen und ihm die Seele zu

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