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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Hoffentlich hatte er noch Zeit! Unwillkürlich griff er sich an die Brust, wo Groshphank seinen Klauenabdruck hinterlassen hatte. Um den Wissensdämon musste er sich kümmern und …
    Du liebe Güte! Er hatte seinen Vater ganz vergessen. Nun gut, die Bannsiegel hatten sich in der Zwischenzeit von allein aufgelöst, aber sein alter Herr würde alles andere als erfreut sein.
    Egal.
    Zedrik!
    Sein Partner hatte ihn vor Taznak beschützt, ihm durch die Hölle und zur Flucht verholfen. Dafür hatte sich dieser verflixte Halbdämon selbst geopfert. Warum? Wieso? Wie lange hatte er geschlafen?
    „Ich brauche erst einmal einen klaren Kopf. So kann ich nicht denken.“
    Jeremy duschte, kleidete sich an und aß mechanisch das, was Harrison ihm vorsetzte. Anschließend telefonierte er mit seinem Vater, der überraschend friedlich gestimmt war, ihn lediglich fragte, ob alles in Ordnung sei und ob Jeremy ihn einmal persönlich mit Madame Vivienne bekannt machen könnte. Er fragte lieber nicht nach, woher sein Vater die Vampirkönigin kannte.
    Nach diesem Telefonat schlüpfte er in einen Mantel, um sich im Garten bei einem Rundgang ums Haus zu überlegen, wie er in dieser Stadt einen kleinen warzenköpfigen Dämon finden sollte. Langsam schritt er über das mit Eiskristallen besetzte Gras. Die Sonne schien, der Himmel war strahlend blau und es herrschte heute eine klirrende Kälte. Dennoch war es ein schöner Tag. Sturm, Gewitter, ein Orkan wären ihm bei seiner vorherrschenden Stimmung lieber gewesen.
    „Pssst!“
    Jeremy wurde aus seinen Gedanken gerissen und schaute auf. Niemand war zu sehen, auch nicht als er sich umdrehte.
    „Großer, hier!“
    Sein Gartenzwerg, den Harrison sorgfältig geklebt und zurück ins Beet gestellt hatte, winkte ihm zu. Verblüfft starrte Jeremy das fröhlich grinsende, bärtige Männchen an.
    „David?“, fragte er leise und mit einem unsinnigen Hauch Hoffnung.
    „Sag mal, hast du ‘nen Knall?“ Hinter dem Zwerg tauchte Groshphank auf und schüttelte den Kopf. „Du bist wohl noch nich‘ ganz klar im Oberstübchen, hm?“
    „Groshphank?“
    „Eben jener.“
    Jeremy stieß einen erleichterten Seufzer aus.
    „Ich habe mir gerade überlegt, wie ich dich finden soll.“
    „Tja, manche Dinge erledigen sich von allein. Nachdem dich die alte Vettel gestern eingesammelt hat, bin ich ihrem Wagen gefolgt. In dein Haus konnte ich nicht.“ Anklagend deutete er auf die Fassade. „Überall Siegel! Es war sehr ungemütlich hier draußen, kalt, und dein hohler Freund dort spricht kein Wort.“ Letzteres zielte auf seinen Gartenzwerg ab. Jeremy ging vor dem Kleinen in die Hocke.
    „Ich bin so froh, dich zu sehen. Wir müssen uns über Zedrik unterhalten, ich muss dich noch beschwören und …“
    „Halt, halt, halt! Haste gerade auf Sparstrom geschaltet? Großer, du kannst mich gar nicht beschwören, ich bin nämlich schon da. Zurück in die Hölle kann ich nicht aus eigener Kraft. Außerdem ist es bereits zu spät, du Schnarchnase, die vierundzwanzig Stunden sind rum. Damit ist der Pakt gebrochen und ich stolzer Besitzer einer netten Seele. Tadaaaaa! Meine Damen, meine Herren, geben Sie die Glückwunschkarten bitte am Empfang ab.“
    Jeremy wurde es schwindlig, er musste sich setzen – mitten auf den nassen Rasen. Diese hässliche Entität hatte Recht. Nach dem Pakt gehörte seine Seele nun Groshphank. Der kleine Dämon hüpfte auf sein Knie und sah ihn mit einem breiten Haifischgrinsen an.
    „Überraschung!“, krähte er fröhlich. Müde wischte sich Jeremy über die Augen.
    „Dann mach“, sagte er resignierend.
    „Häh?“
    „Nimm sie dir.“
    „Wie? So einfach gibste auf?“
    „Welchen Sinn würde ein Aufstand machen?“
    „Und das Succubus-Herzchen?“, erkundigte sich Groshphank irritiert.
    „Wie sollte ich ihn aus der Hölle befreien können?“
    Ein harter Hieb mit einer dreifingrigen Klaue traf ihn auf der Wange.
    „Hör auf, dich in Selbstmitleid zu suhlen. Bring mich ins Haus, gib mir eine Tüte Karamellnüsse und wir überlegen uns, was wir machen.“
     
    ~*~
     
    Die rotglühenden Gitterstäbe verschwanden von einem Moment zum anderen. Zedrik schoss in die Höhe und begann zu rennen, obwohl seine Beine vom stundenlangen Kauern in dem engen Käfig steif und verkrampft waren. Er kam nicht weit. Taznaks Flügel wischte ihn von den Füßen und schmetterte ihn gegen ein paar Felsen. Zedrik heulte auf vor Schmerz, rang gleich darauf nach Atem, als er an der Gurgel gepackt

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