Ein Hauch von Seele
genannt, die bei Vollmond in die Menschenwelt gingen, um dort mit berauschtem Verstand Orgien zu feiern.
Der Bannkreis war offen gewesen, als er hier hereingekommen war. Somit war Kershak kein Gefangener, sondern ein Verräter.
„Warum hilfst du diesem Weib?“, brüllte er.
„Oh, sie hat eingewilligt, mir einen Gefälligkeitsdienst zu leisten, auf den ich schon so lange heiß bin.“
Taznak starrte auf den hässlichen menschlichen Unterleib des Dämons, betrachtete die eisige Schönheit der Vampirin und rollte entnervt die Augen. Sex und Bonbons, damit ließen sich stolze Dämonenfürsten einwickeln, eine Schande war das!
„Seid ihr fertig mit Bedrohungen und so weiter?“, fragte Vivienne mit einem Ton, als wäre er ein Kobold oder etwas ähnlich Lächerliches.
„Fein. Ich vermute, du bist wegen Zedrik gekommen?“
„Was wolltest du von ihm? Welchen Pakt habt ihr beide geschlossen? Der verdammte Bengel hat nichts verraten!“
„Oh, wie dumm von ihm.“ Sie schüttelte bedauernd das hübsche Köpfchen. „Ich hoffe, du hast ihn nicht zu schwer beschädigt?“
„Er wird es überleben. Du nicht.“
„Taznak, wirklich.“ Vivienne schnalzte missbilligend. „Du weißt, dass es dir erhebliche Nachteile einbringen würde, mich zu töten. Ich habe zahlreiche Freunde in der Civitas Diaboli, nicht nur Kershak, und hier auf Erden gäbe es viele, die es dir verübeln würden. Außerdem ist es unnötig. Ich habe keinen Pakt mit Zedrik geschlossen. Ich habe ihm lediglich erklärt, dass er einen größeren Anteil Seele von seinem Vater geerbt hat, als es sonst üblich ist, da du nicht zur Stelle warst, um Alvahar das gute Stück abzunehmen.“
„Weiter, was nutzt ihm das?“, grollte er.
„Die Frage ist, was es DIR nutzt, mein Lieber. Es gibt da das eine oder andere, was du noch nicht über den Fluch weißt, der dich seit viel zu langer Zeit so sehr quält …“
~*~
Vivienne betrachtete sinnend die Schwefelwolke, die Taznak bei seiner Rückkehr in die Hölle hinterlassen hatte, dann hob sie den Bannkreis auf. Kershak rieb sich bereits vorfreudig die Hände, was sie innerlich seufzen ließ. Was tat man nicht alles für das Andenken einer lieben Freundin!
„Du weißt ja, wo du dein Spielzeug findest. Wärme dich schon einmal vor, ich muss bloß kurz nachschauen, welchen Schaden Taznak angerichtet hat.“
„Gut, beeil dich“, murrte er unzufrieden, dennoch verschwand er gehorsam.
„Wie hoch sind die Verluste?“, fragte Vivienne ihren Butler Geoffrey. Der stand händeringend in der Eingangshalle, wo sich ihr menschliches Personal unbehaglich herumdrückte, während eine größere Anzahl Vampire am Boden kauerte. Sie hatte alle Sterblichen ihrer Tagesgarde fortgeschickt, in der Hoffnung, dass die anderen eine Begegnung mit Taznak überleben würden.
„Drei haben Knochenbrüche und innere Blutungen, aber sie heilen bereits. Nur Samuel, dem hat er fast den Kopf abgerissen.“
Geoffrey mühte sich sichtlich, gepflegte Gelassenheit zu demonstrieren, wie es sich für seinen Berufsstand gehörte, doch er hielt sich schlechter als Jeremys Butler. Es war einfach viel zu mühsam, geeignetes Personal zu finden …
„Lasst mich zu ihm“, befahl sie.
Sofort rückten die Vampire beiseite und gaben den Blick auf Samuel frei, der aus mehreren tiefen Halswunden blutete. Er hatte zu viel Blut in zu kurzer Zeit verloren, sonst wäre er längst von allein geheilt.
Ein Ärgernis nach dem anderen! Vivienne ließ sich äußerlich nichts anmerken, innerlich hingegen fluchte sie wie das kleine französische Gassenmädchen, das sie vor siebenhundert – oder achthundert? – Jahren gewesen war. Ausgerechnet eines ihrer Lieblingskleider musste sie nun mit Blut beschmutzen! Mit stoischer Miene kniete sie neben Samuel nieder, einem ihrer jüngeren Kinder. Sie hatte ihn erst vor zehn Jahren gewandelt, der Junge war doch fast noch ein Baby!
„Madame“, röchelte er kaum verständlich. Angst brannte in seinen schönen blauen Augen, und er litt mit jedem flattrigen Atemzug. Vivienne zog ihre Handschuhe aus, tätschelte ihm beruhigend die Wange und schlitzte dann mit ihren langen scharfen Fingernägeln ihr Handgelenk auf. Ihr Blut tropfte auf die Wunden und sorgte für jene wundersame Heilung, zu der nur sie allein als Königin fähig war. Schon bald hörte er auf zu winseln und zu krampfen, lag still mit geschlossenen Lidern da und atmete in ruhigen, tiefen Zügen. Vorsichtshalber drückte sie ihm das Handgelenk
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