Ein Hauch von Seide - Roman
sie vielleicht absagen. Sie hatte mehr Lust, in den Ad Lib Club zu gehen, der gerade unglaublich in war. Sie ging zu ihrer Mutter hinüber, nur um festzustellen, dass Drogo sich bereits zu ihr gesellt hatte und Robbie ihn mit Beschlag belegt hatte. Es war wirklich lächerlich, wie sehr ihr Sohn den schrecklichen Viehtreiber liebte. Und das war ganz allein Ambers Schuld, denn sie ermutigte die beiden auch noch.
»Robert hätte das Rennen gewinnen müssen. Ich wünschte, du würdest ihn nicht zu so einem Weichling erziehen, Mummy«, beschwerte sich Emerald bei Amber. »Wohlgemerkt, Eton sollte dem ein Ende bereiten.«
»Eton? Emerald, er ist erst sieben, er ist noch ein kleiner Junge. Er wird erst in einigen Jahren nach Eton gehen.«
»Leider.« Emerald schaute wieder auf ihre Uhr. »Mummy, ich muss mich beeilen. Ich gehe heute Abend aus.«
»Mit Max Preston?«
»Wer hat dir von Max erzählt? Oh, vermutlich der Viehtreiber.«
»Nein, Beth hat ihn neulich erwähnt. Sie dachte, ich sollte es wissen. Gwendolyn hat es ihr erzählt. Ich will mich ja nicht einmischen, Emerald, aber er genießt einen sehr zwielichtigen Ruf.«
Bei dem Unbehagen in der Stimme ihrer Mutter gefror Emeralds Miene zu Stein.
»Du machst dir doch nicht etwa Sorgen, ich würde deinem Beispiel folgen, Mummy? Dass ich das nicht tue, habe ich doch wohl schon unter Beweis gestellt. Schließlich war der Mann, der meinen Sohn gezeugt hat, ein Prinz, und ich war mit ihm verheiratet. Was auch immer ich mit Max tue, hat einzig und allein etwas damit zu tun, dass ich ihn im Augenblick zufällig recht amüsant finde. Er ist in Mode, Mummy.«
»Er ist ein Gangster, Emerald, und er hat den Ruf, grausam und gewalttätig zu sein, besonders sexuell gewalttätig gegenüber Frauen.«
Der Schock, dass ihre Mutter so unerwartet gut informiert und so offen war, ließ Emerald für einige Sekunden verstummen, bevor sie sich wieder fing.
»Ehrlich, Mummy, du solltest nicht alles glauben, was die Klatschpresse schreibt. Das tut nur eine bestimmte Klasse Menschen, weißt du. Heutzutage ist es vollkommen akzeptabel, im East End aufgewachsen zu sein. Max weiß, dass ich Maßstäbe habe und dass er mich anständig behandeln muss. Dafür sorge ich schon.«
»Ich bitte dich nur, vorsichtig zu sein, Emerald. Schließlich …«
»Schließlich was? Du willst nicht, dass ich vergesse, dass du dich von einem heruntergekommenen Künstler hast schwängern lassen? Keine Sorge, Mummy, das werde ich nie vergessen.« Zorn brannte in Emeralds Blick. »Mit Max amüsiere ich mich ein bisschen, ein kleines Abenteuer …«
Ungeduldig rief Emerald ihren Sohn zu sich, um sich von ihm zu verabschieden, fuhr jedoch zurück, als er sich in ihre Arme stürzen wollte. »Nein, Robbie, fass mich nicht an, du hast schmutzige Hände. Abgesehen davon bist du inzwischen zu alt dafür.«
Ohne auf Drogos grimmigen Blick zu achten, drehte sie sich auf dem Absatz um. Wirklich, ihre Mutter war so dumm. Glaubte sie wirklich, Emerald würde jemandem – Mann oder Frau – erlauben, sie zu kontrollieren oder ihr in irgendeiner Weise zu schaden? Dazu liebte sie ihre Freiheit und ihren gesellschaftlichen Status viel zu sehr. Hatte sie sich nicht geschworen, nichts sei wichtiger, als die zu sein, die sie der Welt – ihrer Welt – vorspielte?
Sie würde niemals jemandem erlauben, ihrem Status zu schaden, und ganz bestimmt keinem Mann. Niemals würde sie das Risiko eingehen, dass ihr Ruf durch ein sexuelles Verhältnis in Gefahr geriet, wie ihre Mutter es getan hatte. Aber schließlich war sie auch viel, viel klüger als ihre Mutter.
»Rück mal«, meinte Janey fröhlich, als sie sich neben Rose auf das Sofa im Wohnzimmer des Hauses am Cheyne Walk setzte, wo Amber, die bald nach Cheshire zurückkehren würde, eine Familienversammlung einberufen hatte.
»Emerald ist nicht da, wie ich sehe«, bemerkte Janey und nahm sich einen Schokoladenkeks, »obwohl Mama Robbie morgen früh wieder mit nach Cheshire nimmt. Aber auf den Fotos in Vogue hat sie wirklich umwerfend ausgesehen.«
Rose stimmte ihr zu.
»Aber Cindy meint, sie hätte einen meiner Entwürfe tragen sollen«, beschwerte sich Janey.
Nachdem sie vier Jahre für andere Modedesigner gearbeitet hatte, hatte Janey sich endlich ihren Traum erfüllt und im Herbst des Vorjahres ihren eigenen Laden eröffnet, Janey F. Sie entwarf hübsche kleine Minikleider und andere Sachen in Denby-Seide in neuen, modernen Mustern, die von Anfang an ein voller
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