Ein Hauch von Seide - Roman
den Kopf nach hinten gebogen, wie um den Hals zum Opfer darzubieten, und sie, über ihm hockend, während seine Zunge feucht zwischen die weit geöffneten Kiefer der Schlange fuhr.
Sie hatten gesagt, sie hätten den Schlüssel zum Paradies gefunden, und sie hatten freudig über die Klarheit und Überhöhung sämtlicher Sinne gestaunt, in der die Berührung eines Fingers plötzlich ausreichte, um sie in einen emotionalen Rausch zu versetzen, während ihre Körper sich in eine Ekstase steigerten, die über jedes menschliche Maß hinausging. Sie waren, da waren sie sich einig gewesen, übermenschlich geworden, Gott und Göttin, befähigt, dem Rest der menschlichen Rasse Liebe und Schönheit zu bringen, versunken in das Wunder ihrer gemeinsamen Bilderwelt und die Reinheit ihres erweiterten Bewusstseins.
Wie schrecklich, dachte Rose jetzt. Wie konnte ich nur bei so etwas mitmachen? Sie zitterte vor Schock.
Irgendwie gelang es ihr, aus dem Bett zu steigen und ihre verstreuten Kleider und ihre Handtasche zusammenzuraffen, ohne dass Pete wach wurde.
Im Bad rieb sie sich aus einer halbleeren Tube Zahnpasta auf die Zähne und wusch die verschmierte Farbe auf ihrem Körper mit kaltem Wasser ab, bevor sie rasch in ihr zerknittertes Seidenkleid und den Slip stieg, den sie am Tag zuvor getragen hatte.
Ihr Haar stank nach den patschuliparfümierten Kerzen, und sie wollte nur noch nach Hause und vergessen, was geschehen war. Es war fast Mittag. Das leere Haus roch nach Staub und Verfall, und sie ging die Treppe hinunter, trat hinaus in die Sonne und stieg in ihren wartenden Mini.
Beim Anblick der hübschen jungen Frauen, die sich um die Kleiderstangen mit der frischen Lieferung neuer Kleider drängten, lächelte Janey glücklich in sich hinein. Sie war am Montag gekommen, doch sie hatte sie bis jetzt zurückgehalten, denn sie wusste, dass an einem Samstag viel mehr potenzielle Kundinnen hereinkamen. Und die jungen Frauen der King’s-Road-Meute waren ganz scharf darauf, immer wieder etwas Neues zu tragen.
Die Verkäuferinnen, die sich in ihren hübschen, kurzen Janey-F.-Kleidern kaum von den Kundinnen unterschieden, eilten zwischen den Auslagen und den Umkleidekabinen hin und her, stets um die Wünsche der Kundinnen bemüht. Das Innere des Ladens war ein wenig düster – an den pflaumenblauen Wänden prangten große gelbe Butterblumen. Die Butterblume war Janeys Markenzeichen, auf jedem Kleid war irgendwo eine. Aus den Lautsprechern dröhnten die neuesten Hits, wetteiferten mit dem aufgeregten Geschnatter ihrer Kundinnen; Sonnenstrahlen, die durch die offene Tür und das Fenster fielen, legten einen goldenen Hauch über den düsteren Laden. Weihrauchduft aus einem an der Decke hängenden Räuchergefäß, das sie einem Freund abgekauft hatte, der es aus Marrakesch mitgebracht hatte, vermischte sich mit dem schärferen Duft jugendlicher Parfüms, warmer Stoffe und aufgeregter Vorfreude.
Eine umwerfend hübsche junge Frau, flachbrüstig und groß, die dunklen Augen mit Kajal und falschen Wimpern betont, kam in den Laden. Sie trug ein Kleid von Ossie Clark aus cremefarbenem Chiffon mit purpurrotem Blumendruck, und sie steuerte sofort auf Janeys frische Lieferung zu und nahm ein Kleid in einem gebrochenen, mit verstreuten Wiesenblumen bedruckten Weiß von der Stange. Sie war ein bekanntes Mannequin, und Janey hielt voller Hoffnung die Luft an und stieß sie glücklich wieder aus, als sie sah, dass sie mit dem Kleid zur Kasse ging. Im Geiste machte sie sich eine Notiz, genügend davon nachzubestellen, denn die Nachfrage danach würde deutlich steigen. Janey liebte ihre Kleider leidenschaftlich, sie waren ihre Schöpfung, ein Teil von ihr. Sie befasste sich so lange damit, wenn sie sie entwarf, dass das Ende ihres kurzen Lebens am Ende der Saison sie mit einer Melancholie erfüllte, die sich nur mit der Arbeit an etwas Neuem vertreiben ließ.
Sie schaute auf ihre Uhr und sah schuldbewusst, dass es schon ein Uhr war. Dabei hatte sie Charlie doch versprochen, sich um halb eins mit ihm zum Mittagessen zu treffen. Sie wollte gerade einer Verkäuferin sagen, dass sie gehen würde, da wurde die Ladentür mit so viel Verve aufgestoßen, dass sie gegen den altmodischen Hutständer schlug, den Janey als Vogelscheuche dekoriert hatte und an dem sowohl Schnäppchen als auch neue Sachen hingen.
Janey war nicht so weit gegangen wie Läden wie Hung on You oder Granny Takes a Trip , die den Besuch dort zu einer weit über das bloße Kaufen
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