Ein Hauch von Seide - Roman
Muse erkoren hatte. Die beiden waren jetzt die Lieblinge des West End und äußerst zugkräftig.
Wie Janey Cindy irgendwann einmal gestanden hatte, hatte sie nach Ray beschlossen, den Männern und der Liebe endgültig zu entsagen. Doch dann hatte sie Charlie kennengelernt, und als Cindy ihr versichert hatte, Charlie liebe sie wirklich, hatte Janey zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ihre alte Liebe zum Leben gespürt.
Doch das Beste überhaupt war, wie sie Cindy immer wieder erklärte, dass sie nicht nur jemanden gefunden hatte, der sie liebte, sondern dazu noch zum ersten Mal im Leben eine beste Freundin – und Geschäftspartnerin –, eine, zu der sie aufschauen und die sie bewundern konnte, eine, an die sie sich wenden konnte, wenn sie Hilfe brauchte, eine, die nicht, wie es Ellas Art gewesen war, jeder ihrer Entscheidungen mit ängstlichem Misstrauen begegnete, sondern obendrein auch noch die Leere in ihrem Leben füllte, die durch die Abwesenheit ihrer großen Schwester entstanden war.
O ja, sie hatte Glück, sinnierte Janey glücklich, und von jetzt an würde sie glücklich – und froh – bleiben.
Rose hatte Pete absetzen und dann zurück nach London fahren wollen, ohne noch einmal aus dem Auto zu steigen, doch irgendwie hatte sie sich von ihm überreden lassen, noch eine Tasse Kaffee mit ihm zu trinken, bevor sie fuhr.
Die Küche war bei all ihrer Schlichtheit genau wie das Schlafzimmer sauber und aufgeräumt und der Kaffee, den Pete gemacht hatte, überraschend gut.
Er würde ihr helfen, auf der Heimfahrt wach zu bleiben, doch das war der letzte zusammenhängende Gedanke, den sie fassen konnte, denn plötzlich merkte sie, dass die Figuren in den chinesischen Mustern auf den Tellern auf dem Schrank an der Wand anfingen, sich zu bewegen. Sie starrte darauf, und dann wollte sie aufstehen, sank jedoch auf den Stuhl zurück, als Pete sie am Arm fasste und herunterzog.
»Speed«, erklärte er ihr und wirkte sehr zufrieden mit sich. »In deinem Kaffee … Komm …«
Er zog sie auf die Füße und schleifte sie hinter sich her durch leere Räume, in denen Fenster und offene Kamine in beängstigend anzüglicher Feindseligkeit grotesk hässliche Fratzen schnitten, während der Rasen und die Bäume draußen vor den Fenstern von umwerfender Schönheit waren.
Ein heftiger Drang überkam sie. Sie machte sich von Pete los, fand irgendwie den Weg nach draußen und warf die Schuhe ab, um barfuß über den Rasen zu laufen.
Sie lachte.
»Schau, wie schön das Gras ist«, sagte sie. Dann wandte sie sich zu Pete um, der ihr gefolgt war. »Aber ich töte es.« Jetzt weinte sie; dicke Tränen rollten ihr übers Gesicht. »Ich liebe das Gras«, erklärte sie Pete traurig. »Es ist so schön. Zu schön.«
»Zu schön, um zu leben«, pflichtete er ihr bei.
Eine leichte Brise strich kühl über ihre Haut, und sie zitterte. Sie war high, ging Rose auf, total high. Sie war noch nie auf einem Trip gewesen. Panik überkam sie.
»Ich muss los.« Sie sah sich suchend nach ihrem Mini um, doch dann fiel ihr auf, dass sie, obwohl es noch hell war, den Mond am Himmel sehen konnte. Fasziniert starrte sie hinauf.
Pete trat neben sie und betrachtete ebenfalls den Mond. »Das ist der Mond«, erklärte er ihr ernst.
»Ja«, meinte Rose. »Ich will da hin.«
»Wohin?«
»Den Mann im Mond besuchen.«
»Dann komm.«
Sie waren wieder im Haus, wo Schatten nach ihnen haschten und sie quälten, sodass sie liefen, bis sie vor Erleichterung keuchend in der Sicherheit von Petes Schlafzimmer waren, die Tür sicher vor ihren Verfolgern geschlossen.
»Es ist der Mann im Mond«, erklärte Pete. »Wir müssen einen Kreis ums Bett ziehen, um ihn fernzuhalten. Wir müssen aufs Bett steigen und darauf bleiben.«
Mit einem wirren Lachen gehorchte Rose. Sie war erfüllt von dem absolut wunderbarsten Gefühl, durch ihre Adern würde Champagner fließen statt Blut. Sie hatte das Gefühl, wenn sie nur hoch genug springen würde, könnte sie fliegen.
»Ich kann fliegen«, erklärte sie Pete, und frische Tränen traten ihr in die Augen, als sie spürte, wie ein außergewöhnliches Gefühl der Freude ihr Herz überkam und sie emporhob an einen Ort, wo sie plötzlich das Gefühl hatte, ihr sei das wahre Geheimnis des Glücks enthüllt worden.
»Das ist der schönste Ort der Welt«, flüsterte sie glücklich. »Es ist nicht wichtig, sich zu verlieben«, erklärte sie Pete ernst, »sondern zu fliegen und die Sterne zu berühren.«
»Zu fliegen
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