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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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alles stehen und liegen lassen und nach Macclesfield eilen?«, fuhr sie ihn scharf an.
    »Es geht nicht darum, was ich denke, sondern darum, was du fühlst«, antwortete Drogo freundlich, bevor er ins Bad ging.
    Sie konnte nicht nach Macclesfield fahren. Sie musste den Termin bei Dr. Steptoe wahrnehmen. Wenn sie das nicht tat, war die Gelegenheit, ihr die reifen Eizellen zu entnehmen, vorbei, und sie musste warten, bis er ein neues Programm startete, und das würde erst in einigen Monaten sein. Drogo wusste das. Jay war nicht ihr Vater, und sie war nicht das Kind, dessen Unterstützung ihre Mutter am dringendsten brauchte. Die alte Bitterkeit, die sich in den vergangenen Jahren etwas abgeschwächt hatte, war plötzlich mit aller Kraft wieder da. Warum sollte sie die Gelegenheit opfern, Drogo mit einem Erben zu versorgen, nur um bei ihrer Mutter zu sein? Was hatte Amber je getan, um ein solches Opfer zu verdienen? Die alten emotionalen Wunden, die viele Jahre lang geheilt gewesen zu sein schienen, hatten unter dem Narbengewebe wieder angefangen wehzutun, angefacht durch Angst und Beklemmung.
    Drogo kam aus dem Bad zurück und brachte den Duft nach sauberer Haut mit sich. Er rubbelte sich mit einem Handtuch die Haare trocken. Sie liebte ihn so sehr, und sie wusste, was er von ihr erwarten würde.
    Vor ihrem geistigen Auge tauchte das Bild des Mannes auf, den sie immer noch als ihren Vater betrachtete – Lord Robert. Er lächelte sie liebevoll an. Er hatte ihr so viel Liebe gegeben, so viel mehr als nur seinen Namen und den Schutz, der damit einherging. Seine Moralbegriffe mochten an modernen Maßstäben gemessen altmodisch wirken, doch Emerald wusste genau, was er von ihr erwarten würde, und irgendwie war es plötzlich wichtig, ihn nicht zu enttäuschen, auch wenn ein Teil von ihr aufbegehrte, dass sie diese Gelegenheit, ihre Behandlung zu beginnen, nicht verstreichen lassen durfte. Jay bedeutete ihr eigentlich gar nichts, während das Baby, das womöglich einmal der zukünftige Herzog sein würde, ihr alles bedeutete. Das verstanden Robert und Drogo doch sicher?
    Doch als sie den Mund öffnete, um Drogo zu sagen, sie werde ihren Arzttermin wahrnehmen, wusste sie, dass sie das nicht konnte.
    »Ich schätze, ich fahre wohl besser nach Macclesfield.« Ihre Stimme war angespannt, denn es kostete sie Mühe, das, was sie wirklich empfand, unter Kontrolle zu halten. »Ich will es eigentlich nicht, aber ich weiß, dass ich muss.«
    Drogo legte das Handtuch beiseite.
    »Ja«, pflichtete er ihr bei, und obwohl er es nicht sagte, wusste Emerald, dass er gehofft hatte, dass sie zu diesem Entschluss kommen würde. Sie sah seine Liebe zu ihr in seinen Augen, und ihre eigenen Augen füllten sich mit Tränen.
    »Warum ausgerechnet heute, Drogo?«
    »Ich weiß nicht, aber ich weiß, dass es deiner Mutter sehr viel bedeuten wird, dich dazuhaben.«
    »Jay ist nicht einmal mein Vater.«
    »Nein, und genau deswegen braucht sie dich, Emerald. Und nicht nur Amber, auch die anderen werden dich brauchen, deine Kraft und deine Unterstützung. Und was diese Sache mit dem Sohn angeht, wie oft muss ich es dir noch sagen, bevor du mir glaubst, dass ich in dir und unseren Kindern – Robbie und den Mädchen – alles habe, was ich mir wünsche? Du allein wärst mehr als genug …«
    »Nein, Drogo. Das sagst du immer, aber es ist nicht wahr. Du bist der Herzog von Lenchester. Du brauchst einen leiblichen Sohn, an den du den Titel weitergeben kannst.«
    »Ich weiß, wie wichtig das für dich ist, Emerald, aber das ist und war es für mich nie. Vielleicht liegt das ja daran, wie ich aufgewachsen bin – als Aussie, der nichts von der Herzogswürde wusste –, ich weiß es nicht.«
    »Das sagst du jetzt, aber was ist, wenn du es dir anders überlegst? Was ist, wenn du aufhörst, mich zu lieben, weil ich dir keinen Sohn geschenkt habe?«
    »Das wird nicht passieren. Ich werde nie aufhören, dich zu lieben.« Er zog sie an sich und umarmte sie.
    Für die Außenwelt war Emerald eine formidable Persönlichkeit, doch Drogo wusste, dass hinter ihrer äußerlichen Verteidigungsmauer eine Frau steckte, die in dem Glauben aufgewachsen war, ein ungewolltes und ungeliebtes Kind zu sein, und die darauf damit reagiert hatte, dass sie schwierig und anspruchsvoll war, sogar arrogant und manchmal auch sehr unfreundlich, statt anderen zu zeigen, wie einsam und verängstigt sie in Wirklichkeit war. Er wusste auch, wie viel es ihr bedeutete, einen Erben für den

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