Ein Hauch von Seide - Roman
Emerald ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Patentante zu und verkündete: »Du kümmerst dich doch darum, dass eine Anzeige an die Times geschickt wird, nicht wahr, Tante Beth? Und mach dir nicht die Mühe, Mrs Wreakin Bescheid zu sagen, dass wir in die Suite ziehen. Das mache ich selbst.«
»Wie geht es dir jetzt, meine Geliebte? Ich glaube wirklich, wir sollten bald zu Mama gehen.«
Es waren drei Stunden vergangen, seit sie nach oben gegangen waren, und inzwischen waren sie aus Emeralds alten Räumlichkeiten in die Suite gezogen, wo Emerald sich von einem ängstlichen Alessandro hatte überreden lassen, ein wenig von der leichten Mahlzeit zu sich zu nehmen, die die Köchin für sie zubereitet hatte.
»Ja, natürlich müssen wir das«, pflichtete Emerald ihm sofort bei und fügte hinzu: »Oh, Alessandro, ich freue mich so, deine Mutter kennenzulernen, die dich seit der Minute deiner Geburt kennt und liebt. Wie überglücklich muss sie sein, so einen wunderbaren Sohn zu haben. Ich hoffe, Schatz, dass ich eines Tages auch so glücklich sein werde. Du willst doch einen Sohn und Erben, oder, Alessandro?«
Während sie sprach, setzte Emerald sich elegant in dem großen Bett mit seinen Bettvorhängen aus Denby-Seide auf und ließ den seidenen Morgenrock über ihre Schultern gleiten, sodass ihr Oberkörper nackt war.
Ein triumphierendes Lächeln spielte um Emeralds Lippen, als sie sah, mit welcher Begierde Alessandros Blick zu ihren nackten Brüsten wanderte.
»Mama …«, begehrte Alessandro noch einmal auf.
Doch Emerald lächelte nur und seufzte: »Ja, natürlich. Oh, Alessandro, ich kann es kaum abwarten, dass unser Sohn mich so nennt.«
Zu einem richtigen Streit kam es natürlich nicht. Es würde noch ein Tag vergehen, bevor sie Alessandros Mutter besuchen würden – am Nachmittag des nächsten Tages. Vielleicht zum Nachmittagstee, sinnierte Emerald, als sie auf dem Rücken lag und zur Decke schaute, während Alessandro ihre Brüste streichelte und drückte. Sie konnten sie zum Nachmittagstee einladen – zivilisiert und damenhaft –, und bis dahin hatte ihre Schwiegermutter gewiss schon von ihrer Heirat gehört. Es entwickelte sich alles vorzüglich.
Emerald ließ vor Vergnügen ein leises Schnurren hören, als sie spürte, wie Alessandros Körper zitterte, als er ihre Brüste mit leidenschaftlichen Küssen bedeckte. So langsam lernte er sein Handwerk.
Als Dougie einige Stunden später nach Lenchester House zurückkehrte, war Emeralds Inbesitznahme der Suite ein Fait accompli. Beths händeringende Verlegenheit, mit der sie ihn darüber informierte, erzählte ihre eigene Geschichte.
»Sie hat Alessandro geheiratet? Ich dachte, sie wäre bei Freunden an der Côte d’Azur?«
»Nun, ja. Es war sehr ungezogen von ihr, uns alle so anzuschwindeln, aber Alessandro ist Ausländer, und man weiß ja, wie impulsiv Ausländer sind.«
Alessandro mochte impulsiv sein, aber Emerald auf keinen Fall. Berechnend, manipulativ, selbstsüchtig – all das war sie –, und wunderbar, gefährlich und mitreißend fähig, in ihm ein Gefühl zu wecken, wie keine andere junge Frau es vermochte. Was für ein Unsinn! Eine Frau wie Emerald wäre harte Arbeit. Sie wäre anspruchsvoll und kapriziös, und man könnte ihr unmöglich vertrauen – genau das Gegenteil der ungefährlichen, behaglichen, verlässlichen Frau, die er sich zur Gemahlin wünschte. Alessandro kann sie gern haben, sagte Dougie sich entschlossen und schob die Gefühle für Emerald, die ihn seit einiger Zeit weit mehr plagten, als ihm lieb und recht war, beiseite.
»Sie hat es vermutlich ihren Eltern erzählt?«, fragte er.
Dougie hielt große Stücke auf Amber und Jay, und der Gedanke, Emerald könnte sie schockiert und gekränkt haben, gefiel ihm nicht. Abgesehen davon war es sicherer, an sie zu denken statt an Emerald.
»Sie hat gesagt, sie würde ihnen ein Telegramm schicken. Sie sind immer noch in Amerika«, verteidigte Beth ihre Patentochter.
Dougie sah, dass Lady Beth Emerald eindeutig nicht gewachsen war, aber wer war das schon?
Überflüssig zu sagen, dass der ganze Haushalt in heller Aufregung war, und beim Abendessen war es natürlich das einzige Gesprächsthema.
»Natürlich war es sehr ungehörig von ihnen, so durchzubrennen.«
»Es ist skandalös und typisch für Emerald. Ich glaube, sie liebt es, Menschen zu schockieren und aus der Fassung zu bringen«, war Gwendolyns missbilligender Beitrag zum Gespräch am Tisch, während Lydia, deren
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