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Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Seine Großmutter hat dieses Hobby des Korrespondierens mit Schriftstellern angefangen, und Tochter und Enkel haben es fortgeführt! Und sie waren nur einfache Dörfler! Wer hätte so etwas je gedacht?«
    »Charlotte war keine einfache Dörflerin«, widersprach Sally.
    »Nicht, wenn die ersten Briefe das Schulhaus als Adresse nennen. Sie war offensichtlich die Lehrerin in diesem Dorf.« Austin raufte sich die Haare.
    »Ich sag Ihnen was!«, verkündete er.
    »Wir können das selbstverständlich überprüfen, aber meiner Meinung nach hat es sich folgendermaßen zugetragen: Vor 1870 gab es nur Kirchenschulen, und Castle Darcy hatte wahrscheinlich keine eigene. Die Kinder mussten kilometerweit laufen, nach Cherton oder was weiß ich wohin. Oder sie gingen überhaupt nicht zur Schule. Dann führte Gladstone die Gemeindeschulen ein, von 1870 an. Castle Darcy bekam wahrscheinlich eine von jenen neumodischen Schulen, die wie Pilze überall aus dem Boden schossen, und Charlotte wurde die Lehrerin! Das Datum würde jedenfalls passen. Die arme Frau hat sich wahrscheinlich zu Tode gelangweilt und Zuflucht in den Büchern gesucht, die sie las, und so wurde sie zu einem frühen Literaturgroupie und schrieb all diese Briefe. Dann heiratete sie einen Einheimischen, Purdy, und blieb bis an ihr Lebensende in der Gemeinde. Trotzdem schrieb sie weiter Briefe an ihre Lieblingsautoren, und Alice, ihre Tochter, machte es ihr nach. Genau wie Alices Sohn Hector.« Sie starrten einander an.
    »Ich denke, wir sollten einen Blick in die obere Etage werfen«, meinte Austin mit belegter Stimme.
    Sie stiegen die schmalen Stufen hinauf, Austin voran und Sally unwillig hintendrein.
    Das erste winzige Zimmer war Bodicotes Schlafkammer, beinahe schon klösterlich in seiner Einfachheit. Wie ein mittelalterlicher Einsiedler hatte sich Bodicote um das Kopfteil des Bettes herum Regalbretter gebaut, auf denen seine kostbaren Lieblings werke standen.

    »Noch mehr davon«, flüsterte Austin betäubt.
    »Allmählich wird es langweilig, Sal.« Seine Worte straften ihn Lügen, als sie die Tür des nächsten Zimmers öffneten. Es gab keinerlei Mobiliar in diesem Raum mit Ausnahme roh zusammengezimmerter Regale an den Wänden. Bücher stapelten sich vom Boden bis zur Decke. Sie quollen aus alten Kartons. Sie waren in Stoff eingeschlagen. In die Regale gequetscht. Sie reichten von antik bis modern. Einige waren wertlos, andere wertvoll, dritte wiederum extrem kostbar und selten.
    »Und alle ohne Ausnahme gestohlen!«, sagte Austin, und seine Stimme klang plötzlich schrill.
    »Was?« Sally starrte ihn entgeistert an. Austin wirbelte herum und deutete mit ausgebreiteten Händen auf den Hort.
    »Er war eindeutig verrückt! Verrückt nach Büchern, im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Großmutter hatte damit angefangen und es auf ihre Tochter vererbt. Als es beim jungen Hector anfing – und er war damals bestimmt noch sehr jung – wurde es zu einer Obsession. Was er nicht kaufen konnte, stahl er einfach! Und versteckte es hier oben. Ein Lebenswerk aus zusammengestohlenen Büchern! Sehen Sie nur … sehen Sie nur!« Austin nahm willkürlich einen Band hoch.
    »Das hier hat den Stempel der Bodleiana, der berühmten Bibliothek der Universität Oxford! Wie um alles in der Welt ist er bloß da rangekommen? Und hier, das sind seine jüngsten Akquisitionen! Das Exlibris der Bibliothek von Wilver House und – meine Güte! Der alte Mistkerl! Hier sind die beiden Ausgaben von Dickens, die während unserer Versteigerung verschwunden sind! Der Mann hatte nicht den geringsten Sinn für meum et tuum!« Austin verstummte ächzend.
    »Er war immer bei den Versteigerungen!«, flüsterte Sally.
    »Er hat allen möglichen merkwürdigen Plunder gekauft, und er hatte immer diesen weiten alten Regenmantel an …« Das Atmen fiel ihnen beiden schwer in diesem Zimmer. Die Fenster waren sorgfältig versiegelt. Die Luft war dick vom Geruch nach altem Papier und ledernen Einbänden. Sally nahm willkürlich ein Buch zur Hand.
    »Lateinisch. Er konnte es nicht einmal lesen!« In ihrem Gesicht stand Unverständnis.
    »Warum?«
    »Warum?«, entgegnete Austin rau. Er nahm sein Taschentuch hervor und wischte sich die Stirn.
    »Weil er verrückt war, darum!«
    »Austin, wir können diese Bücher nicht schätzen!«, protestierte Sally.
    »Ich meine, wie um alles in der Welt wollen wir feststellen, welche davon gestohlen sind und welche nicht? Ich weiß, viele haben Bibliotheksstempel, wie die von

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