Ein Hauch Von Sterblichkeit
hätte es angeordnet.« Es würde Winter nicht gefallen, wenn er, Markby, Winters Männer mit Beschlag belegte, doch Winter würde sich wohl oder übel damit abfinden müssen.
Es läutete an der Tür, als Meredith das bisschen Geschirr vom Mittagessen abwusch. Ein Teller, ein Becher und ein Messer, um genau zu sein. Sie ließ alles auf dem Abtropfgestell, wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und ging zur Tür, um nachzusehen, wer das wohl sei.
Die Tür besaß eine Milchglasscheibe. Durch die Scheibe hindurch sah Meredith die Umrisse eines Kopfes mit schmalen Schultern. Der Kopf schien voluminös im Vergleich zum Körper, so, als sei er von langen Haaren eingerahmt. Der gesamte Oberkörper schwankte eigenartig vor und zurück, und Meredith war, als könne sie durch das Glas hören, wie jemand mühsam nach Atem rang. Das Ganze erschreckte sie so, dass sie wie angewurzelt stehen blieb.
Während sie so unentschlossen in ihrem Hausflur stand, hämmerte draußen eine Faust gegen die Tür.
»Meredith!«, rief eine aufgelöste, verzerrte Stimme, die Meredith trotzdem sofort erkannte.
Sie sprang zur Tür und öffnete. Vor ihr stand eine völlig zerzauste Sally Caswell. Ihr Gesicht war nass von Schweiß und schmutzbedeckt. Nasse Haarsträhnen klebten an ihrer Stirn und an den Wangen. Sie öffnete den Mund, doch sie schien außer Stande, ihre Not zu erklären. Stattdessen hob sie eine Hand, die ein scharfes Küchenmesser hielt.
Taten sprechen eine deutlichere Sprache als Worte: Merediths erster Impuls war, die Tür zuzuwerfen. Sally schien es ihrem Gesicht angesehen zu haben.
»Nein …!«, flehte sie.
»Lass mich rein, Meredith … bitte lass mich rein!«
»Leg das Messer weg, Sal!« Meredith gab sich die größte Mühe, vernünftig zu klingen, trotz der schlimmen Befürchtungen, was ihre Freundin mit dem Messer angestellt haben könnte.
»Lass es einfach fallen! Du brauchst es nicht.«
»Messer?« Sally starrte Meredith verwirrt an. Dann blickte sie auf ihre Hände herab, bemerkte, dass sie immer noch das Messer hielt, und stieß einen leisen bestürzten Schrei aus.
»Ich habe nicht … ich hatte ganz vergessen … Du musst keine Angst haben! Ich weiß überhaupt nicht, was ich damit soll.«
»Dann gib es mir, ja?« Meredith streckte vorsichtig die Hand danach aus.
»Komm, ich nehme es, ja? So ist es gut.«
Sie nahm der offenbar willenlosen Sally das Messer aus der Hand und trat beiseite, um sie eintreten zu lassen. Sally stolperte in den Hausflur und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
»Es tut mir Leid, Meredith … Ich wollte nicht … ich meine … Jemand hat versucht mich umzubringen!«
Es dauerte eine Weile und ein Glas Brandy, bis Sally so weit war, um mit der Geschichte herauszurücken.
»Ich rufe die Polizei!«, erklärte Meredith.
»Nein!« Sally streckte die Hand aus und hielt Meredith zurück.
»Ich habe bereits angerufen. Den Notruf. Sie sagten, sie würden unverzüglich einen Wagen vorbeischicken. Ich habe nicht auf sie gewartet.«
»Umso mehr ein Grund, jetzt anzurufen! Wenn sie bei dir zu Hause waren und niemand angetroffen haben, dann wissen sie nicht, was sie davon halten sollen.« Meredith kam ein Gedanke.
»Was ist mit Liam? Soll ich ihn auch anrufen?«
»Liam?« Sally schien Mühe zu haben, sich auf den Namen zu konzentrieren.
»O ja, Liam. Er hat gesagt, dass er gegen vier nach Hause kommen will. Ich möchte ihm keinen Schrecken einjagen.« Die letzten Worte kamen fast automatisch. Liams Gefühle waren nichts, das Meredith im Augenblick Sorgen machte. Sie blickte auf ihre Armbanduhr.
»Ich rufe im Labor an«, sagte sie entschlossen.
»Wenn Liam zu Hause eintrifft und dich nicht findet, macht er sich Sorgen. Besser, wenn ich ihn zuerst benachrichtige.« Doch im Labor erklärte man ihr, dass Liam dort gewesen und wieder gefahren sei. Er befände sich schätzungsweise irgendwo zwischen Oxford und Castle Darcy. Sie rief im Bezirkspräsidium an und erfuhr, dass Superintendent Markby nicht erreichbar sei. Sie verlangte Inspector Pearce und erzählte ihm die Geschichte.
»Er hat sich über Funk gemeldet«, berichtete Pearce.
»Er war bereits draußen beim Cottage. Sie suchen nach Mrs. Caswell. Ich gebe ihm Bescheid. Behalten Sie Mrs. Caswell bei sich, Miss Mitchell, geht das?« Das war nicht schwierig. Sally hatte eindeutig nicht die Absicht zu gehen. Sie saß zusammengesunken auf Merediths Sofa, wo sie zitterte und leise vor sich hin weinte.
»Ich mache uns einen
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