Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
schon sein.« Der Wirt polierte den Tresen wie in Zeitlupe. Seine Hände, auf den Handrücken extrem behaart, waren so groß wie Schaufeln. Markby sah hinauf zur Schanklizenz, die über der Bar an der Wand hing. Sie informierte den Gast, dass Moses Lee die Genehmigung besaß, Bier und Hochprozentigeres zu verkaufen. Ein zweites Schild informierte darüber, dass das Traveller’s Rest zu einem Netzwerk gehörte, das seine Mitglieder über Problemgäste informierte. Ein Lokalverbot in einem dieser Pubs zog zwangsläufig Lokalverbot in allen anderen nach sich. Unwahrscheinlich, dass Mr. Lee in seinem Lokal häufiger Problemgäste zu Besuch hatte. Nicht mit Armen wie diesen.
    »Vorausgesetzt, es friert nicht wieder«, verkündete der Wirt in diesem Augenblick.
    »Im Sommer haben wir jede Menge Gäste von außerhalb. Im Winter schreckt der Weg die Leute ab. Sie glauben, der Rückweg in die Stadt wäre zu gefährlich, keine Straßenbeleuchtung und eine Landstraße mit einer Fahrbahn voller Schlaglöcher. Der Gemeinderat unternimmt nichts, um unsere Straße hier zu reparieren.«
    »Wahrscheinlich weiß man dort gar nicht, dass die Straße so stark befahren ist«, ging Markby auf die Klage seines Gesprächspartners ein. Der Wirt war durchaus auch dieser Meinung. Am anderen Ende des Tresens tauchte eine aufgetakelte Blondine auf. Sie trug ein hautenges Kleid, das weder ihrer Figur noch ihrem Alter schmeichelte. Ihre Augen, kalt wie Eis, musterten Markby, und er wusste auf der Stelle, dass sie ihn als Polizeibeamten erkannt hatte, so deutlich, als hinge ein Neonschild mit der Aufschrift
    »Polizei« über seinem Kopf, etwa so, wie die Schanklizenz über Mr. Lees Kopf hing.
    »Gib dem Gentleman einen Drink aufs Haus, Moses!«, befahl sie mit rauchiger Stimme. Mr. Lee war gebaut wie ein Preisboxer, doch das Sagen in diesem Lokal hatte eindeutig seine blonde Gefährtin.
    »Ein andermal«, lehnte Markby ab.
    »Ich weiß es wirklich zu schätzen, danke sehr. Aber ich bin mit dem Wagen unterwegs.« Er wandte sich wieder Moses zu.
    »Das Dorf ist in den letzten Jahren um einiges gewachsen, würde ich schätzen.« Der Wirt stimmte ihm erneut zu, doch mit gerade erwachter Vorsicht. Das Dorf sei zwar gewachsen, doch bisher seien sie vor neuen Wohnsiedlungen verschont geblieben.
    »Wir möchten nicht, dass mit unserem Dorf das Gleiche passiert wie mit Cherton. Man kann das ursprüngliche Dorf gar nicht mehr erkennen. Es ist umgeben von Neubauten. Grauenhaft!«
    »Viele Menschen suchen nach Häusern in einer Gemeinde wie Castle Darcy. Unverdorbenes Landleben«, fuhr Markby fort.
    »Ein Freund von einer Freundin von mir hat ein Haus irgendwo hier in der Nähe gekauft. Sein Name lautet Caswell.« Der Ausdruck auf dem Boxergesicht des Wirts wurde zunehmend misstrauisch.
    »Das ist ein Stück außerhalb vom Dorf, an der Straße nach Bamford. Zwei einzeln stehende Cottages. Die Caswells haben eins davon gekauft.«
    »Dann kennen Sie die Caswells also?«
    »Ich kenne ihn«, sagte der Wirt und kicherte, um unvermittelt wieder ernst zu werden.
    »Ich kenne seine Frau vom Sehen, und wir grüßen uns. Sie kauft im Dorfladen ein. Eine gut aussehende Frau und sehr nett.«
    »Ich habe überlegt, dass ich auch gerne ein Haus auf dem Land kaufen würde. Sie wissen nicht zufällig, ob irgendwo in der Gegend ein Cottage zum Verkauf steht?« Der Wirt stützte sich auf den Tresen, der unter seinem Gewicht knarrte, und musterte Markby, als müsste er überprüfen, ob dieser sich als Bewohner von Castle Darcy eignete.
    »Vor kurzem ist ein alter Knabe gestorben, im Cottage direkt neben dem der Caswells. Der alte Hector Bodicote. Er war ein Original. Sein Haus wird möglicherweise verkauft. Aber Sie brauchen ein kleines Vermögen, um es auf Vordermann zu bringen. Der alte Hector hat nie einen Schlag daran getan. Ich sage nicht, dass die Familie das Cottage verkaufen will – vielleicht zieht einer von ihnen her, um dort zu wohnen. Seine Nichte hat drüben in Westerfield eine Farm, aber wie man hört, denkt ihr Sohn ans Heiraten. Er ist vielleicht selbst an dem Cottage interessiert.« Neue Gäste kamen in den Pub, und der Wirt ließ Markby stehen, der sein Pint in Ruhe leer trank und anschließend das gemütliche warme Lokal verließ, um sich durch die frostige Nacht auf den weiten Rückweg zu seinem Wagen zu machen. Wie zuvor spürte er, dass er Licht und menschliche Gesellschaft hinter sich ließ und in eine unzivilisiertere, in eine dunkle Welt hinausging.

Weitere Kostenlose Bücher