Ein Hauch Von Sterblichkeit
willen, Superintendent, ich hatte keine Ahnung, was sie vorhatte! Ich dachte wirklich, diese Tierschutzfanatiker seien für alles verantwortlich! Sie haben mir Drohbriefe geschickt! Ich habe es nicht bei der Polizei angezeigt, aber Sie können nicht beweisen, dass ich sie nicht bekommen habe! Was den einen Brief angeht, den ich Ihnen gegeben habe – Sie sind verrückt, wenn Sie glauben, dass ich ihn selbst zusammengeklebt habe! Das habe ich verdammt noch mal nicht! Er lag einfach in der Post! Eine gemeine, hässliche Drohung von irgendeinem gemeinen, hinterhältigen und gewaltbereiten Unruhestifter!« In seiner Stimme schwang ehrlich gemeinter Zorn mit. Genug, um in Markby einen Funken Zweifel zu wecken.
»Ich werde meine Beweise bekommen. Ich bin fest überzeugt, dass Sie genau wussten, was Marita im Schilde geführt hat, spätestens von dem Augenblick an, als die Briefbombe eintraf! Und Sie haben Maritas Tun keinen Einhalt geboten. Und wenn Sie meine persönliche Meinung hören wollen – ich denke, dass Sie es nicht nur wussten, sondern von Anfang an mitgemacht haben.« Die Angst war aus Liams Gesicht verschwunden.
»Sie …«, er zeigte mit dem Finger auf Markby, »… Sie sind genauso verrückt wie diese Müller! Ich rufe meinen Anwalt an, auf der Stelle! Gerald Plowright. Er ist in London. Bleiben Sie hier. Das Telefon steht in meinem Arbeitszimmer.« Er rauschte aus dem Zimmer. Markby folgte ihm zur Tür des Arbeitszimmers und lauschte im Hausflur, während Liam aufgeregt ins Telefon redete. Bald darauf kehrte er zurück. Er hielt sich immer noch den Waschlappen an die Stirn, doch ansonsten hatte er sich unter Kontrolle.
»Gerald, mein Anwalt, hat mir geraten, dass ich nichts mehr sage, bis er hier ist, was nicht vor morgen früh sein wird. Er möchte mit Ihnen reden, Superintendent.« Markby ging an Liam vorbei ins Arbeitszimmer und nahm den Hörer auf.
»Superintendent Markby hier.«
»Ich bin Gerald Plowright, der Anwalt von Dr. Caswell«, sagte eine glatte, professionelle Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Mein Mandant hat mir eine kurze Schilderung der Ereignisse geliefert. Ich habe Dr. Caswell geraten, der Polizei bis zu meinem Eintreffen nichts mehr zu sagen. Sollten Sie vorhaben, meinen Mandanten in Gewahrsam zu nehmen, protestiere ich aufs Energischste! Sie dürfen ihn nicht befragen, solange ich nicht da bin, und Sie können ganz gewiss nicht behaupten, dass Fluchtgefahr bestehe! Er ist ein bedeutender Wissenschaftler von internationalem Ruf und nicht irgendein gewöhnlicher Krimineller! Er ist, wie er mir versichert hat, vollkommen unschuldig und höchst begierig, seinen Namen reinzuwaschen. Und selbstverständlich bemüht, seine Ehe wieder in Ordnung zu bringen.«
»Wir haben Dr. Caswells Geliebte verhaftet«, entgegnete Markby.
»Ich denke, sie wird aussagen.« Plowright gab einen abfälligen Laut von sich.
»Pah! Kommen Sie, Superintendent, die Fantasien einer hysterischen jungen Frau!« Er legte eine kleine Pause ein, um seinen nächsten Worten das nötige Gewicht zu verleihen.
»Einer ausländischen jungen Frau, wenn ich recht informiert bin. Das ist wohl kaum Grund genug, um Dr. Caswell eine ganze Nacht in Gewahrsam zu halten.« Es gelang Markby, mit gleichgültiger Stimme zu antworten.
»Sie verstehen, Mr. Plowright, dass wir hier von einem schweren Verbrechen reden – versuchtem Mord an der Ehefrau von Dr. Caswell.« Plowright nahm Markbys Worte geradezu dankbar auf.
»Sehr ernst, Superintendent, sehr ernst, keine Frage! Dr. Caswell ist entsetzt, buchstäblich entsetzt von der Erkenntnis, dass diese junge Frau versucht hat, seine Frau zu ermorden! Mehr noch, wenn ich richtig informiert bin, hat sie ihn ebenfalls angegriffen? In Gegenwart der Polizei! Sie ist eindeutig nicht zurechnungsfähig! Haben Sie noch weitere Beweise gegen meinen Mandanten außer den unzusammenhängenden Äußerungen dieses armen Mädchens?« In die ölige Stimme des Anwalts war nur eine Spur von der stählernen Hand spürbar, die sich hinter dem Samthandschuh verbarg.
»Ich hoffe sehr, Superintendent, dass ich kein Haftprüfungsverfahren beantragen muss!«
»Im Augenblick reicht die Beweislage für eine Verhaftung nicht aus«, räumte Markby ein.
»Dann schlage ich vor, ich treffe mich mit Ihnen und meinem Klienten morgen früh, sagen wir um elf, in Ihrem Büro?« Markby legte den Hörer auf. Liam wartete draußen im Flur. Er nahm den Waschlappen von der Platzwunde und betrachtete seine Verletzung
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