Ein Hauch Von Sterblichkeit
Ruf.
»Kann sie denn schon wieder arbeiten? Ist alles in Ordnung mit ihr?«, fragte Meredith besorgt. Liam antwortete nicht. Meredith hörte eine gedämpfte Unterhaltung am anderen Ende, und dann war Sally selbst am Apparat. Sie klang außer Atem.
»Meredith? Ich bin auf dem Sprung. Du kommst doch vorbei und siehst dir den Spaß an, oder? Wolltest du nicht auf deine viktorianischen Gläser bieten? Gut, dann sehen wir uns später dort!«
»Warte noch!«, drängte Meredith.
»Bist du ganz sicher, dass du arbeiten kannst?«
»Absolut. Ich kann Austin außerdem nicht im Stich lassen. Es wird die Hölle los sein. Mir geht es gut, ehrlich.« Meredith meinte, in Sallys Stimme etwas mitklingen zu hören, wie in ihrer eigenen, als sie Alan versichert hatte, dass die Grippe mitsamt allen Nachwehen vorbei sei.
»Austin kann doch bestimmt eine Vertretung organisieren?«
»Hey!«, sagte Sally.
»Wir reden hier über meinen Job! Ich möchte Austin nicht auf den Gedanken bringen, dass ich ersetzbar bin!« Meredith legte den Hörer wieder auf, zog den Morgenmantel enger um ihre Schultern und rief Alan an. Sie erklärte ihm, dass Sally fest entschlossen sei, zur Arbeit zu fahren.
»Das ist keine gute Idee, Alan! Kannst du sie nicht anrufen und es ihr ausreden? Sie muss noch immer unter Schock stehen, und sie hat eine hässliche Platzwunde an der Stirn!« Alan war irritierend unverbindlich. Es sei Sallys eigene Entscheidung, war der Tenor seiner Argumentation. Meredith legte den Hörer wieder auf, diesmal mit Schwung. Sie stieg die Treppe hoch, um sich im Bad unter die Dusche zu stellen. Als diese Reihenhäuser gebaut worden waren, hatte man Badezimmer noch als unnötigen Luxus betrachtet. Es hatte eine gemauerte Außentoilette im Hof gegeben (die noch immer existierte, doch sie diente heute als Schuppen). Ansonsten hatten sich die Menschen in der Küche gewaschen oder mit einer Schüssel im Schlafzimmer. Für ein modernes Badezimmer hatte eines der drei Schlafzimmer geopfert werden müssen. Keines der Schlafzimmer war groß, und das kleinste kaum mehr als eine Abstellkammer. Der Mangel an Raum hatte zur Folge, dass im Badezimmer nur eine winzige Badewanne hatte installiert werden können. In diesem Zustand hatte Meredith das Bad vorgefunden, als sie das kleine Haus gekauft hatte, doch sie hatte bald die Nase davon voll gehabt, immer mit den Knien am Kinn in der Wanne zu sitzen. Außerdem war die Wanne alt und fleckig gewesen. Die Lösung war, die Badewanne ganz herauszureißen, mitsamt den antiquierten Installationen, und stattdessen eine geräumige Dusche einzubauen. Das heiße Wasser kitzelte auf Merediths Haut. Als sie sich hinterher gründlich frottierte, bemerkte sie eine Bewegung vor der Milchglasscheibe des Fensters über dem Waschbecken. Es war keine Reflexion.
»Bestimmt die Katze«, murmelte sie vor sich hin. Sie ging zum Fenster und schob es hoch, um den Dampf hinauszulassen und dafür frische Luft herein. Die Katze saß zusammengekauert auf dem breiten Steinsims und spähte durch das Fenster ins Bad. Die großen gelben Augen blickten wachsam, und ihr Körper war gespannt und bereit, sich mit einem Satz in Sicherheit zu bringen.
»Hallo Tiger«, begrüßte Meredith das Tier.
»Du bist ja ein Spanner!« Die Katze öffnete das Maul und gab als Antwort auf Merediths anzügliche Bemerkung ein leises Maunzen von sich. Meredith fühlte sich ermutigt, die Hand auszustrecken und das Fenster ein Stückchen weiter nach oben zu schieben. Doch die Bewegung erschreckte das Kätzchen, und es sprang. Es drehte sich in der Luft wie ein Akrobat und landete zielsicher und auf allen vieren auf der breiten Ziegelsteinmauer, die Merediths Hinterhof von dem des Nachbarhauses trennte. Einen Sekundenbruchteil zögerte die Katze und sah nach oben zu Meredith, wie um ihren Applaus und ihre Bewunderung einzuheimsen, doch noch während Meredith sich weiter aus dem Fenster beugte, glitt sie auf der anderen Hofseite die Mauer hinunter und war verschwunden. Meredith zog sich wieder ins Innere des Badezimmers zurück. Die Luft draußen war eisig. Sie schloss das Fenster und wickelte das Badetuch fester um sich. Ihr blieb nicht genug Zeit, um länger über die Katze nachzudenken. Sally ging vor. In der Auktionshalle wäre Meredith wenigstens in der Lage, auf ihre Freundin aufzupassen.
Die fragliche Freundin hatte nach Merediths Anruf im Cottage von Castle Darcy den Telefonhörer wieder aufgelegt und ging nachdenklich in die Küche.
Es war
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