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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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seiner Wange landete. Sie drückte seine Hand und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen – zum ersten und zum letzten Mal.
    »Halt mir einen Platz an deiner Seite frei, mein Freund.«

20
    Lucy
    Lucy richtete sich im Sessel auf und reckte sich. Sie sollte nach Hause gehen. Es war nach Mitternacht, und sie fühlte sich erschöpft. Nach der Beerdigung war sie nur ins Büro gegangen, um ein paar Sachen zu erledigen. Nun hatte sie alles erledigt; es gab keinen Grund zum Bleiben. Aber sie konnte nicht gehen. Ihr Büro war der einzige Ort, an dem sie Jessies Gegenwart noch spüren konnte. Als ob er einen Zweck damit verfolgte und ihr sagen wollte, dass etwas unerledigt geblieben war.
    Ja, es gab noch eine Sache: die Testamentseröffnung. Lucy hatte gehofft, das gleich nach der Beerdigung erledigen zu können. Sie wollte Jessies Töchtern eine weitere Anreise nach Sacramento ersparen. Doch sie waren nicht gekommen. Keine von ihnen. Einen kurzen Augenblick war ihr auf dem Friedhof so gewesen, als hätte sie Elizabeth gesehen. Doch dann schien sich die Gestalt in Luft aufgelöst zu haben.
    Elizabeth war die Einzige, von der Lucy mit Sicherheit wusste, dass sie von Jessies Tod erfahren hatte. Drei Tage lang hatte sie versucht, Christina und Ginger zu erreichen, war jedoch nur auf den Anrufbeantwortern gelandet. Sie hatte eine Nachricht hinterlassen, jedoch keine Antwort erhalten. Rachels Sekretärin hatte ihr gesagt, dass Rachel bis Ende der nächsten Woche auf Geschäftsreise in Hongkong wäre. Lucy bat um einen Rückruf, der nie kam.
    Keiner wusste von Jessies Töchtern. Deswegen wunderte sich auch niemand bei der Beerdigung über ihre Abwesenheit. Außer Lucy. Sie war jedoch vernünftig genug, sich nicht verletzt zu fühlen. Während sie Jessies Lebensgeschichte lauschte, war ihr Ärger einer tiefen Traurigkeit gewichen.
    Seine Töchter würden niemals erfahren, was für ein Mann ihr Vater gewesen war, niemals verstehen, warum er tat, was er getan hatte. Sie würden ihm seine Sünden niemals vergeben. Sie könnte Kopien der CDs anfertigen lassen, doch sie würden sie sich nicht anhören. Sie klammerten sich an die Tatsache, dass er sie verlassen hatte, als sei es ihre Eintrittskarte zur Welt.
    Lucy trat von ihrem Schreibtisch zum Fenster. Die Straßen unten lagen verlassen. Sinnlos schalteten die Ampeln von Grün auf Gelb auf Rot.
    »Was soll ich machen, Jessie? Kann ich sie irgendwie dazu bringen, mir zuzuhören? Hast du mir deswegen nachgegeben und deine Geschichte aufgezeichnet? Weil du wolltest, dass ich einen Weg finde?«
    Sie blieb ein paar Minuten unschlüssig stehen, wartete auf eine Eingebung, eine Antwort, eine Lösung. Nichts. Da endlich gab sie ihrer Müdigkeit nach, schloss das Büro ab und fuhr nach Hause.
    Die Antwort kam mitten in der Nacht. Der Teufel würde los ein, wenn rauskäme, was sie gemacht hätte. Aber das war ihr egal.
    Unfähig, ihre Aufregung zu bezähmen, stand Lucy auf und arbeitete einen Anhang zu Jessies Testament aus. Als sie damit fertig war, lehnte sie sich zurück und lächelte.
    »Fertig, Jessie«, sagte sie leise und zufrieden. »Ich will verflucht sein, wenn du da deine Finger nicht im Spiel gehabt hast.«

21
    Christina
    Christina reichte dem Taxifahrer das Fahrgeld und lehnte die siebzig Cents Wechselgeld ab. Fünf Wochen waren seit ihrer letzten Fahrt vom Flughafen nach Hause vergangen. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor.
    Der schmale Grasstreifen, der eine Art Vorgarten andeutete, war komplett vertrocknet, ebenso die Blumen, die sie vor der Veranda gepflanzt hatte. Die Räder ihres Rollenkoffers hüpften über den Dreck in der Auffahrt. Zwei Häuser weiter hörte sie die Ramirez-Kinder im Plastikpool in ihrem Hof spielen. Der Hund der Chapmans bellte mechanisch, ohne Zweck und Hingabe.
    Es war noch nicht einmal Mittag. Trotzdem hatten die Temperaturanzeigen an den Bankgebäuden auf dem Weg hierher bereits über vierzig Grad gezeigt. Um fünf heute Nachmittag würden es bestimmt mindestens fünfundvierzig sein und nachts immer noch fast dreißig. Sie ließ ein Stoßgebet los, dass die Klimaanlage noch funktionierte. Eines Tages wollte sie in einer Gegend leben, wo man ohne Klimaanlage auskam. In einem Haus an einem Hang über dem Meer.
    Es gab eine Menge Dinge, die sie eines Tages machen und haben wollte. Dinge, die ihr heute fehlten. Sie war nicht nach Tucson zurückgekommen, weil ihr das gefiel. Sie hatte nur keinen anderen Ort, wo sie hinkonnte.
    In den fünf Wochen

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