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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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hätte sich ein Innenausstatter mit unbegrenztem Budget und einer Neigung zum Größenwahn darin ausgetobt. Es erinnerte eher an einen Möbelhauskatalog als an ein Zuhause. Überall Seidenstoffe, Brokat und glänzende Holzoberflächen, deren Pflege eine Menge Arbeit machte. Ein Fernseher wäre dort genauso fehl am Platz wie ein Kleinkind. Nur der Kamin vermittelte ein heimeliges Gefühl, das allerdings durch den Kaminaufsatz aus Marmor schon wieder gedämpft wurde.
    Die Küche befand sich auf der Rückseite des Hauses. Der Blick vom Frühstückserker ging hinaus in den Garten. Die Kücheneinrichtung passte zum Haus. Sie war im ursprünglichen Stil gehalten und trotzdem mit allen modernen Geräten und einer Granitarbeitsfläche ausgestattet.
    Christina stand an der Kücheninsel und schnitt Stangen-sellerie.
    »Ziemlich eindrucksvoll, oder?«, fragte sie.
    »Das Wohnzimmer erinnert mich an die Häuser der Gangsterbosse am Hudson River in New York. Reine Schaustücke.« Elizabeth setzte sich auf einen der Barhocker, die an der Insel standen. Auch wenn Christina und sie nie Freundinnen werden würden, gebot es die Höflichkeit, dass sie nett zu ihrer jüngeren Schwester war. »Deine Drähte sind weg. Wie fühlst du dich?«
    »Famos. Ich arbeite sogar schon wieder.« Christina schob den Sellerie in eine Schüssel. »Ich muss ja die Miete bezahlen, weißt du?«
    »Um hier wohnen zu können?«, fragte Elizabeth und versuchte, die Puzzleteile zusammenzubekommen.
    »Wie? Hast du gedacht, ich würde einfach hier einziehen und …?«
    »Ich wundere mich schon, dass Lucy dir im Haus deines eigenen Vaters Miete abknöpft.«
    »Wollte sie ja gar nicht. Das war meine Idee. Ich zahle für alles, sonst läuft das nicht.«
    Sie fing an, rote Trauben von den Stängeln zu zupfen, dann halbierte sie sie und beförderte sie ebenfalls in die Schüssel.
    »Ach, Mist. Ich muss zugeben, dass ich nichts für die Benutzung des Autos zahle. Aber ich denke sowieso darüber nach, ob ich es kaufen soll. Es ist ein 1965er Mustang. Total cool.« Sie lachte. »Und ich dachte, ich wollte nie mehr in meinem Leben ein altes Auto fahren.«
    Eine Erinnerung blitzte in Elizabeths Hirn auf, so hell und durchdringend wie der Sonnenstrahl, der durch das Fenster hinter Christina fiel. Sie sah ihren Vater, wie er mit einem glänzenden neuen Wagen in die Einfahrt ihres Hauses in Bakersfield einbog. Er hupte. Frank und sie sollten rauskommen. Ihre Mutter ging zur Tür, wollte aber weder zu ihm hinübergehen noch die Kinder hinauslassen. Frank packte Elizabeths Hand und rannte mit ihr zur Hintertür. Dann hatte er es eilig, das Haus zu umrunden, sie auf den Rücksitz zu schubsen und selbst auf den Beifahrersitz zu klettern.
    »Nett«, hatte er gesagt und war mit der Hand über das Armaturenbrett gefahren. »Ist der für mich?« Man hatte aber an der Art, wie er fragte, gehört, dass er das nicht glaubte. Es würde noch neun Monate dauern, bis er seinen Führerschein bekam. Nie im Leben hätte er ein nagelneues Auto geschenkt bekommen.
    »Sobald du dir die Versicherung leisten kannst«, hatte Jessie gesagt.
    Frank hatte einen Schrei ausgestoßen und sich zu ihr umgedreht. »Hast du das gehört, Lizzy? Wir bekommen einen fahrbaren Untersatz.«
    Es war nicht das Auto, sondern das Wörtchen »wir«, das sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt hatte. Sie war die kleine Schwester, erst zehn Jahre alt, und trotzdem hatte er sie einbezogen. Das war das schönste Geschenk, das sie jemals bekam und bis heute bekommen hatte.
    Das Auto war rückwärts aus der Einfahrt gefahren. Elizabeth war klar gewesen, dass ihre Mutter später ein Riesentheater machen würde, wenn sie mitfuhr, aber das war ihr egal. Das wollte sie auf keinen Fall versäumen.
    Sie hatte eigentlich die Augen schließen wollen, um ihre Mutter nicht sehen zu müssen, während sie losfuhren, doch dann war ihr ein Gedanke gekommen. Wenn sie winken und lächeln würde, erkannte ihre Mutter vielleicht, wie glücklich sie waren. Vielleicht könnte sie das verstehen, und alles wäre in Ordnung. Doch ihre Mutter hatte geweint. Da war alle Freude in ihr abgestorben.
    »Was für eine Farbe hat das Auto?«, fragte Elizabeth.
    »Dunkelgrün. Es hat außerdem schwarze Polster und garantiert keine Klimaanlage.« Christina warf sich eine Traube in den Mund. »Genau das richtige Fahrzeug für vierzig Grad Außentemperatur.«
    »Mein Bruder hatte mal so einen.«
    »Wirklich? Ach ja, ich erinnere mich, dass Lucy von

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