Ein Haus für vier Schwestern
um deinetwillen musst du einen Weg finden, irgendwie darüber wegzukommen.«
»Das kann ich nicht. Ich habe es versucht.«
»Quatsch mit Soße! Du bist die stärkste Frau, die ich kenne. Überleg doch nur, was du in deiner Kindheit und Jugend durchgemacht hast. Schau dir an, was für ein mieses Beispiel dir deine Mutter gegeben hat und was für eine wunderbare Mom du geworden bist. Du bist in deinem Beruf ständig befördert worden und verdienst einen Haufen Kohle. Wie viele Frauen deiner Herkunft haben auch nur eines dieser Dinge geschafft?«
Sie musste lächeln. »Du wirst richtig leidenschaftlich, wenn du meine Vorzüge anpreist.«
»Also, wird das was mit heute Abend?«
Warum wehrte sie sich gegen etwas, was sie gern tun würde?
»Gib mir ein paar Minuten.« Sie wollte gehen, drehte sich dann aber noch einmal um. »Du kannst gern reinkommen und dich nützlich machen. Ich habe eine Lasagne im Ofen, die da nicht bleiben kann.«
Er drückte sich an ihr vorbei, warf die Pralinenschachtel auf den Tisch neben dem Eingang. Der Duft, der ihn umgab, erinnerte sie an etwas. »Was ist das? Wonach riechst du?«
»Old Spice.«
Sie lachte. »Ich wusste gar nicht, dass es das noch gibt. Du hast wirklich an alles gedacht.«
»Wart’s ab, bis du siehst, wohin wir zum Essen gehen.«
Das Neonlicht auf dem umgebauten Eisenbahnwaggon verkündete Tiny’s Elegant urger ar. Rachel wollte zuerst gar nicht hineingehen, doch Jeff versicherte ihr, er hätte in den letzten paar Wochen zweimal dort gegessen und es problemlos überlebt.
Verstohlen musterte Rachel auf dem Weg zur Theke die Gerichte der Leute an den Tischen. Mutig bestellte sie sich einen Cheeseburger, Pommes frites und einen Root-Beer-Milchshake. Es war ihr danach ziemlich peinlich, dass sie alles aufaß.
»Dir ist doch klar, was diese Fressorgie für mich bedeutet, oder?« Sie kippte ihr Glas, um auch noch an den letzten Tropfen ihres Milchshakes heranzukommen. »Ein Woche lang nur Salat.«
»Aha. War es das wenigstens wert?«
»Frag mich nächsten Mittwoch noch mal.«
Jeff langte über den Tisch, um ihr ein paar Salzkörnchen aus dem Mundwinkel zu wischen.
»Hey«, protestierte sie. »Die habe ich mir extra aufgehoben.«
Er packte ihre Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. »Wann haben wir eigentlich angefangen zu glauben, dass Geld wichtiger ist als Zeit?«
»Erst hatten wir kein Geld, und dann dachten wir, wir wären gegen seine Verführungen immun. Irgendwann dazwischen?« Sie mochte die ineinander verschlungenen Finger, das fühlte sich total gut an. Vorsichtshalber entzog sie ihm ihre Hand und legte sie sich – außerhalb seiner Reichweite – in den Schoß. »Keine Ahnung. Es ist einfach passiert.«
Er tat so, als hätte er ihren Rückzieher nicht bemerkt. »Fertig?«
»War’s das schon?« Es war ihr egal, welche Botschaft sie damit aussandte. Sie hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen.
»Noch nicht ganz.«
Sie stiegen ins Auto und fuhren mit heruntergekurbelten Scheiben los. Die laue Luft nach einem heißen Sommertag umwehte sie sinnlich. Es war ein Abend für gelockerte Krägen, wehende Hemdschöße, zufriedene Seufzer und aus dem Nacken gestrichene Haare.
Jeff kurvte durch die Hügel um Oakland herum und hielt schließlich an einem Aussichtspunkt, der ihnen einen Blick über die ganze Bucht bis hinüber nach San Francisco bot. Es war eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang. Der Himmel glühte in allen Schattierungen von Rot und Orange. Die Lichter der Bay Bridge und der Hochhäuser kündeten bereits die funkelnde Milchstraße an, die in einer Stunde dort aufblitzen würde.
»Mir kommt es so vor, als hätte ich überhaupt keine Zeit mehr, einfach mal irgendetwas nur anzusehen«, sagte Rachel. Sie war überrascht von der Schönheit einer Szenerie, die sie täglich vor Augen hatte und nie bemerkte.
»Mir auch«, stimmte Jeff zu. »Wenn mich die Kinder nicht auf so etwas stoßen, sehe ich gar nichts.«
Sie löste ihren Sicherheitsgurt und wandte sich ihm zu. Sie wollte mehr, als nur passiv an dem teilhaben, was er ihr zugedacht hatte.
»Erzähl mir doch bitte, was es bei dir Neues gibt.«
»Nicht viel. Letzte Woche hat man mir einen Job angeboten«, sagte er, bemüht um einen beiläufigen Tonfall. »Eine der Firmen, die ich beraten habe, hat eine freie Stelle, die nach deren Meinung ideal für mich wäre. Sie sind ziemlich penetrant. Ich glaube, sie denken, ich würde mich zieren, um das Gehalt nach oben zu treiben.«
Sie war
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