Ein Haus für vier Schwestern
und der Adresse eines mexikanischen Röhrenproduzenten in der Hand.
Wenn ich das Angebot annahm, blieben mir weniger als zwanzig Prozent vom Geschäft. Aber zwanzig Prozent vom Geschäft waren besser als fünfundzwanzig von nichts. Und es gab eine Kehrseite dieses Handels, an die Farnsworth sicher nicht gedacht hatte, bevor er mir sein Angebot machte. Er wurde damit der zweitgrößte Anteilseigner. Und das führte dazu, dass ich es notwendig oder angebracht finden konnte, etwas mit ihm zu bequatschen, wenn ich den Drang verspürte, seine Tochter zu sehen.
Entweder war er nicht so schlau, wie ich dachte, oder ich konnte meine Gefühle besser verbergen, als ich glaubte. Jedenfalls dauerte es fast sechs Monate, bis er versuchte, mich von Denise fernzuhalten.
Es stellte sich raus, dass sie nicht fünfzehn oder sechszehn war, wie ich geglaubt hatte. Sie war erst dreizehn. Das hätte meinen Absichten wahrscheinlich einen Dämpfer verpassen sollen, aber dafür hatte ich mich schon zu weit auf sie eingelassen. Jedenfalls konnte ich so in Ruhe mein Geschäft ausbauen, ohne Angst zu haben, dass sie keine Lust mehr hätte, auf mich zu warten, oder dass ein zweiter Bewerber des Wegs kommen würde.
Es dauerte ein weiteres Jahr, bis das erste Öl in der Reed & Co. Pipeline von den Feldern in Westtexas zu der Raffinerie in New Mexico floss. Weitere achtzehn Monate später hatte ich genug Geld zusammen, um nach Kalifornien zu reisen und nach meiner Familie zu suchen. Ich wollte mein Versprechen halten.
Es war kein großes Geheimnis, dass ich nach meiner Rückkehr bei Denise um ihre Hand anhalten wollte. Schließlich verfolgte ich dieses Ziel seit fast drei Jahren. Inzwischen war ich so häufig bei ihrer Familie zu Gast, dass Denise’ Mutter für mich dauerhaft einen Stuhl an den Esstisch gestellt hatte.
Als die Zeit zur Abreise gekommen war, fuhr mich Wyatt zum Bahnhof in Lubbock. Zu unserer Überraschung erlaubte er Denise mitzufahren, um mir zum Abschied zu winken. Zwanzig Minuten vor der Abfahrt des Zuges hielt Wyatt die Situation für sicher genug, dass nichts zwischen uns passieren konnte. Er ging kurz weg, um sich eine Kiste mit kubanischen Zigarren zu kaufen.
Für mich war das der ideale Zeitpunkt, Denise das Medaillon zu überreichen, das ich ihr als Geburtstagsgeschenk gekauft hatte. Sie weinte, als ich es ihr umlegte. Ich benahm mich ein bisschen zu auffällig und nicht ganz der Gelegenheit angemessen. Kurz, ich machte aus einer Mücke einen Elefanten.
Die Leute finden an, uns im Vorübergehen zu beäugen – die Frauen waren neugierig, die Männer neidisch. Sie musste das ebenfalls bemerkt haben, denn sie machte daraufhin etwas, was sie nie zuvor getan hatte. Vor all diesen fremden Menschen packte sie mich an meinen Jackettaufschlägen, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich.
Nicht richtig auf die Lippen – sie hatte die Augen geschlossen und erwischte nur die eine Seite meines Mundes. Doch das spielte keine Rolle. Ich war völlig weggetreten. Mein Herz klopfte so sehr, dass ich dachte, es würde meinen Brustkorb sprengen.
»Wie war das?«, fragte sie.
»Nett«, nuschelte ich. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich sie auf der Stelle noch einmal küssen oder sie lieber vorher irgendwo in die Deckung zerren sollte.
»Nur nett?«
»Es war famos, Denise. Das Schönste, was mir je passiert ist.«
Sie lächelte. »Sollen wir noch mal?«
»Klar.«
Sie sah sich um. »Hier? Sofort?«
Ich packte sie am Arm und führte sie in einen Eingang, wo uns Wyatt wahrscheinlich nicht sofort sehen würde. »Ich träume die ganze Zeit davon, dich zu küssen.«
»Ach ja?« Sie betonte das so, dass ich wusste, ihr gefiel die Macht, die sie über mich hatte. »Soll ich es noch mal versuchen?«
Diesmal wartete ich nicht. Ich legte mein ganzes Herz in den Kuss, den ich ihr auf die Lippen drückte. Erst als ich sie losließ, erkannte ich meinen Fehler. Ich hatte ihr Angst eingejagt. Ihre Augen waren riesig und schwammen in Tränen. Sie fing an zu weinen, diesmal richtig.
Ich hatte meine Lektion gelernt.
33
Rachel
Rachel schob die Fertiglasagne in den Ofen. Sie bereitete das Abendessen für die Kinder zu. Es gab außerdem grüne Bohnen, Fruchtsalat und Knoblauchbrot mit Parmesan. Das mochte John so gern. Als Unterhaltung hatte sie eine CD mit einer italienischen Oper aus dem Laden mitgebracht, in dem sie die Kerzen gekauft hatte.
Diesmal würde es bestimmt klappen. Die Kinder mussten endlich einsehen, dass die
Weitere Kostenlose Bücher