Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
Vom Netzwerk:
zupfte ein bisschen Zuckerwatte von seiner Nase und steckte sie sich in den Mund. Sie war genauso süß und klebrig, wie sie das aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte.
    »Wo wohnt denn dein Onkel Logan?«
    »Washington.« Abbeißen. »Wir haben ihn dort ein Mal besucht.« Schlecken. »Er hat uns mit auf seine Feuerwache genommen.« Hände an der Hose abwischen.
    »Ich wette, das hat Spaß gemacht.«
    »Er hat die Sirene angestellt, das hat mir nicht gefallen. Es hat mir in den Ohren wehgetan.«
    Wenn ihr jemand vor einem Jahr prophezeit hätte, dass sie freiwillig einen Wellnesstag gegen einen Tag in einem Freizeitpark mit einer Acht- und einem Fünfjährigen eintauschen würde, hätte sie denjenigen für verrückt erklärt. Dass der Ausflug ihre Idee gewesen war, klang genauso unglaublich. Die Tickets waren ein Dankeschön von einer Frau gewesen, die nach Houston versetzt werden wollte, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Normalerweise gab Ginger so etwas weiter an Kollegen, die Kinder hatten. Doch diesmal hatte sie sich dafür entschieden, Rachel anzurufen.
    »Ist Onkel Logan der Bruder von deinem Dad?«
    Er runzelte die Stirn. »Äh, na ja, er ist einfach mein Onkel.«
    Sie überlegte, ob sie ihm etwas erklären sollte, ließ es dann aber bleiben. Sie vernahm eine Reihe von klackernden Geräuschen, die ankündigten, dass die Achterbahn dem höchsten Punkt zustrebte.
    »Da oben sind sie. Siehst du deine Mom und Cassidy?«
    Er drehte sich um und sah nach oben.
    »Ich sehe nichts. Doch«, quiekte er. »Da.«
    Ginger sah nicht hinauf. Ein großer Mann in einem gelben Hemd und kurzen beigen Hosen hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Er stand mit dem Rücken zu ihr, Arm in Arm mit einer Frau. Und er kam ihr unheimlich bekannt vor – die Statur, die Haltung, die Sonnenbrille im Haar, die sorgfältig verdeckte kahle Stelle auf dem Hinterkopf. Die Frau neigte den Kopf und sah zu ihm auf. Er beugte sich vor, um sie zu küssen. Ginger sah sein Profil. Ihr Magen drehte sich um.
    Das konnte nicht sein. Eine Verwechslung. Marc war auf einer Konferenz in Kansas und nicht vor Mittwoch zurück. Sie hatten Pläne fürs Wochenende gehabt, und er hatte versucht, das Treffen zu verschieben. Sie wollten ins Weinland fahren. Ginger hatte schon vor Monaten einen Tisch im Mustards reserviert. Der Mann sah ihm nur ähnlich. Ein Doppelgänger. Wahrscheinlich hatte jeder einen.
    Zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, kamen zu ihm. Das Mädchen zupfte an seiner Hosentasche. Er drehte sich um.
    O Gott, er war es wirklich!
    Sie fühlte sich wie betäubt von diesem Anblick: Marc mit seiner Familie. Der Schmerz raubte ihr fast den Atem. Trotzdem musste sie hinsehen. Sie sahen so glücklich aus, als ob sie zusammengehörten. Die Tochter hing lachend an seinem Arm, sein Sohn deutete aufgeregt auf die Achterbahn. Judy lächelte ihn an.
    Die Zuckerwatte kam Ginger wieder hoch. Ihr wurde übel. Sie legte die Hand über den Mund und schluckte. Einmal, zweimal. John deutete nach oben. »Schau, da sind sie.«
    Ginger war sicher, Marc würde sich jeden Moment umdrehen. Aber wie immer interessierten ihn nur seine eigenen Angelegenheiten.
    »Sie sind fertig«, verkündete John. »Lass uns rübergehen.«
    Er sprang auf und rannte auf den Ausgang der Achterbahn zu.
    Sie lief ihm nach, packte seine Hand und dirigierte ihn in die entgegengesetzte Richtung.
    »Sie kommen dort drüben raus.«
    Rachel und Cassidy sahen völlig zerzaust und glücklich aus, als sie die Rampe herunterkamen. Doch Rachels Lächeln verschwand, als sie Ginger ansah. »Was ist denn mit dir los?«
    »Ich weiß nicht«, log Ginger. Sie musste verschwinden. Sofort. »Ich bin mit John dort drüben gesessen. Wir haben auf euch gewartet. Mir ist auf einmal schlecht geworden.« Sie blickte sich nervös um und geriet in Panik, als sie Marc nicht mehr sehen konnte. »Tut mir leid, ich muss gehen.«
    »Dann gehen wir alle.«
    »Nein, bitte nicht.« Gott sei Dank hatten sie sich auf dem Parkplatz getroffen, sie hatte ihr eigenes Auto dabei. »Dann würde es mir noch schlechter gehen.«
    »Bist du sicher, dass du es allein bis nach Hause schaffst?«
    »Aber sicher, es ist ja nicht weit.« Sie drückte Cassidy die Zuckerwatte in die Hand. »Amüsiert euch. Ich rufe dich an.«
    Ginger übergab sich hinter einer Hecke in der Nähe des Parkausgangs und dann noch einmal auf der Abfahrt vom Freeway. Ihre Hände zitterten, als sie endlich zu Hause ankam. Fast hätte sie den Schlüssel nicht in das

Weitere Kostenlose Bücher