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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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schmieden und Phantasiefeste zu geben.
    Die Gesamtkosten des ersten Arbeitsabschnittes waren deutlich geringer ausgefallen als geschätzt, so daß noch ein winziger Geldbetrag in der Kasse war.
    Wir beschlossen, uns am ersten Stock zu versuchen. Etwa um diese Zeit geriet unser Leben in eine Bewegung, die uns wie auf einer Flutwelle immer ungestümer mitzureißen begann. Als erstes waren die Handwerker nicht mehr zu stoppen; sie attackierten den verfallenen ersten Stock mit der Unbeirrbarkeit einer Bullterrier-Meute, sie schlugen die Zähne hinein und ließen nicht mehr los. Sie waren uns zahlenmäßig überlegen, und unsere Beteuerungen, zahlungsunfähig zu sein, trafen auf Hohn.
    Es war ihnen unvorstellbar, daß wir alles, was wir besaßen, in den Kauf des Hauses gesteckt hatten – wer würde ein Haus kaufen, dessen Renovierung er nicht finanzieren konnte? So etwas tut man nicht in Italien, niemand im Dorf würde für einen Kauf Geld leihen, sie alle sparten inbrünstig, die Erinnerungen an die Armut waren noch zu frisch. Niemand lebte über seine Verhältnisse, sie mieden instinktiv jede Situation, in der tatsächlich Geld gezahlt werden mußte. Nur Millionäre oder Verrückte hätten unser Haus gekauft. Sie hatten uns kennengelernt, sie mochten uns, sie hatten gesehen, daß
wir nicht verrückt waren, also mußten wir, per forza , reich sein. Als wir uns außerstande sahen, die Arbeiten zu bezahlen, die im ersten Stock begonnen worden waren, bestanden sowohl der geometra als auch alle Handwerker darauf, daß wir später bezahlten und sie weiterarbeiteten – langsamer.
    Ich vermute, an diesem Punkt hätten wir Einhalt gebieten können und sollen, aber aus Angst, eine Rechnung nicht bezahlen zu können, in einem Land, in dem das Überziehen des eigenen Bankkontos als kriminelles Delikt gilt, das sofort geahndet wird, und in dem jedwede offizielle Darlehensaufnahme Jahre, wenn nicht ein Menschenleben dauern kann, wurde ich schwach und gab nach. Imolo wollte weiterarbeiten, und in meiner Panik ließ ich ihn gewähren. Die Rechnungen waren bescheiden, die Arbeit wunderschön, und während er sich weiter damit mühte, kletterten Robbie und ich in unsere Tretmühle und versuchten verzweifelt, seine Rechnungen in Raten zu bezahlen. Irgendwann, wie es beim Glücksspiel zu gehen pflegt, stiegen die Einsätze, und unser Lavieren fand ein abruptes Ende.
    Wir sahen den Handwerkern ehrfürchtig und staunend zu, beobachteten, welche Wunder sie an unserem Haus bewirkten, und fürchteten zugleich das Ergebnis. Es wurde zu einem Zuschauersport. Jede Lira, die wir bekamen, wurde ihnen sofort überschrieben, Honorare, Vorschüsse und Erlöse aus Verkäufen jeder Art verschwanden in diesem Faß ohne Boden. Es ging nach der Hauskauf-Theorie des Hofdichters, nur umgekehrt. Ich spürte, wie sich Verzweiflung und Jubel mit den Lastwagenladungen Zement mischten: Verzweiflung angesichts der wachsenden Schulden, Jubel, zu erleben, wie ein unfertiges Haus sich nach einhundertjährigem Dornröschenschlaf seiner Vollendung näherte. Die wenigen Male, als die
Verzweiflung die Oberhand gewann und Imolo mich weinend in einem der türlosen Zimmer fand, deutete er meine Tränen als die Tränen einer frustrierten Hausfrau, die den Zementstaub nicht mehr ertragen konnte, und er tröstete mich mit Versprechen, sein Tempo zu beschleunigen.
    »Keine Sorge, Lisa«, versuchte er mich zu beruhigen. »Wir haben das Haus bald für dich fertig.« Meine Proteste waren vergebens. Um mich abzulenken, entführte er mich zu einer ausgedehnten Besichtigungstour der gerade fertiggestellten Arbeiten und machte Abstecher, um mir die nächsten Etappen zu zeigen.
    Im Juni waren Imolos Bautrupp und die Besichtigungstouren ein fester Bestandteil unseres Lebens geworden. Von Montag bis Freitag waren sie von morgens um sieben bis nachmittags um fünf da. Keine Arbeit war so geringfügig, daß sie nicht einige lobende Worte erfordert hätte. Jede Minute eines jeden Wochentags wurde von seinen emsigen Arbeitern beansprucht. Mit dem Ehrgeiz der Handwerker wuchs die Zahl der Beschäftigten. Es gab einen unerreichbaren Installateur mit einem schweigenden Gehilfen, die oft verflucht wurden, weil sie in entscheidenden Momenten nicht da waren. Als unser Telefon angeschlossen worden war, klingelte es oft für den geheimnisvollen Installateur, da andere Baustellen und Privatleute versuchten, ihn aufzutreiben. Unser Auftrag war sein größter, daher nahmen alle an, daß wir ihn

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