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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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blaßrosa und beigefarbenen Travertin. Es roch nach Kaffee und frischen Brötchen, von irgendwoher wehte Jasminduft. Dem Pastell der Steine in Assisi entsprach das blasse Graugrün der Olivenbäume auf den umliegenden Hügeln.
    Der Ort hatte etwas Sanftes: Selbst das Sonnenlicht wirkte beruhigend, als wir bergauf zur Basilica di San Francesco zogen. Wir verbrachten fast zwei Tage in dieser Basilika und fütterten die Beleuchtungsautomaten mit 100-Lire-Stücken, um Giottos Fresken mit Bildern aus dem Leben des heiligen Franziskus besser bewundern zu können. Allie war unser Münzbote, der für eine geringe Gebühr das Kleingeld besorgte. Die Kirche und ihre gedämpften Farben, ihre Bögen, Stufen und Gewölbe, das alles ist von solcher Schönheit, daß wir Monate hätten bleiben können, ohne zu ermüden. Aber es waren noch die Nachwirkungen des zwei Wochen langen Ferragosto-Gedränges spürbar, und obwohl die Menschenmassen vermutlich bereits geringer waren als vor ein paar Tagen, war Assisi doch ein Pilgerziel, und wir waren nicht die einzigen Pilger.
    Unsere Freunde brachen zu ihrer weiten Heimreise auf und setzten auf dem Weg die Kinder am Bahnhof in Perugia ab. Robbie und ich brachten den silbernen Panther zu seinem staubigen Parkplatz vor der Villa San Orsola zurück und hol
ten unterwegs die Kinder in Città die Castello vom Bahnhof ab. Bevor wir die Beine aus dem Auto gefaltet hatten, saßen wir zu sehr gequetscht, um irgend etwas sehen zu können, doch sobald dies geschehen war, bemerkten wir mit Erleichterung, daß Brendans Container fort war.

17. Kapitel
    W ir waren bei Imolo in Ungnade gefallen, den es entsetzte, daß wir die Villa verlassen hatten. Von Anfang an hatten wir um seine Anerkennung gebuhlt. Bis dahin war er uns nie länger als einige Minuten gram gewesen. Robbie überschlug sich, um ihm zu gefallen. Imolo trug beigefarbene Overalls, die er in Nunzias Warenhaus im Dorf gekauft hatte, also trug Robbie sie auch. Kurze Zeit trug er sogar geschnürte Arbeitsstiefel, aber die hiesige Ausführung war so schwer, daß er kaum die Füße heben konnte, geschweige denn mehrmals am Tag vier Stockwerke hinauf und hinunter laufen. Die Kinder waren von Imolos Mißfallen ausgenommen: In seinen lapislazuliblauen Augen konnten sie nichts falsch machen.
    Am Ende der Woche wurde auch Robbie verziehen, und er war wieder der gehätschelte Maestro. Imolo suchte ihn in den Weiten seines Ateliers auf, um ihm beim Aufspannen einer Leinwand zuzusehen und jedesmal, wenn wieder zwei Nägel eingeschlagen waren, in spontane Beifallsbekundungen wie » Bravo, Maestro « auszubrechen.
    Im Parterre trippelte ich um Imolo herum, sah ihm bei der Arbeit zu, lobte ihn unentwegt, woraufhin er verlegen lächelte. Wie ein kleines Kind hatte er es gern, wenn man ihm zusah. Dennoch, und obwohl er die anderen mit Komplimenten überhäufte, weigerte er sich so stur, irgend etwas von dem zu bewundern, was ich tat, daß umgekehrt ich ihn wegen dieser Beharrlichkeit zu bewundern begann. Es war ein Spiel. Egal, was ich tat, für seine Hänseleien mußte es allein
deswegen falsch sein, weil ich es getan hatte. Füllte ich einen Eimer, war er schlecht gefüllt. Pflanzte ich einen Busch, war er schlecht gepflanzt. Fütterte ich die Katzen, waren sie schlecht gefüttert. Kaufte ich einen Nagel, war er unbrauchbar. Füllte ich ein Formular aus, war es falsch, kochte ich ein Essen, konnte es nicht schmecken. Und wenn Robbie und ich einen Fehler machten (indem wir beispielsweise unsere schöne Villa einem Fremden mit einer Menschensäge überließen und obendrein seinen kostbaren Allie fortschleppten), mußte die Hauptverantwortung für diese Fehlentscheidung bei mir liegen.
    Ich hätte Imolos Kritik einfach ignorieren können, wäre er nicht wie die bäuerliche Variante von Leonardo da Vincis Renaissance-Mensch gewesen. Er schien in allen nur vorstellbaren praktischen Belangen versiert. Trotz seiner schroffen Abwehr strahlte er soviel Freundlichkeit aus, daß seine Weigerung, mich zu ermutigen, durchaus berechtigt schien, und zwischen Schutt und Unkraut gediehen Minderwertigkeitsgefühle. Robbie hatte mit seiner Malerei und seiner Körperkraft einen Weg durch den Panzer gefunden. Als wir die Container ausluden und Robbie schwere Möbel allein trug, rief Imolo immer wieder » Bravo, Maestro! « Ich hingegen ging ihm lediglich zur Hand, schob Schweres durch die Gegend, wurde eingeklemmt und mußte gerettet werden.
    Der Pakt war besiegelt, als ein

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