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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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einen ausgezeichneteren Renner zu finden als dieses Pferd. Nicht umsonst beneideten ihn Alle darum, und mehr als einmal hatte man versucht, es ihm zu stehlen; allein es war nie geglückt. Mir ist, als sähe ich noch jetzt dieses Pferd vor mir: Pechschwarz, Beine wie Stahl, und Augen ... ich glaube, daß Belas Augen nicht schöner waren; und welche Kraft! Fünfzig Werst konnte es im Galopp zurücklegen, ohne einmal zu rasten; und dabei war es so fromm und wohldressirt, daß es wie ein Hund auf seinen Herrn zueilte und seiner Stimme gehorchte! Manchmal nahm sich Kasbitsch nicht einmal die Mühe, es anzubinden; kurz, es war das Ideal eines Räuberpferdes! ...
     
    An diesem Abend war Kasbitsch finsterer als gewöhnlich, und ich bemerkte, daß er unter seinem Beschmet ein Panzerhemd trug ... Dieses Panzerhemd, sagte ich zu mir, trägt er nicht umsonst; er muß etwas im Schilde führen.
     
    Es war sehr heiß im Saal, und so ging ich ein wenig hinaus in die frische Luft. Die Nacht hatte sich bereits auf die Berge herabgesenkt, und der Nebel begann aus den Thalschluchten heraufzuziehen.
     
    Da kam mir der Gedanke, einmal nach unseren Pferden zu sehen, um mich zu überzeugen, ob ihnen nichts fehle. Vorsicht kann nie schaden, und ich hatte damals ein ausgezeichnetes Pferd, das mehr als ein Kabardiner mit neidischen Blicken betrachtet hatte. Ich ging unbemerkt auf den Hangar zu, – da hörte ich plötzlich Stimmen; die eine erkannte ich sofort: es war die des Asamat, des Sohnes unseres Wirthes; die andere ließ sich nur selten und ziemlich leise vernehmen.
     
    Wovon mögen die denn dort reden, dachte ich bei mir; etwa von unsern Pferden?
     
    Verstohlen näherte ich mich ihnen und begann zu lauschen, um mir kein Wort von ihrer Unterhaltung entgehen zu lassen, was nicht sehr leicht war; denn nicht selten machten es mir das Singen und Tanzen in dem Saal nebenan unmöglich, etwas von ihrem Gespräch zu unterscheiden."
     
    "Du hast ein herrliches Pferd!" sagte Asamat; "und wenn ich hier Herr im Hause wäre und hätte einen Tabun von dreihundert Fohlen, die Hälfte davon würde ich dir hingeben für deinen Renner, Kasbitsch!"
     
    Aha, da ist Kasbitsch, murmelte ich vor mich hin, – und ich dachte unwillkürlich an sein Panzerhemd.
     
    "Ja," antwortete Kasbitsch nach einigem Schweigen; "in der ganzen Kabardie findet man ein solches Pferd nicht wieder. Eines Tages – es war jenseit des Terek – hatte ich mit einigen Abreken eine Jagd auf russische Pferde unternommen. Unser Plan mißlang, und wir nahmen die Flucht, der Eine hierhin, der Andere dorthin. Ich ward von vier Kosaken verfolgt; schon hörte ich hinter mir die Rufe dieser Giauren, und vor mir befand sich ein dichter Wald. Ich legte mich auf meinen Sattel und empfahl mich dem Schutze Allahs, und zum ersten Mal in meinem Leben beleidigte ich mein Pferd mit einem Peitschenschlage. Wie ein Vogel stürzte sich das edle Thier durch die Zweige – die Dornen zerrissen meine Kleider, die Zweige schlugen mir ins Gesicht; mein Pferd setzte über alle Hindernisse hinweg und bahnte sich mit der Brust einen Weg durch das Dickicht.
     
    Vielleicht hätte ich am besten daran gethan, es sich selbst zu überlassen und mich in dem Dickicht zu verstecken. Aber ich konnte mich nicht dazu entschließen, mich von ihm zu trennen – und der Prophet belohnte mich dafür. Schon pfiffen mir einige Kugeln um den Kopf; schon waren die Kosaken ganz nahe hinter mir, und sie verdoppelten ihre Anstrengungen, um mich zu ergreifen ... Da plötzlich befinde ich mich am Rande eines tiefen Abgrundes; mein Pferd macht einen Augenblick Halt und fliegt dann hinüber. Seine Hinterbeine gleiten am jenseitigen Rande ab und da bleibt es mit den Vorderfüßen hängen. Ich lasse die Zügel los und stürze mich in den Abgrund; das rettete mein Pferd; es machte eine neue Anstrengung, und da hat es wieder festen Grund unter den Füßen! Die Kosaken hatten Alles mit angesehen; aber keiner steigt in den Abgrund hinunter, um mich zu suchen; wahrscheinlich glaubten sie, ich hätte mir bei dem Fall das Genick gebrochen, und ich hörte, wie sie sich daran machten, mein Pferd zu verfolgen. Alles Blut strömte mir nach dem Herzen; ich schleiche in dem hohen dichten Grase an dem Abgrunde entlang und schaue mich um: Ich befinde mich am Ende des Waldes, einige Kosaken jagen gerade aus demselben hervor, aber schon galoppirt mein Karagos unten durch die Ebene. Lange, sehr lange verfolgten sie ihn; und einer von ihnen hätte

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