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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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schwieg.
     
    "Du willst nicht? Nun, wie es dir beliebt! Ich glaubte, du wärest ein Mann, aber du bist noch ein Kind, – zu jung, solch einen Renner zu reiten ..."
     
    Asamat wurde roth vor Zorn.
     
    "Aber mein Vater!" rief er.
     
    "Dein Vater! Entfernt er sich vielleicht nie von Hause?"
     
    "Allerdings ..."
     
    "Also abgemacht?"
     
    "Abgemacht!" murmelte Asamat todtenbleich. "Und an welchem Tage?"
     
    "Das erste Mal, wo Kasbitsch hierher ins Fort kommt. Er hat uns ein Dutzend Hämmel zu bringen versprochen; das übrige ist meine Sache. Aber du, Asamat, denk' an dein Versprechen!"
     
    Das Geschäft war also abgeschlossen ... Offen gestanden, eine abscheuliche Geschichte! Als ich davon hörte, machte ich Petschorin Vorwürfe. Er antwortete mir, diese wilde Tscherkessin würde sich ganz glücklich schätzen, einem Manne, wie ihm, anzugehören, da er nach der Sitte des Landes ganz als ihr Gatte betrachtet würde, und daß zudem Kasbitsch, dieser Räuber, eine Züchtigung verdient habe.
     
    Sagen Sie mir was konnte ich auf eine solche Beweisführung antworten? ... Aber damals wußte ich noch nichts von dem zwischen Petschorin und Asamat getroffenen Uebereinkommen.
     
    Eines Tages also kommt Kasbitsch und bietet uns Hämmel und Honig zum Kauf an. Ich lasse ihm sagen, er möchte am folgenden Tage wiederkommen.
     
    "Asamat," sprach Petschorin zu dem jungen Tscherkessen, der sich gerade bei uns befand, "morgen ist Karagos dein, wenn du mir heut Nacht Bela verschaffst; wenn nicht, wirst du das Pferd niemals besitzen ..."
     
    "Es sei!" sprach Asamat und kehrte in aller Eile nach dem Aul zurück. Gegen Abend nahm Petschorin seine Waffen und entfernte sich aus dem Fort.
     
    Wie sie es eigentlich angefangen haben, konnte ich nie erfahren. Aber in der Nacht kehrten beide zurück, und die Wache sah, daß sich auf Asamats Sattel ein weibliches Wesen befand, dessen Hände und Füße gebunden und dessen Haupt mit einem Schleier verhüllt war.
     
    "Und das Pferd?" fragte ich den Hauptmann.
     
    "Geduld, Geduld! ... Früh am folgenden Morgen kam Kasbitsch und bot uns seine Hämmel wieder zum Kauf an. Nachdem er sein Pferd draußen an dem Bretterzaun angebunden, kommt er zu mir. Ich lasse ihm Thee geben; denn obgleich er nur ein Räuber war, so war er doch immerhin mein Kunak." 6
     
    Wir unterhielten uns ruhig über Dies und Jenes ... Plötzlich sehe ich, daß Kasbitsch zu zittern anfängt ... Er wechselt die Farbe und stürzt aus Fenster, das unglücklicherweise nach dem Hofe hinaus lag.
     
    "Was ist dir?" fragte ich.
     
    "Mein Pferd, mein Pferd!" rief er, am ganzen Körper zitternd.
     
    Und in der That hörte ich das Galoppiren eines Pferdes.
     
    "Das ist ohne Zweifel," sagte ich, – "irgend ein heranreitender Kosak ..."
     
    "Nein! Verrath, Verrath!" schrie er und stürzte wie ein Panther aus meinem Zimmer.
     
    Mit zwei Sprüngen war er draußen und stürzte auf das Thor des Forts zu. Die Wache wollte ihm den Ausgang versperren, indem sie ihm das Gewehr quer vorhielt; er sprang über die Waffe hinweg und fort flog er die Straße hinunter ...
     
    In der Ferne sahen wir eine Staubwolke dahinrollen – es war Asamat mit seinem Karagos. In vollem Lauf zieht Kasbitsch seinen Karabiner hervor und schießt.
     
    Einen Augenblick bleibt er unbeweglich stehen, bis er sich überzeugt, daß er vorbeigeschossen. Da beginnt er zu fluchen, zerschlägt seine treulose Waffe an einem Felsblock in Stücke, wälzt sich auf der Erde und weint und schluchzt wie ein Kind ...
     
    Einige Bewohner des Forts nähern sich ihm; sie machen sich mit ihm zu schaffen und richten Fragen an ihn – aber er hört und sieht nicht. Jene stehen noch eine Weile um ihn herum und ziehen sich dann zurück. Ich lasse das Geld für die Schafe vor ihn hinlegen; aber er rührt es gar nicht an; er bleibt, das Gesicht zur Erde gekehrt, unbeweglich wie ein Todter liegen; ja, sogar die ganze Nacht hindurch blieb er in derselben Lage ... Erst am andern Morgen stand er auf, näherte sich dem Fort und bat den Soldaten, ihm zu sagen, wer ihm sein Pferd gestohlen habe. Die Schildwache, die gesehen, wie Asamat dasselbe losgebunden und mit ihm davongeritten, theilte ihm unbedenklich alles mit. Bei dem Namen Asamat funkelten Kasbitsch die Augen und er lief eiligst nach dem Aul, wo Asamats Vater wohnte.
     
    "Und der Vater?"
     
    "Kasbitsch traf ihn nicht zu Hause. Er hatte sich auf einige Tage entfernt, und eben dieser Umstand hatte Asamat die Entführung

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