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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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...
     
    Endlich wurde Kasbitsch ungeduldig und rief ihm zu:
     
    "Lass' mich in Ruh', unsinniger Knabe! Du willst mein Pferd reiten? Keine drei Schritt würdest du zurücklegen, und es würfe dich zu Boden und zerschmetterte dir den Kopf an einem Felsen."
     
    "Mir!" rief Asamat wüthend, und in demselben Augenblick hörte ich den Dolch des Knaben an dem Panzerhemd des Bergbewohners erklingen.
     
    Mit kräftiger Faust schleuderte Kasbitsch seinen Gegner gegen den Bretterzaun, – so heftig, daß dieser davon erzitterte.
     
    Das wird einen schönen Lärm geben, dachte ich bei mir. Und damit eilte ich nach dem Stalle, machte unsere Pferde los und führte sie durch eine Hinterpforte hinaus.
     
    Schon wenige Minuten später war das ganze Haus des Fürsten in Aufruhr. Und das war so gekommen: Asamat war mit seinem zerrissenen Beschmet in den Saal hineingestürzt und hatte gesagt, Kasbitsch habe ihn erwürgen wollen. Sofort sprangen Alle auf und griffen zu ihren Flinten – und der Kampf begann! Schreien, Lärmen, Schüsse – Alles durcheinander! Aber schon saß Kasbitsch auf seinem Pferde. Die Schaschka in der Hand, bahnte er sich einen Weg mitten durch die Menge und verschwand wie ein Dämon.
     
    "Kommen Sie," sagte ich zu Petschorin und ergriff ihn beim Arm; "es ist gefährlich unter Fremden ein Glas zu viel zu trinken; am besten, wir entfernen uns so schnell wie möglich."
     
    "Wir wollen noch etwas warten," versetzte er; "ich bin neugierig, wie das endet."
     
    "Das wird schlimm enden. So sind sie alle, diese Asiaten; erst trinken sie ihre Busa und dann brechen sie sich die Hälse!"
     
    Wir setzten uns zu Pferde und kehrten nach Hause zurück.
     
    "Und was ward aus Kasbitsch?" fragte ich ungeduldig den Hauptmann.
     
    "Eines solchen Menschen wird man nicht so leicht habhaft;" versetzte er, indem er sein Glas Thee leerte. "Er entschlüpfte!"
     
    "Ohne verwundet zu werden?" fragte ich.
     
    "Das mag Gott wissen! Diese Räuber haben ein zähes Leben. Ich habe sie im Feuer gesehen: Manche waren mit Bajonnetstichen gleichsam durchlöchert wie ein Sieb, und doch schwangen sie noch ihre Schaschka."
     
    Der Hauptmann verstummte einige Augenblicke; dann fuhr er, mit dem Fuße gegen die Erde stampfend, also fort:
     
    "Eines kann ich mir nie vergeben: Bei unserer Rückkehr in das Fort verführte mich, ich weiß nicht welcher Teufel, Petschorin das Gespräch mitzutheilen, das ich im Stall mit angehört hatte." Er begann verschmitzt zu lächeln, – sein Plan war bereits fertig.
     
    "Was für ein Plan? Bitte, erzählen Sie weiter."
     
    "Nun ja, was soll man machen! Da ich einmal angefangen, muß ich auch zu Ende erzählen.
     
    Vier Tage nach diesem Vorfall kam Asamat zu uns in das Fort. Wie gewöhnlich ging er zu Petschorin, der beständig die eine oder die andere Leckerei für ihn bereit hatte. Ich befand mich gerade in seiner Wohnung." Das Gespräch kam auf Pferde, und Petschorin hielt eine begeisterte Lobrede auf den Karagos des Kasbitsch.
     
    "Welche Schönheit der Formen," sagte er, "welch eine gazellenartige Behendigkeit, – ein wahres Eichhörnchen, – mit einem Wort, in der ganzen Welt findet man ein solches Pferd nicht!"
     
    Die Augen des jungen Tataren funkelten, aber Petschorin that, als merke er seine Aufregung nicht. Ich versuche, der Unterhaltung eine andere Wendung zu geben, aber das Gespräch kehrt immer wieder auf dieses wunderbare Pferd zurück.
     
    Dieser Auftritt wiederholte sich bei jedem Besuche Asamats. Nach drei Wochen bemerkte ich, daß der arme junge Mensch blaß und mager wurde, – wie ein verzweifelter Liebhaber in den Romanen ...
     
    Erst später erfuhr ich, was geschehen war: Petschorin hatte dem jungen Manne so zugesetzt, daß er vollständig den Kopf verlor. Eines Tages sagte er zu ihm: "Ich sehe, Asamat, daß du an nichts Anderes, als an dieses Pferd denkst, aber es liegt nicht in deiner Macht, es zu besitzen! Wolan, sprich, was würdest du demjenigen geben, der es dir verschaffte?"
     
    "Alles, was er verlangte," antwortete Asamat.
     
    "In diesem Fall verspreche ich, es dir zu verschaffen; aber nur unter einer Bedingung ... Willst du mir zuschwören, dieselbe zu erfüllen?"
     
    "Ich schwöre ... Aber schwöre auch du!"
     
    "Das versteht sich von selbst! Ich schwöre dir, dich in den Besitz des Pferdes zu bringen, wenn du mir deine Schwester Bela verschaffst. Karagos wird mein Hochzeitsgeschenk sein. Ich hoffe, daß dieser Vorschlag dir gefällt."
     
    Asamat

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