Ein Herz bricht selten allein
hat
einen ziemlich großen Verbrauch an Mädchen; ich muß dir das sagen.«
Da fegte Mrs. Ronsfield ins
Zimmer, rotwangig und atemlos wie eine Artistin nach einem geglückten
Trapezakt. »Meine Passionsblume ist aufgegangen!« verkündete sie. Sie stand
zwischen den beiden Betten und klatschte in die Hände. »Und ihr, meine beiden
kleinen, faulen Mädchen, was ist mit euch?«
Franzi sprang gehorsam aus dem
Bett. Evelyne setzte nur anstandshalber einen Fuß auf die Erde. »Mütterchen,
die Frohnatur«, stöhnte sie. Das war einer ihrer wenigen deutschen Brocken.
»Ich mag sie, ich liebe sie. Und sicher ist sie ganz passabel. Aber sie dürfte
nicht auf Erwachsene losgelassen werden. Sie ist die ewige Kindergärtnerin, die
sie früher war. Man hört sie immer in die Hände klatschen und sagen: >So,
nun nehmen wir einander bei der Hand und machen einen lustigen Kreis.<«
Franzi in ihrer verstaubten
Türkenpracht hätte nichts dagegen gehabt, wenn irgend jemand sie jetzt
aufgemuntert hätte, und wäre es auch die händeklatschende Mrs. Ronsfield
gewesen. Sie wartete auf Lester. Gestern hatte er kurz angerufen, daß er wegen
einer dringenden Besprechung keine Zeit hätte. Aber heute hatte er um fünf Uhr
bei ihr sein wollen. Jetzt war es sieben Uhr. Sie lauschte auf den
Glockenschlag von Big Ben und kuschelte sich tiefer in ihren türkischen Sessel,
dessen viele kahle, mottenzerfressene Stellen in dem Muster untergingen. Sie
war zu unruhig, um sich sinnvoll beschäftigen zu können.
Endlich, kurz vor acht Uhr,
erschien Lester. Er klingelte zweimal. Franzi öffnete ihm die Tür. Für Jordans
wurde nur einmal geklingelt.
»Ich bin spät, verzeih«, sagte
er und marschierte vor ihr her durch den muffigen Gang, marschierte vor ihr ins
Zimmer, als sei er sehr in Eile.
Franzi legte die Arme um seinen
Hals und küßte ihn. »Hauptsache, daß du überhaupt gekommen bist. Wie geht es
dir?«
Er ließ sich in den Sessel
sinken, in dem vorher Franzi gesessen hatte. »Wie geht’s mir? Ich weiß nicht,
ob ich >schlecht< sagen soll oder >gut<.«
»Wieso?«
»Man will mich wegschicken.
Nach Sydney. Man zieht dort eine Filiale auf, und ich soll mit dem Aufbaustab
dorthin.«
»Man will, aber du gehst
nicht?«
Franzi unternahm einen erneuten
Versuch, das Feuer in Gang zu bringen.
Lester sah ihr eine Weile zu,
dann entschloß er sich aufzustehen. Er kniete neben ihr nieder und nahm ihr die
Streichhölzer und den Bausch Papier aus der Hand. »In Deutschland hat man wohl
noch nicht gelernt, wie man Feuer macht. Ihr seid doch sonst in allen Dingen
solche Besserwisser.«
Lester nahm fast jede
Gelegenheit wahr, auf Deutschland zu hacken. In Jersey hatte er das nicht
getan. Da war er viel zartfühlender gewesen und hatte ihr nur nette Dinge
gesagt.
»Was hast du eigentlich gegen
Deutschland?« fragte sie.
»Oho, der Nationalstolz
erwacht.« Er lachte.
Lachte er sie aus, oder lachte
er sie an? Franzi kannte sich nicht mehr aus in Lester. Sie wurde immer
unsicherer in seiner Gegenwart.
Er hantierte geschickt mit dem
Holzspan und der Zeitung, und binnen kurzem prasselte ein behagliches Feuer im
Kamin. Lester stand auf und staubte sich die Hosenbeine ab. »Eigentlich
verstehe ich dich nicht, Franzi. Du schimpfst doch gelegentlich ganz schön auf
Deutschland.«
»Das ist etwas anderes. Ich
kann das tun, aber bei anderen mag ich es nicht, da geht es mir wider den
Strich.«
Sie trug einen neuen Pulli, ein
giftiges Grün mit einem blauen Einsteckschal, und sie wartete darauf, daß
Lester ihn beachten würde. Aber er merkte nichts. Er hatte seinen alten Platz
im einzigen bequemen Sessel wieder eingenommen und angelte sich eine von den
zerknüllt herumliegenden Zeitungen vor dem Kamin, glättete sie auf seinen Knien
und begann darin zu lesen.
Plötzlich war Franzi dem Weinen
nahe. Sie fror trotz des lodernden Kaminfeuers, und sie fühlte sich einsam,
obwohl Lester dasaß. Er blickte endlich auf und warf die Zeitung mit einem
entschuldigenden Lächeln beiseite. »Ist irgendwas mit dir nicht in’ Ordnung,
Darling? Du siehst aus, als könntest du eine kleine Spritze brauchen. Ist von
unserem Portwein noch was da?«
Franzi nickte. Sie brachte die
Gläser und die Flasche. Nach dem ersten Schluck nahm sie sich Mut und
wiederholte ihre Frage, die unbeantwortet geblieben war. »Gehst du nach
Sydney?«
Lesters Stirn zog sich
zusammen. »Also jetzt komm mal her, mein Hündchen.« Franzi ließ sich zu ihm
heranziehen und nahm so steif auf
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