Ein Herzschlag bis zum Tod
einem kleinen Plastikmann vor, der ich nicht ganz folgen konnte, als Dumond hereinkam und mir eine dampfende Tasse reichte. »Zach sagt, Sie trinken manchmal Kaffee. Er wusste nur nicht, wie.«
Die heiße Tasse fühlte sich gut an. Ich nahm einen großen Schluck. Ich trinke selten Kaffee und dann nur mit Milch. Hier war eine Menge Zucker drin, aber das war mir egal. Durch den Kaffee kehrte das Leben in mich zurück, meine Gehirnzellen schienen sich neu zu ordnen.
Dumond hockte auf der Armlehne des Sofas, dessen unauffälliger Bezug in Grau-Braun gehalten war und Limo- und Pizzaflecken wunderbar tarnte. Wir schauten Paul beim Spielen zu. Hier saß der Mann, der mich gestern gegen die Wand geknallt hatte. Hier auf dem Boden spielte der Junge, der entführt und beinahe ertränkt worden war. Und mittendrin Troy. Es war surreal.
Paul war immer noch schmutzig. »Hast du nicht gebadet?« Sowie ich die Worte ausgesprochen hatte, wurde mir klar, dass |95| es mich nichts mehr anging. Doch Dumond schien sich nichts daraus zu machen, und als Paul mich verständnislos ansah, tat ich, als würde ich mich abschrubben. Es war eine Sache, bei Paul mein eingerostetes Französisch anzubringen. Seinem Vater gegenüber, der zwei Sprachen fließend beherrschte, war es mir jedoch peinlich.
Paul schüttelte den Kopf und schaute Dumond flehend an.
Dieser lachte, ein tiefes, fröhliches Lachen, und stand auf. »Nein, Paul, Troy hat absolut recht.
Il faut que tu prennes un bain.
Höchste Zeit zum Baden.«
Wir gingen nach oben. Ich ließ Wasser einlaufen, während Dumond seinem Sohn beim Ausziehen half. Ich holte saubere Kleidung, und als ich zurückkam, planschte Paul schon mit seinen Plastikmännern. Dumond hockte auf den Fersen, den Rücken an die Wand gelehnt, und sah ihm zu.
Ich zeigte Paul die Jeans und das T-Shirt und legte beides auf den Toilettendeckel. Er nickte, schlug die kleinen Figuren im Wasser aneinander und machte die passenden Kampfgeräusche. Dumond schloss die Tür hinter uns und folgte mir ins Schlafzimmer.
Er setzte sich aufs Bett. »Wie haben Sie ihn gefunden?« Er ahnte wohl, dass ich nicht einfach einen verlassenen Jungen auf der Fähre entdeckt hatte. Ich setzte mich auf den Boden und erzählte ihm die ganze Geschichte, wobei ich sachlich blieb und rasch über die schlimmsten Stellen hinwegging. Doch vermutlich würde ein Vater trotzdem jeden Moment mitdurchleiden. Als ich von dem Sweatshirt mit den verknoteten Ärmeln erzählte, flackerte etwas in Dumonds Augen auf, doch er sprach erst, als ich fertig war.
»Also hat ihn jemand von der Fähre geworfen.«
Ich nickte. »Ich denke schon.«
»Und er wurde die ganze Zeit über gefangen gehalten.«
Ich nickte wieder. »Er sagte, einmal habe man ihn an einen anderen Ort gebracht.«
|96| Wir saßen schweigend da, bis Dumond plötzlich fragte: »Und Sie haben niemanden gesehen?«
»Nein, ich habe nur Paul ins Wasser fallen sehen. Ich habe gar nicht zum Deck geschaut, sondern mich auf die Stelle konzentriert, an der er hineingefallen ist. Als wir am Ufer ankamen, war die Fähre schon auf dem Rückweg nach Vermont.«
»Sie haben ihn also aus dem Wasser geholt und hergebracht.« Er sprach ruhig, doch meinte ich, einen leisen Vorwurf in seiner Stimme zu hören. Ich wurde rot. Schaute zu Boden. Betrachtete die winzige Feder aus einem Kugelschreiber, die sich in einem Spalt zwischen den grau gestrichenen Dielen verfangen hatte.
Die Worte kamen mir schwer über die Lippen. »Vermutlich hätte ich zur Polizei gehen sollen. Oder ins Krankenhaus. Aber ich dachte, im Augenblick könnte man nichts tun – und Paul war nass und müde, und ich wollte ihn ins Warme bringen …«
Er wollte etwas sagen, doch Paul rief aus dem Badezimmer: »Papa, Papa.« Dumond ging zur Tür, und ich stand auf. »
Papa, est-ce que je dois vraiment laver mes cheveux?
«, fragte er kläglich.
Dumond lachte. »
Mais oui.
Natürlich musst du dir die Haare waschen.« Er wandte sich zu mir, wieder ganz der kühle, effiziente Geschäftsmann. Erstaunlich, wie mühelos er zwischen diesen Rollen hin und her wechselte. »Ich würde gerne einige Anrufe erledigen. Mein Handy funktioniert hier nicht richtig. Dürfte ich Ihr Telefon benutzen? Ich erstatte Ihnen natürlich die Kosten.«
»Sicher.« Ich deutete auf meinen Schreibtisch. Erst da fiel mir auf, dass der Anrufbeantworter blinkte. »Eine Sekunde«, sagte ich und drückte die Taste zum Abhören.
Hallo, Troy
, sagte Thomas mit seiner angenehmen
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