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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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die Papiere entgegenzunehmen. Also legte ich sie auf die Ecke des Schreibtischs.
    »Ich habe die E-Mails gelesen«, sagte er.
    Ich wartete ab, doch er sprach nicht weiter.
    »Tut mir leid, dass ich sie Ihnen nicht schon früher gegeben habe. Aber ich dachte, Sie würden Philippe verdächtigen, und er sollte nichts davon erfahren. Ich wollte   … ich wollte sehen, ob jemand etwas weiß.«
    |236| Schweigen.
    »Ich weiß, Sie halten mich für dumm.« Mit diesen Worten hinkte ich davon. Kein würdiger Abgang.
     
    Als ich mich endlich traute, mein Fahrrad in Augenschein zu nehmen, stellte ich fest, dass der Rahmen zwar zerkratzt, aber nicht verbogen war. Das Vorderrad hatte allerdings eine Acht. Ich kaufte in einem nahe gelegenen Fahrradladen Felge und Speichen und fing an, ein neues Vorderrad zu basteln.
    Ich summte leise vor mich hin, während ich die Speichen in der Felge befestigte. Wenn ich zu steif wurde, reckte und streckte ich mich. Ich arbeitete konzentriert, denn ich hatte aus Versehen einmal ein gesamtes Rad falsch zusammengebaut. Ich legte das Rad auf den Boden, um die Speichennippel anzuziehen und das Rad zu zentrieren. Eine mühsame Arbeit, aber sie machte mir Spaß. Dann reinigte ich Schaltwerk, Bremsen und Kettenantrieb. Ich liebe es, alle Einzelteile zu säubern, bis sie reibungslos funktionieren.
    Ich dachte an das Auto, das mich fast überfahren hätte. Ich dachte daran, dass jemand in der Schule angerufen hatte und Paul abholen wollte. Ich dachte an Philippe und den seltsamen Schwebezustand, in dem er lebte. Ich fragte mich, ob Claude anders gewesen war, als Madeleine noch lebte und er eine Freundin gehabt hatte. Ich fragte mich, ob Jameson anhand der E-Mails etwas herausfinden würde. Ich fragte mich, ob es überhaupt zu meinem Unfall und dem Anruf in der Schule gekommen wäre, wenn ich ihm die Mails früher ausgehändigt hätte.
    Hatte ich die Entführer unabsichtlich hierher geführt? Hatten sie mich am See gesehen, waren sie mir nach Lake Placid gefolgt? Oder hatten meine E-Mails und Anzeigen sie alarmiert? Ich konnte mir nicht vorstellen, wie.
    Vielleicht war mein Zusammenstoß wirklich ein Unfall gewesen, und jemand hatte Philippe und der Schule nur einen grausamen Streich spielen wollen.
    |237| Und wenn nicht: Philippe steckte jedenfalls nicht hinter dem Unfall, denn er hatte die ganze Zeit gewusst, dass ich die Entführer nicht gesehen hatte.
    Da ich so langsam arbeitete, brauchte ich fast zwei ganze Vormittage, um das Fahrrad zu reinigen und das Vorderrad ohne Zentrierständer einigermaßen zu justieren. Ich schickte Simon eine Mail, und er rief mich zurück. Er machte sich Sorgen, wollte mich aber nicht zur Abreise überreden. Er erkundigte sich, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er mit Jameson sprach. Mir war es recht. Ich erwähnte meine Schnüffelei nicht, das konnte Jameson ihm ruhig selbst erzählen.
    »Sei vorsichtig, Troy«, sagte mein Bruder. Was blieb mir auch anderes übrig?
    Dann erhielt ich noch eine Antwort auf meine Craigslist-Anzeige:
Die sehen ganz so aus wie 2 typen, die ich in einer kneipe in burlington getroffen habe, bei der uni. Sie hatten einen komischen akzent & sagten, sie wären aus montreal. Ich glaube, einer hieß jock.
    Ich holte tief Luft. Dann suchte ich Jamesons E-Mail -Adresse heraus und leitete die Nachricht an ihn weiter.

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    Am nächsten Morgen kam der Anruf, den wir alle gefürchtet hatten. Elise brachte das Telefon an den Frühstückstisch, und Philippe wurde ganz bleich, während er zuhörte. Er stand auf und drehte sich um, als wollte er uns abschirmen. Als er das Gespräch beendet hatte und uns anschaute, bemühte er sich, normal zu wirken.
    »Troy, ich muss dich etwas wegen meines Computers fragen«, sagte er bemüht beiläufig.
    Ich zwinkerte Paul zu und sagte: »Bin gleich zurück, Cowboy.« Dann folgte ich Philippe nach oben. In seinem Büro lehnte er sich an den Schreibtisch. »Man hat eine Frauenleiche gefunden, außerhalb von Montreal. Sie halten sie für Madeleine.«
    Mir stockte der Atem.
    »Sie lag in ihrem Auto im Wald, und die Beschreibung passt. Jetzt werden die zahnärztlichen Unterlagen überprüft.«
    Ich fand meine Stimme wieder. »Aber Philippe, das kann sie nicht sein, nicht in Montreal. Paul sagte doch, er habe den Schuss gehört, nachdem man sie weggebracht hatte.« Meine Kehle war trocken.
    Er schüttelte den Kopf. »Er muss sich geirrt haben.« Er tippte auf seinen Ring und räusperte sich. »Die Trauringe. Sie sind

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