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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Natürlich ist das zwanzig Jahre her, und Sie waren noch nicht Lieutenant, und Ihr Haar war ganz schwarz, und schlanker waren Sie auch. Aber ich erinnere mich an Sie.« Im Glitzern ihrer Augen liegt etwas Härteres als nur Belustigung. Dann wendet sie sich zu Guttmann: »Was halten Sie davon? Was halten Sie von einer Frau, die einfach sagt, wie alt sie ist? Hiermit gestehe ich, daß ich dreiunddreißig bin, wo ich doch genau weiß, daß man mir höchstens zweiunddreißig gibt – wenn's nicht zu hell ist.«
    »Sie kommen also von der Straße?« sagt LaPointe ungläubig.
    »O ja, Sir. Aus den tiefsten Tiefen sogar. Meine Mutter war eine Nutte.« Sie hat es sich angewöhnt, dies mit derselben Nonchalance auszusprechen wie jemand, der sagt, seine Mutter sei eine Blondine oder eine Liberale gewesen. Ganz offenkundig läßt sie gerne Bomben los. Aber gleich darauf lacht sie. »He, was sagt ihr nun, Kumpels? Trinken wir an der Bar, oder setzen wir uns in 'ne Koje?«
    Als sie wieder in der ›Konversations-Insel‹ sitzen, nimmt Mlle. Montjean wieder ihren Geschäftston auf. Sie sagt zu LaPointe, sie möchte genau wissen, warum er hier sei und ihr Fragen stelle. Wenn er ihr das gesagt habe, würde sie darüber befinden, ob sie ihm ohne anwaltlichen Beistand antwortet oder nicht.
    »Haben Sie irgendwelchen Anlaß zu meinen, Sie könnten in Schwierigkeiten stecken?« fragt er.
    Auf solchen Kinderköder beißt sie allerdings nicht an. Sie süffelt ihren Aperitif und lächelt.
    Dem Lieutenant ist die nicht faßbare Mischung aus Vorsicht und bewußtem Charme nicht geheuer. Sie ist so ganz anders als die Mädchen in seinem Revier, obwohl sie behauptet, eine von ihnen zu sein. Er hat es gar nicht gern, sich von ihrem fortwährenden verbalen Umschalten von einer Persönlichkeit zur anderen aus der Fassung bringen zu lassen. Zuerst war sie der weltgewandte Vamp, der völlig den Polizisten in Guttmann kastrierte. Dann gab es die Räuberliebchen-Attitüde, hinter der sie zugegeben hatte, vom Schlitten gehauen worden zu sein … aber auch nicht mehr. LaPointe hat die Befürchtung, daß ihre Selbstkontrolle, wenn er sie mit der Tatsache von Greens Tod überfiele, so stark sein würde, daß sie ihr Erstaunen völlig überdecken würde. Auf diese Weise könnte sie schuldig erscheinen, ohne es womöglich zu sein. Sie könnte ihn sogar unsicher machen, indem sie sich frank und frei gäbe. Sie ist der Typ, bei dem selbst Aufrichtigkeit eine Finte ist.
    »So«, sagt LaPointe und läßt seinen Blick über die kostbaren Dinge schweifen, die die Wohnung schmücken, »Sie kommen also von der Main?«
    » Von ist genau das richtige Wort, Lieutenant. Mein ganzes Leben lang hab' ich damit verbracht, von der Main zu sein.«
    »Montjean? Sie sagen, Ihre Mutter war eine Nutte namens Montjean?«
    »Nein, Lieutenant, das habe ich nicht gesagt. Natürlich habe ich meinen Namen geändert.«
    »Von?«
    Mlle. Montjean lächelt. »Darf ich Ihnen noch einen Armagnac anbieten? Es wird aber leider nur ein schneller sein können. Ich habe gleich ein Arbeitsessen. Wir basteln da an einer Sache, die Sie interessieren wird, Lieutenant. Wir entwickeln gerade einen Intensivkurs in Joual. Sie würden staunen, wie viele die Eigenheiten der kanadischen Umgangssprache lernen wollen. Meistens Geschäftsleute und Politiker. Leute also, die davon leben, daß man ihnen vertraut. Wie Polizisten.«
    LaPointe trinkt seinen Armagnac aus und stellt sein tulpenförmiges Glas behutsam auf die gläserne Tischplatte. »Besagter Antonio Verdini …«
    »Ja?« Sie zieht träge ihre Augenbrauen hoch.
    »… ist tot. Erstochen in einer kleinen Seitenstraße an der Main.«
    Sie schaut LaPointe fest an, ohne mit der Wimper zu zucken. Einen Augenblick später fällt ihr Blick auf das Feuerzeug aus Gold und Marmor, und sie starrt bewegungslos darauf. Dann nimmt sie eine Zigarette aus einer geschnitzten Teak-Dose, zündet sie an, wirft den Kopf mit einem Wippen ihres Haares zurück und bläst den Rauch über die Köpfe ihrer Gäste. Vorsichtig pflückt sie sich einen imaginären Tabakkrümel von der Zungenspitze. »Ach?« fragt sie.
    »Vermutlich hatten Sie was miteinander«, sagt LaPointe sachlich nüchtern, ohne Guttmanns schnellen Blick zu beachten.
    Mlle. Montjean zuckt die Achseln. »Wir bumsten miteinander, wenn Sie das meinen.« Wieder so eine preziöse Bombe, mehr noch: eine Art Gegenangriff auf LaPointes ballistischen Einsatz von Greens Tod. Ihre Kontrolle war großartig, die ganze

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