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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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niemand geht an den Apparat. Er zuckt resignierend die Achseln und hängt den Hörer wieder in die Gabel. Doch gerade, als er aufhängt, glaubt er, am anderen Ende ein Klicken zu hören. Schnell wählt er noch einmal. Diesmal wird schon nach dem ersten Läuten abgehoben.
    »Ja?«
    »Hallo? Ich bin's, Claude.«
    »Ja?« Sie kann den Namen nicht unterbringen.
    »LaPointe. Der Mann, dem die Wohnung gehört.«
    »Ach, ja.« Mehr hat sie nicht zu sagen.
    »Alles in Ordnung?«
    »In Ordnung?«
    »Ich meine … haben Sie genug zum Frühstück und zu Mittag eingekauft?«
    »Ja.«
    »Gut.«
    Schweigen.
    Sie fängt wieder an: »Haben Sie eben schon mal angerufen?«
    »Ja.«
    »Ich war im Bad. Gerade, wie ich ranging, hat es aufgehört zu klingeln.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Oh. Also … warum rufen Sie an?«
    »Ich wollte nur wissen, ob Sie alles gefunden haben, was Sie brauchen.«
    »Wie zum Beispiel …?«
    »Wie … haben Sie sich einen Rasierapparat gekauft?«
    »Ja.«
    »Gut so.«
    Kurzes Schweigen. Dann sagt er: »Vor acht, neun Uhr bin ich heute abend nicht zu Hause.«
    »Und ich soll bis dahin raus?«
    »Nein. Ich meine, das liegt ganz bei Ihnen. Mir ist es egal.«
    Kurzes Schweigen.
    »Also was? Soll ich gehen oder bleiben?«
    Längeres Schweigen.
    »Ich bring' was zu essen mit. Wir können uns dann Abendbrot machen, wenn Sie wollen.«
    »Können Sie denn kochen?« fragt sie.
    »Ja. Sie nicht?«
    »Nein. Ich kann bloß Eier und Gehacktes und so.«
    »Also, dann übernehme ich das Kochen.«
    »Okay.«
    »Es wird spät werden. Können Sie's so lange aushalten?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Werden Sie keinen Hunger kriegen?«
    »Nein.«
    »Na, denn. Bis heute abend!«
    »Okay.«
    LaPointe hängt auf und kommt sich vor wie ein Idiot. Warum ruft man an, wenn man nichts zu sagen hat? Ist doch blöd. Er weiß nicht recht, was er zum Abendbrot besorgen soll.
    Das dumme Ding kann nicht mal kochen.
    Der Rock der Sekretärin ist so kurz, daß sie sich vor lauter Sittsamkeit mit dem Rücken an die Aktenschränke lehnt und sich hinhockt, wenn sie aus den unteren Schubladen Akten raussucht.
    LaPointe sitzt so tief und weich auf einem modernen Kunstledersofa, daß es ihm schwerfällt, wieder hochzukommen. Auf einem niedrigen Kaffeetisch liegen in schöner politischer Ausgewogenheit alte Nummern des ›Punch‹ und des ›Paris Match‹ neben der neuesten Nummer von ›Canada Now‹. Die Wände im Empfangszimmer des Chefs zieren Gemälde der gerade modernen indianischen Hudsonbai-Primitiven. Dazwischen hängt das süßliche Porträt eines Indianermädchens mit Zöpfen und schmelzenden braunen, für ihr Gesicht viel zu großen Augen.
    Neben dem beliebten indianischen Kitsch an den Wänden gerahmte Poster aus der vor kurzem eingerichteten Werbeabteilung. Auf einem ist ein Polizist in Uniform neben einem Zivilisten mittleren Alters zu sehen, wie sie auf ein glückliches Kind herabschauen. Der Text lautet: »Das Verbrechen geht jeden an.« LaPointe würde gern wissen, was für ein Verbrechen die beiden im Schilde führen.
    Die langbeinige Sekretärin hockt schon wieder mit dem Rücken zum Aktenschrank und stellt einen Ordner zurück. Ihr kurzer Rock bringt sie einen Augenblick lang aus dem Gleichgewicht. Sie macht die Knie auseinander und läßt ihr Höschen sehen.
    LaPointe nickt vor sich hin. So ist es richtig: Um nicht das Hinterteil zu zeigen, zeigt man das Vorderteil.
    Die Tür hinter dem Schreibtisch der Sekretärin geht auf, und Commissioner Resnais erscheint, die Hand bereits ausgestreckt und mit gut sitzendem Lächeln. Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, ältere Angestellte persönlich zu begrüßen. Er hat das aus den Staaten von einem Seminar über den Umgang mit Belegschaftsangehörigen mitgebracht.
    Laß Angestellte, die FÜR dich arbeiten, denken, daß sie MIT dir arbeiten.
    »Claude – schön, Sie zu sehen! Kommen Sie doch rein!« Ganz im Gegensatz zu Kommissar Gaspard nennt Resnais LaPointe beim Vornamen, duzt ihn aber nicht. Die munteren schwarzen Augen des Commissioners verraten eine Spannung, die seine gefällige Kameraderie Lügen straft.
    Resnais' Büro ist geräumig, das Mobiliar erbarmungslos modern. Ein dicker Teppich liegt da, und zwei Wände sind mit Büchern vollgestellt, und nicht nur mit juristischen. Es gibt Titel über soziale Fragen, Psychologie, kanadische Geschichte, Jugendprobleme, Kommunikation sowie über Kunst und Kunsthandwerk der Hudsonbai-Indianer. Kein ziviler Besucher kann sich dem

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