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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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Morgenrock überzieht. Barfuß geht er in die Küche Kaffee machen.
    Sie lacht die halbe Tonleiter rauf, dann bricht sie ab.
    »Was ist denn?«
    »Ach, nichts. Sieht nur so komisch aus, wie Ihre Beine unten aus dem Mantel rausgucken.«
    Er schaut runter: »Das glaub' ich.«
    Während er heißes Wasser durch das feingemahlene Kaffeepulver preßt, kommt er darauf, daß nur eins ihr merkwürdiges, abgebrochenes Lachen auslöst: wenn jemand komisch aussieht. Sie hat über ihr blaues Auge gelacht, über den Seifenschaum an seiner einen Backe, über ihr Aussehen in Lucilles Mantel und jetzt noch mal über ihn. Ein grausamer Sinn für Humor, einer, der nicht mal vor der eigenen Person haltmacht.
    Er gibt ihr eine Tasse Kaffee und nimmt sich seine mit ins Bad, wo er sich wäscht und anzieht.
    Später brät er Eier und toastet Brot. Sie frühstücken im Wohnzimmer: sie, den Teller auf dem Arm balancierend, aufs Sofa gekuschelt – er in seinem Lehnstuhl.
    »Warum haben Sie hier draußen geschlafen?« fragt sie.
    »Oh … ich wollt' Sie nicht stören«, antwortet er, nicht ganz vollständig.
    »Ja, aber warum haben Sie nicht die Decken genommen, die ich vorige Nacht gehabt habe?«
    »Ich wollte eigentlich gar nicht schlafen, nur ein bißchen ruhen. Aber da bin ich eingenickt.«
    »Ja, aber wann haben Sie sich dann ausgezogen?«
    »Warum essen Sie nicht Ihre Eier?«
    »Okay.« Sie löffelt Ei auf ein Stückchen Toast und ißt es so.
    »Wo sind Sie denn gestern abend hingegangen?«
    »Arbeiten.«
    »Sie sagten, Sie arbeiten bei der Polizei. Arbeiten Sie in einem Büro?«
    »Manchmal. Meistens arbeite ich auf der Straße.«
    Das amüsiert sie offensichtlich. »Ja. Ich auch. Macht es Ihnen Spaß als Bulle?«
    Er zieht die Mundwinkel herab und zuckt die Achseln. So hat er das nie gesehen. Als sie gleich darauf das Thema wechselt, nimmt er an, daß sie das sowieso nicht interessiert.
    »Langweilen Sie sich hier eigentlich nicht?« fragt sie. »Keine Zeitschriften. Kein Fernsehen.«
    Er schaut sich in dem unmodernen Zimmer mit seinen Möbeln aus den dreißiger Jahren um. Ja, er kann sich vorstellen, daß ein junges Mädchen sich hier langweilt. Es gibt zwar keine Zeitschriften, aber er hat ein paar Bücher, alle von Zola, den er vor zwanzig Jahren zufällig entdeckt hat und den er immer und immer wieder liest, Roman für Roman und dann wieder von vorn. Er findet, die Menschen und die Begebenheiten gleichen überraschend denen in seinem Revier, trotz der komischen, blumigen Sprache. Doch er bildet sich nicht ein, sie würde seine Zolas lesen. Wahrscheinlich liest sie langsam, vielleicht buchstabiert sie gar die Worte. Wenn sie sich also langweilt, wird sie wahrscheinlich bald gehen. Wirklich kein Grund zu bleiben.
    »Ach … warum gehen wir heute abend nicht aus?« schlägt er vor. »Essen.«
    »Und tanzen?«
    Er lächelt und schüttelt den Kopf. »Ich sagte Ihnen doch, ich tanze nicht.«
    Das enttäuscht sie. Aber bei Männern ist sie erfinderisch.
    »Ich weiß! Warum gehen wir nicht nach dem Essen in ein Whisky à go-go? Die Leute können dort allein tanzen.«
    Er kann sich für den Gedanken, in einem dieser drangvoll engen, lauten Lokale inmitten herumhüpfender junger Leute zu sitzen, nicht erwärmen. Aber, wenn es ihr Spaß macht …
    Sie preßt die Zunge gegen die Zähne und beschließt, das Spiel weiterzutreiben und das Beste dabei herauszuholen. »Ich … ich hab' fürs Ausgehen eigentlich nichts Richtiges anzuziehen«, sagt sie, ohne von ihrer Tasse aufzusehen. »Ich hab' nur, was ich in der Einkaufstasche hab' rausschmuggeln können.«
    Seine Augen kriegen Fältchen, als er sie anschaut. Er weiß genau, worauf sie hinaus will. Es macht ihm nichts aus, ihr Geld zu geben, damit sie sich was zum Anziehen kauft, wenn sie das will, aber er mag es nicht, daß sie ihn für einen Trottel hält, den man ausnehmen kann.
    Er setzt die Tasse ab und geht rüber zu der großen, furnierten Kommode. Er legt an jedem Zahltag gewohnheitsgemäß sein Haushaltsgeld in die obere Schublade und nimmt sich heraus, was er den Monat über braucht. Er weiß, daß das eine dumme Angewohnheit ist, aber es spart Zeit. Und wer würde schon Claude LaPointe zu bestehlen wagen? Er ist überrascht, wie viele Zwanziger sich da zerknüllt in der Schublade zusammengeläppert haben; müssen so fünf-, sechshundert Dollar sein. Seit die Hypothek auf das Haus abgezahlt ist, hat er mehr Geld, als er braucht. Er nimmt sieben Zwanziger heraus und streicht sie mit

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