Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
werde nicht kommen, solange die Polizei da ist. Sie zieht den Vorhang zurecht, als sei sie nur deshalb ans Fenster getreten.
»Was wollen Sie?« fragt sie grämlich.
Einen Augenblick gibt LaPointe keine Antwort. Er schaut sie geradeheraus an, holt tief und gelangweilt Luft und sagt: »Sie wissen es ganz genau. Ich hab' nicht die Zeit, mit Ihnen Katz und Maus zu spielen.«
Guttmann schaut ihn verwirrt an.
»Schaun Sie«, sagt die Frau. »Arnaud wohnt nicht mehr hier. Ich weiß nicht, wo er ist. Er ist vor einem Monat ausgezogen, der faule Hund.«
»Das sagen Sie«, sagt LaPointe, nimmt das Kissen von dem einzigen bequemen Stuhl und setzt sich.
»Das ist die Wahrheit! Glauben Sie, ich werd' seinetwegen lügen?« Sie faßt sich an die aufgesprungene Lippe. »Wo dieses Miststück mir das hier verpaßt hat?«
LaPointe wirft einen Blick auf die frische Wunde: »Vor einem Monat?«
»Ja … nein. Ich hab' ihn gestern auf der Straße getroffen.«
»Und er sagte guten Morgen und haute Ihnen eine rein?«
Die Frau zuckt die Achseln und wendet sich ab.
LaPointe beobachtet sie schweigend.
Sie schaut hastig zum Fenster, wagt aber nicht, aufzustehen und rauszugucken.
LaPointe seufzt laut: »Nun machen Sie schon. Ich hab' noch mehr zu tun.«
Sie verweilt noch einen Moment mit zusammengepreßten Lippen. Dann gibt sie achselzuckend nach und läßt die Schultern runtersacken: »Schaun Sie, Officer, der Fernseher war ein Geschenk. Er hat nicht mal gut funktioniert. Ich hab' ihn von ihm gekriegt, wie diese dicke Lippe und einmal sogar den Tripper – Lumpenhund, elender!«
Das also ist es. LaPointe dreht sich zu Guttmann um, der noch immer an der Tür steht. »Notieren Sie mal die Seriennummer des Fernsehers.«
Der junge Mann hockt sich hinter den Apparat und sucht die Nummer. Er möchte wissen, warum, zum Donnerwetter, er das machen soll, und kommt sich wie ein Arsch vor.
»Sie wissen, was es bedeutet, wenn sich rausstellt, daß der Apparat gestohlen wurde?« fragt LaPointe die Frau.
»Wenn Arnaud ihn gestohlen hat, ist das sein Bier. Ich weiß nichts davon.«
LaPointe lacht. »Das nimmt Ihnen der Richter bestimmt ab.« Das reicht, denkt LaPointe. Sie hat Angst und ist jetzt kooperationsbereit. »Setzen Sie sich. Vergessen wir mal den Apparat fürs erste. Ich will was über einen Ihrer Pensionsgäste wissen. Tony Green.«
Verwirrt über den Themenwechsel, aber erleichtert, daß die Fragerei sich nicht mehr um sie dreht, wird sie sofort zutraulich und freundlich. »Tony Green? Ehrlich gesagt, Officer –«
»Lieutenant.« Er ist immer wieder überrascht, daß es auf der Main Leute gibt, die noch nichts von ihm gehört haben.
»Ehrlich gesagt, Lieutenant, hier wohnt keiner mit diesem Namen. Natürlich nennen sie nicht immer ihre richtigen Namen.«
»Gutaussehender Bengel. Jung. Mitte Zwanzig. Wahrscheinlich Italiener. War gestern die ganze Nacht weg.«
»Ach, Verdini!« Sie macht eine große Geste und stößt verächtlich die Luft aus. »Das will gar nichts heißen, wenn der nachts mal nicht nach Hause kommt. Dann hat er Weiber dabei. Ist dauernd hinterher. Rennt auf der Straße jeder plotte und guidoune nach. Manchmal kommen sie sogar her und fragen, ob er da ist. Manchmal nimmt er sie mit aufs Zimmer, obwohl das gegen die Hausordnung ist. Einmal waren zwei gleichzeitig bei ihm oben! Die Nachbarn haben sich über das Geröhre und Gestöhne vielleicht beschwert!« Sie lacht und zwinkert. »Dem steht er dauernd. Der trägt doch diese engen Hosen, da sieht man's, wie sich das wölbt. Was ist los? Was hat er getan? Ist was mit ihm?«
»Nennen Sie mir die Namen der Frauen, die hiergewesen sind.«
Sie zuckt verächtlich die Achseln und zieht die Mundwinkel herab. Davon springt die Wunde an ihrer Lippe auf, und sie leckt darüber, damit es nicht weh tut. »Da kann ich mich weiß Gott nicht dran erinnern. Alle möglichen. Junge, alte, dicke, dünne. Ein paar noch halbe Kinder. Der ist ein richtiger sauteur de clôtures. Der steckt ihn überall rein.«
»Und Sie?«
»Na ja, ein paarmal begegneten wir uns auf der Treppe, und da ist er mir mit der Hand untern Rock gegangen. Aber weiter war nichts. Ich glaube, der hatte Angst vor –«
»Angst vor diesem Arnaud, den Sie seit vier Wochen nicht gesehen haben?«
Sie zuckt die Achseln, ärgerlich, daß ihr das rausgerutscht ist.
»Na schön. Wie lange wohnt dieser Verdini schon hier?«
»Zwei Monate vielleicht. Ich kann mal im Mietenbuch nachsehen, wenn Sie
Weitere Kostenlose Bücher