Ein Highlander zu Weihnachten
Fahrerlaubnis, kann mir aber kein Auto leisten. Ich fahre mit der MTA – unserem öffentlichen Nahverkehrssystem hier – oder Taxis.«
Ach, was war dies doch für ein verwirrender Ort. Als sie nach links auf eine Hauptstraße bogen, stockte ihm der Atem beim Anblick Dutzender hell erleuchteter Gebäude, wie er sie bislang nur von Weitem gesehen hatte. Sie waren alle so hoch und standen so dicht gedrängt, dass sie ihm wie Berge vorkamen.
Neben ihm murmelte Claire: »Wir nennen sie Wolkenkratzer. Das hier ist das Bankenviertel. In den meisten dieser Gebäude sitzen Unternehmen, die mit Aktien handeln, Versicherungen oder Banken.«
In Edinburgh gab es solche Firmen. »Sehr beeindruckend.« Aber wie Menschenhand so hoch hinausbauen konnte, blieb doch unbegreiflich.
»Jetzt kommen wir in die Einkaufsgegend. Also – auf den Markt.«
Er starrte auf die hell beleuchteten, geräumigen Schaufenster und schüttelte ungläubig den Kopf, da er sich etwas so Fantastisches nie hätte träumen lassen. Plötzlich fluchte der Fahrer, und Cameron beobachtete ihn aufmerksam. Die Maschine zu steuern, sah ganz einfach aus. Er beugte sich nach vorn und stellte fest, dass der Fahrer zwei Fußpedale bediente – wie bei einem Webstuhl. Rechtes Pedal: fahren. Linkes Pedal: bremsen. Wie die Handbremse an einem Wagen. Sehr gut. Sollte jemals die Notwendigkeit bestehen, würde er das auch schaffen.
Wieder fuhren sie an einem bärtigen Mann vorbei, der leuchtend rot gekleidet war und eine Handglocke läutete. Cameron sagte: »Ihr habt, scheint’s, eine immense Zahl von Bischöfen bei euch.«
Claire runzelte die Stirn und lehnte sich zu ihm hinüber, um aus dem Fenster zu schauen. Als ihr Haar sein Kinn streifte, nahm er wieder den Duft von Lavendel wahr.
»Oh, das sind keine Bischöfe. Das sind Freiwillige, die sich als Weihnachtsmann verkleidet haben, als heiliger Nikolaus. Sie arbeiten für die Heilsarmee. Siehst du den Eimer da? Die Leute werfen im Vorbeigehen etwas Geld hinein, von dem dann die Obdachlosen gespeist und beherbergt werden.«
»Eine interessante Art, Almosen zu sammeln.« Aber gewiss auch ein seltsamer Heiliger. »Bezahlt ihr auf diese Weise auch Steuern?« Das wäre ein weitaus gerechteres System als der vorgeschriebene – und oftmals ausbeuterische – Zehnte, den sein Volk zu entrichten hatte.
Sie lehnte sich mit einem Lächeln zurück. Ihre Wärme und der bezaubernde Duft verschwanden. »Nein. Aber ich wünschte, es wäre so.«
Sie hielten an, und Claire gab dem Fahrer mehrere grüne Papiernoten. »Hier steigen wir aus.«
Er öffnete den Türriegel und fand es herrlich, sich auszustrecken und wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, wenngleich auch so schneematschbedeckten. Er bot Claire die Hand. »Milady?«
Sie sah etwas verdutzt drein, ergriff sie aber. »Danke sehr.«
Er hatte eigentlich ihr zu danken. Und dem Kutscher seinen Lohn zu zahlen.
Sie führte ihn an zwei Toren vorbei und hielt vor dem dritten an. Er wünschte sich, ein Wort unter vier Augen mit ihr zu wechseln. Daher legte er ihr eine Hand ins Kreuz und schob sie sanft in einen stillen Winkel, fort aus der Zugluft und dem Strom der gehetzt herein- und hinauslaufenden Kunden. »Gnädige Frau, auf ein Wort bitte, ehe wir hineingehen.«
»Ja?«
Oh, wie er es hasste, seinen Stolz hinunterschlucken zu müssen! Aber das musste er, denn wäre sie nicht gewesen …
»Ich habe die Obrigkeit nicht gebeten, dich herbeizurufen.« Er wäre in dem Abgrund eher verschmachtet, als dass er sich soweit erniedrigt hätte. »Sie haben das von sich aus getan. Aber ich danke dir allerehrerbietigst dafür, dass du gekommen bist, und gelobe, dir dieses unerhörte Lösegeld zurückzuerstatten, sobald ich nur irgend dazu imstande bin.« Er konnte immer noch nicht glauben, welche Summe diese dreimal verfluchten Kuhtreiber für seine Freilassung von ihr gefordert hatten. Man hätte meinen können, er sei königlichen Geblüts.
Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn einen Moment lang prüfend. »Wirklich?«
»Ja, das werde ich ganz bestimmt.«
»In Ordnung. Und da uns noch allerhand bevorsteht, möchte ich, dass du mich Claire nennst und nicht gnädige Frau.«
Sie lächelte dabei, und ihre Augen spiegelten ein Mitgefühl wider, das er nicht verdient hatte, aber nichtsdestotrotz herzerwärmend fand. Sie war vertrauensvoller und gutgläubiger, als für sie selbst gut war. Diese Entdeckung verstörte ihn. »Ja, unter der Bedingung, dass du mich Cam
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