Ein Highlander zu Weihnachten
vorhin die Krawattenauslage geordnet hatte. »Ja – würde es Ihnen etwas ausmachen, da reinzugehen und herauszufinden, was er auszusetzen hat?«
»Mit dem allergrößten Vergnügen.« – »Danke sehr.« Einen Augenblick später hörte sie Cam in drei Sprachen fluchen, und der Verkäufer kam mit um den Hals baumelndem Metermaß aus der Kabine heraus. Mit einem Grinsen erklärte er ihr: »Der Herr braucht eine bequemere Passform. Diese muskulösen Oberschenkel, wissen Sie. Ich bin sofort wieder da.«
»Oh … danke.« Was wusste sie denn schon von Herrenmoden!
Der Verkäufer kam zurück. Er schien die Hälfte aller Kleidungsstücke der Herrenabteilung in den Armen zu tragen. Ihr sank der Mut. Sie stellte sich den Schaden vor, den Levi’s und Lauren auf ihrem Bankkonto anrichten würden, und blieb deshalb stumm, als der Verkäufer ihr mit einem Paar schwarzer Unterhosen zuwinkte, ihr zuzwinkerte und in der Umkleidekabine verschwand. Gleich darauf erschien er wieder.
»Ich erwarte Sie dann an der Kasse, sobald Sie so weit sind.«
Da wette ich drauf.
»Danke sehr.«
»Ganz meinerseits. Soviel nackte Männlichkeit bekomme ich nicht oft unverhüllt zu sehen.«
Kein Wunder, dass MacLeod vor sich hinfluchte.
Sie brauchte nicht mehr lange zu warten, bis Cam stirnrunzelnd herauskam, im Kilt und mit einigen Kleidungsstücken über dem Arm. »Das hier sollte genügen.«
»Alles in Ordnung?«
Er nickte. »Du lebst an einem sonderbaren Ort, Claire. Sehr sonderbar.«
Sie wollte es gar nicht so genau wissen und sagte: »Komm, jetzt suchen wir noch ein Paar Schuhe für dich.«
Diese Aufgabe erwies sich als einfacher, als sie erwartet hatte. Er hatte Größe 46 und mochte Turnschuhe. Aber als er versuchte, damit in die Überstiefel zu steigen, kam er einfach nicht hinein. Sie nahm einen in die Hand und sah ihn sich an. »Kein Wunder. Die sind ja zwei Nummern zu klein.«
Er verzog das Gesicht und betrachtete seine Füße. »Das habe ich wohl bemerkt.«
»Na fein.« Sie rang sich ein Lächeln ab und wandte sich an den Verkäufer, der sich unauffällig in Rufweite aufhielt. »Bitte zeigen Sie uns doch ein paar Stiefel.«
Draußen vor dem Laden zeigte Claire nach rechts. An jedem ihrer Arme hing eine Einkaufstüte. »Das Spezialgeschäft für Übergrößen liegt in der Richtung. Da sollte es Mäntel geben, die dir passen.«
»Claire, ich brauche keinen Mantel. Es ist gar nicht so kalt, und du hast schon genug von deinen Talern ausgegeben.«
Claire musste immer wieder anderen Passanten ausweichen. Von irgendwoher waren Bruchstücke von What Child Is This zu hören. Um sie zu übertönen, musste Claire schreien: »Glaub mir, du brauchst bestimmt einen.«
Cam brummelte vor sich hin. Seine Aufmerksamkeit wurde von einem Schaufenster angezogen, in dem mehr schimmernde Geräte ausgestellt waren, als er je zuvor in seinem Leben gesehen hatte. »Claire, ist das …«, er wies auf ein glänzendes, schwarz-silbernes Rohr auf einem Stativ, »wirklich ein Fernrohr?« Sein Vater besaß eines, aber dieses glich keinem, das er bisher gesehen hatte.
Sie warf einen Blick auf den Gegenstand, auf den er zeigte. »Ja, das ist ein ganz raffiniertes, das man an den Rechner anschließen kann.«
Er zeigte auf einen wunderlichen Stuhl. »Und das da?«
»Das ist ein vibrierender Massagesessel. Dieser Laden – Sharper Image – ist auf alle möglichen Sachen spezialisiert, die Männer sich wünschen, die sie aber nicht wirklich brauchen. Komm jetzt.«
Ein paar Schritte weiter blieb er plötzlich vor einem bunt geschmückten Fenster stehen, in dem hübsche Puppen mit großen weißen Flügeln dekoriert waren. »Claire!«
Sie war schon einige Meter weitergegangen und drehte sich jetzt zu dem Fenster um, auf das er mit offen stehendem Mund zeigte. Die Puppen waren nur mit strategisch geschickt platzierten Nichtigkeiten aus scharlachfarbener Spitze bekleidet.
»Was für eine Art Laden ist denn das?«
Sie verzog einen Winkel ihres üppigen Mundes zu einem Lächeln. »Dieser Laden heißt Victoria’s Secret, und die Kleider sind Dessous. Was die schönen Frauen mit viel Geld unter ihren Kleidern tragen, um damit die Männer in ihrem Leben zu bezaubern. Komm jetzt endlich.«
Er musterte Claire, als sie ihm mit schnellen Schritten vorauseilte, und stellte sich ihr Hinterteil in Scharlachspitze vor. Ach, eine Augenweide wäre das.
Das Lächeln verging ihm, als er auf die beiden schwarzhaarigen Männer mit durchstochenen Antlitzen aufmerksam
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