Ein Highlander zu Weihnachten
kann ich unten im Laden. Du hast nichts von mir zu befürchten. Und überdies kann dir ein Mann im Hause, der die schweren Sachen hebt und derlei mehr, nur nützen.«
Claire seufzte hörbar. »Cam, ich weiß, dass du mir kein Härchen krümmst, aber …«
Ein ohrenbetäubendes Krachen, auf das regelmäßige Heul-töne folgten, brachte sie zum Verstummen. Sie schoss von ihrem Stuhl hoch, schnappte sich einen Gehstock aus dem Schirmeimer an der Tür und rannte aus der Wohnung. Cam erkannte das Getöse wieder, das durchs ganze Haus schallte. So hatte es sich tags zuvor angehört, als er aus dem Haus ausgebrochen war. Er sprang auf und rannte hinter Claire her, Brindle folgte ihm auf den Fersen. Im ersten Stock kam Mrs Grouse mit einem Nudelholz in der Hand aus ihrer Wohnung. »Nicht
schon wieder!«
»Bleiben Sie drin!«, befahl ihr Cam.
Mit heftig pochendem Herzen gab Claire an der Alarmanlage den Nummerncode ein. Als sich herrliche Stille über den Laden senkte, lief Cam an ihr vorbei und durchbrach die zerschmetterte Türscheibe.
Sie ahnte, was er vorhatte. Aber sie fürchtete, die Ganoven könnten mit Revolvern oder etwas anderem bewaffnet sein, und schrie: »Nein!« Doch es war zu spät.
Er setzte die Treppe hinunter und rannte den sich entfernenden Rücklichtern hinterher.
Claire steckte den Kopf aus der Tür und reckte ihren Hals. Sie konnte sehen, dass das Auto sich der nächsten Straßenecke näherte und Cam geringe Aussichten hatte, es einzuholen. Halb hoffte sie sogar, dass er es nicht schaffte. Sie blickte ihnen nach, bis sie alle um die Ecke verschwunden waren.
Hinter ihrem Rücken fragte Brindle: »Wer macht denn nur so etwas?« Kopfschüttelnd betrachtete er die Glassplitter zu seinen Füßen. Sie wollte ihm gerade antworten, als sie Schritte hinter sich hörte und Cam die Treppe heraufkam. Er keuchte, und weiße Atemwolken standen ihm vorm Gesicht.
»Es tut mir leid, Mädchen. Sie sind entkommen.«
Man soll nicht undankbar sein. »Vielen Dank für deine Mühe.«
Claire knipste das Licht an. Der warme Schein der sechs sorgsam restaurierten und noch unversehrten Kandelaber wirkte einigermaßen tröstlich auf sie. Aber dann entdeckte sie die Überreste der Mahagonivitrine in der Ladenmitte neben dem Spiegel.
Was immer die Kerle hereingeworfen hatten – wäre es auch nur eine halbe Armeslänge weiter links eingeschlagen, hätte sie den Barockspiegel aus dem 18. Jahrhundert verloren. Das war ihr wertvollster Besitz. Nach dem ersten Einbruch hätte sie den Spiegel und die besten Stücke weiter nach hinten räumen sollen, denn dort standen sie sicherer. Aber nein, sie hatte sich überlegt, dass ihre Schaustücke etwa zehn Meter vom Fenster entfernt sicher genug platziert wären, zumal sie schließlich auch etwas darstellten und ihr Laden sich genau damit von seiner besten Seite zeigte. Und jetzt brauchte man sich nur einmal die hübsch geschwungene Vitrine anzusehen …
Ein heftiges Schluchzen stieg ihr in der Kehle hoch. Sie merkte, wie Cam ihr den Arm um die Schulter legte und sie sanft an sich zog. »Schhh, Claire … das wird schon wieder gut.«
»Nein, wird es nicht. Diese Vitrine da ist aus den 1820ern. Das Glas ist unersetzlich. Und die Dreckskerle, die das gemacht haben, hören ja nicht damit auf … erst, wenn ich sie bezahle.«
»Bezahlst wofür?«
Hinter ihm sagte Brindle: »Werden Sie von irgendwem erpresst, Miss MacGregor?«
Gegen ihren Willen löste Claire sich aus der tröstlichen Wärme von Cams Umarmung. Das war ihre Sorge, nicht seine. »Eine Jugendbande, Mr Brindle. Halbgare Bengel, die einen Hunderter pro Woche verlangen … um mein Eigentum zu schützen.«
»Haben Sie die Polizei benachrichtigt?«
Claire machte ein abfälliges Geräusch und schnappte sich den hohen Mülleimer, das Kehrblech und den Besen, die hinter dem Tisch lagen. »Ja. Dreimal. Und Sie können sehen, was es mir gebracht hat.«
Cam kniete vor dem Spiegel nieder und fluchte plötzlich.
Sie meinte, er habe sich an den Glasscherben geschnitten und ging zu ihm. Anstelle einer verletzten Hand hielt er ihr einen alten Ziegelstein mit Mörtelresten entgegen.
»Ich glaube, der hier war für dich.«
Ihr sackte das Blut aus dem Kopf, als sie die darauf geschmierte Botschaft las:
Bis nächstes Mal, du Miststück.
Sie hätte sich denken sollen, dass die Drohungen eskalieren würden. Und sie musste sich eindeutig um mehr Sorgen machen als zerschlagenes Glas und ihre Wenigkeit – nämlich Martha Grouse. Was
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