Ein Highlander zu Weihnachten
geweint, Mädchen, leugne es doch nicht. Und so deutlich wie das Blut auf seinem Gesicht«, er zeigte auf den weißlichen Fleck auf der Hose des Mannes, »kann man sehen, dass er die Ursache dafür ist.«
»Nein – ihm ist ein Stück Kuchen auf die Hose gefallen. Und ich habe nicht geweint, weil er irgendwas getan hat, sondern weil wir über Tavish gesprochen haben und über diese – diese alberne Situation!« Sie schnaufte und stand auf. »Hilf ihm auf die Beine.«
Wie konnte er wissen, dass der Mann nichts angestellt hatte? Den Mantel hatte der Anwalt abgelegt, seine Krawatte saß schief. Nein, man konnte ihm, Cam, nicht zum Vorwurf machen, dass er das Schlimmste vermutet hatte.
Er griff nach Brindles Arm, aber der wehrte ihn ab. »Nein, ich komme allein zurecht, vielen Dank.«
»Wie Sie möchten.«
Cam überließ den Mann sich selbst und folgte Claire in die Küche. Sie holte ein paar kleine Eisblöcke aus dem Eisschrank und wickelte sie in ein Tuch.
»Hier, gib das Mr Brindle. Ich mache so lange noch etwas Kaffee.«
»Ja – und bitte verzeih mir. Obwohl ich sagen muss, dass ich dich ungern darum bitte. Ein Mann hat überhaupt keinen Grund, sich in Gegenwart einer einzelnen Frau zu entkleiden, außer er …«
Sie legte ihm einen Finger auf den Mund. »Cam, hör mir zu. Du befindest dich jetzt in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort. Die Sitten haben sich geändert. Wenn du nicht aufhörst, weiterhin immer die falschen Schlüsse zu ziehen, dann wirst du derartige Scherereien bekommen, dass nicht einmal Mr Brindle dir noch heraushelfen kann.«
Aber manche Dinge – zum Beispiel, ob man seine Kleidung in Gegenwart einer nicht näher bekannten Dame anbehielt oder nicht – würden sich nie ändern. »Wie du meinst.«
»Allerdings. Jetzt bring Mr Brindle das Eis, und dann können wir vielleicht mit der Sache weitermachen, die jetzt ansteht. Nämlich dir eine Haftstrafe zu ersparen.«
Mr Brindle saß auf der Couch und hielt sich die aufgeplatzte Lippe. Cam streckte ihm das Eis hin.
Der Anwalt warf ihm einen misstrauischen Blick zu, nahm aber das Eis von ihm entgegen und drückte es gegen seinen Mund. Kurz darauf fragte er: »Sind Sie immer so gewalttätig?«
»Seit wann gilt es als gewalttätig, die Ehre eines Mädchens zu verteidigen?« Er warf einen Blick auf den schweren Siegelring, den der Mann an der rechten Hand trug. Also ein Lord. Und ohne Zweifel gewohnt, sich zu nehmen, was ihm beliebte.
Der Mann verdrehte die Augen und seufzte. »Claire hat mir die Vorfälle aus ihrer Sicht geschildert. Jetzt muss ich sie noch aus der Ihren hören.« Er legte den Eisbeutel hin, zog einen Stoß Papier zu sich und nahm sein Schreibgerät in die Hand. »Wo wurden Sie geboren?«
Bei allen Heiligen – jetzt ging das wieder los. »Ich bin in Rubha, Schottland, geboren. An Hogmanay im Jahre unseres Herrn 1716.«
Mr Brindle brummelte vor sich hin, während er sich Notizen machte. Er stellte nicht nur weitere Fragen nach Cams persönlicher Vergangenheit, sondern auch nach seinen Kenntnissen über den Landesherrn, die Kirche und die Ortschaften, die er besuchte hatte.
»Wie viele Sprachen beherrschen Sie fließend?«, fragte Brindle.
»Was hat das mit meiner Festnahme zu tun?«
Der Anwalt legte seinen Füllfederhalter aus der Hand. »Mr MacLeod, ich versuche, den Wahrheitsgehalt Ihrer Geschichte zu ermitteln. Ich versuche herauszufinden, ob Sie tatsächlich der sind, für den Sie sich ausgeben. Vertrauen Sie mir. Ich werde jede einzelne Ihrer Angaben überprüfen. Also, wie viele Sprachen sprechen Sie fließend? Welche Sprachen lesen und schreiben Sie?«
»Die Bedeutung von fließend kenne ich, und die Antwort lautet: fünf. Wie viele sprechen Sie?«
Brindle überhörte Cams Frage und sagte: »Bitte zählen Sie sie auf.«
»Gälisch, Schottisch, Englisch, Französisch und Latein.«
Der Mann schob ihm das Papier und den Stift über den Tisch zu: »Beweisen Sie es mir.«
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, nahm Cam den Stift und schrieb Sir, Sie sind ein unerträglicher Esel. in allen fünf Sprachen auf.
Als er ihm Stift und Papier gerade zurückgab, kam Claire mit einem Tablett mit frischem Kaffee und dem Rest von Mrs Grouse’ Kuchen herein. Er stand auf, nahm ihr das Tablett ab und stellte es auf den Tisch. Er bot ihr den Stuhl an, auf dem er gesessen hatte und meinte: »Mr Brindle hält mich für einen Betrüger.«
Brindle war ungehalten. »Ich habe Sie niemals als Betrüger bezeichnet.«
»Das
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