Ein Highlander zu Weihnachten
ein? Lass mich los!«
»Nein. Ich bin müde bis auf die Knochen, Mädchen. Vor allem, weil du alle Stunde einmal nach oben und wieder hier heruntertappst. Stündlich. Und dabei brauchst du auch deinen Schlaf.«
Sie wand sich und versuchte, seinem Griff zu entkommen. Dabei presste sie ihr Hinterteil nur um so fester in seinen Schoß. Er fühlte, wie ihm das Blut in die Lenden schoss – kein Wunder, da er geschlafen und offenbar seit mehr als zwei Jahrhunderten bei keiner Frau gelegen hatte. Er rückte mit den Hüften von ihr ab. »Verdammt, Mädchen, dein Hintern ist auch winterlich.«
»Winterlich?«
»Eiskalt, Mädchen, wie ein zugefrorener See.«
»Ist er gar nicht. Und ich wäre dankbar, wenn du nicht so herumfluchen würdest.«
»Ist er wohl, und du fluchst hier die ganze Zeit.«
»Das stimmt nicht!«
»Stimmt wohl.« Er zog das schwere Schafsfell, mit dem sie ihn zugedeckt hatte, über sie und wisperte in ihr schimmerndes, nach Lavendel duftendes Haar: »Und jetzt schlaf endlich oder ich erdrücke dich, das schwöre ich dir.«
8
Sie erdrücken?
Was war denn das für eine Androhung? Sie verdreschen, erdrosseln, zu Brei schlagen, was auch immer. Aber erdrücken? Nein.
Sie wandte den Kopf und sah, dass MacLeods Augen geschlossen waren. Seine langen, geschwungenen Wimpern berührten seine schön geformten Wangenknochen. Beim Schein der Straßenlaterne studierte sie seinen weichen Mund, seine glatte Stirn, den schweren, aber entspannten Arm um ihre Mitte. Sie merkte, wie sich seine Brust hob und senkte und mit den ruhigen Atemzügen eines tief und fest schlafenden Mannes ganz sachte ihren Rücken berührte. Sie fragte sich, ob er wirklich so tief und fest schlief.
Egal – auf jeden Fall musste sie sich jetzt nicht mehr seine betörende Stimme anhören, von der ihr nur die Knie weich wurden. Allerdings würde sie ohnehin nicht so bald einschlafen, mit diesem Muskelpaket neben sich, dieser enormen Körperwärme und dem männlichen Geruch, die sie bis zur letzten Faser durchdrangen.
Liebe Güte, was roch er gut. Auch wenn er ihr ganzes, neu gekauftes Lavender-Fields-Haarshampoo aufgebraucht hatte. Sollte ihr das nicht eine Lehre sein, sich beim nächsten Mal präziser auszudrücken?
Sie hatte ihm gesagt, dass Shampoo zum Haarewaschen war. Dabei hatte sie nicht damit gerechnet, dass er es auf seine gesamte Körperbehaarung anwenden würde, die er, sofern ihre Erinnerung sie nicht trog, so ziemlich überall hatte. Außer auf dem Rücken, und das war auch gut so. Für pelzige Rücken hatte sie nichts übrig, egal wie weich das Haar sein mochte.
Wirklich sehr gut war das, weil sein Typ – der starke, wortlose, der total umwerfende Typ – sich aus hausbackenen Mäusen wie ihr normalerweise nichts machte. Solche Kerle waren immer hinter den goldigen Tracy Simpsons dieser Welt her.
Sie seufzte wehmütig, auf eine Weise, für die ihre Mutter sie – hätte sie sie nur hören können – gerügt hätte: Traumtänzer kommen nie an irgendein Ziel, Kind.
Sie hätte diese verwünschte Schachtel nie und nimmer öffnen dürfen. Aber jetzt war es zu spät, und allem Anschein nach war die ganze Sache nicht rückgängig zu machen. Oder vielleicht doch?
Sie hatte Cam einen Gefallen tun wollen und ihm versprochen, ihm nach dem Frühstück die Bibliothek zu zeigen. Dabei hatte sie die Hoffnung gehegt, ihn mit sämtlichen in der Bibliothek verfügbaren Büchern über Schottland zu versorgen und ihn dann etliche Stunden lang sich selbst zu überlassen. In der Zeit hatte sie eigentlich Mr Brindle noch einmal verschärft nach dem Geld fragen wollen, das Tavish ihr hinterlassen hatte, aber vielleicht sollte sie selbst auch ein paar Recherchen anstellen. Über altertümliche Flüche. Die Bibliothek hatte doch bestimmt etwas Nützliches zu dem Thema zu bieten. Falls nicht, konnte sie immer noch eine Suchanfrage über den Bibliotheksdienst in Auftrag geben. Oder einmal nach Salem fahren.
»Cam, schläfst du?«
Er brummte. Ein Hauch von Schokolade und Pfefferminz – von Mrs Grouse’ After-Eight-Kuchen – wehte sie an. »Jetzt nicht mehr.«
Sie lächelte. »Du hast überhaupt nicht geschlafen, sonst hättest du mich nicht flüstern gehört.«
»Ich habe eben ein ausgezeichnetes Gehör.«
Daran zweifelte sie nicht. »Glaubst du an Hexen? Dass es wirklich welche gibt? Ich meine, glaubst du ehrlich, dass sie mehr sind als bloß begabte Heilerinnen? Dass sie magische Kräfte besitzen?«
Er rümpfte hörbar die Nase.
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