Ein Himmel voller Sterne
spiegelte Skepsis, aber auch Ironie wieder.
Annette zog es vor, das Büro von Karin Habermann wieder zu verlassen. Die hatte heute wohl nicht ihren besten Tag.
Als sie in ihr Büro kam, leuchteten ihr gelbe Rosen entgegen.
„Die hat eben ein Blumenbote für Sie abgegeben“, erklärte ein junges Mädchen, das seit einem Monat ein Praktikum bei KORY-Moden machte und in Annettes Abteilung als „Mädchen für alles“ eingesetzt wurde.
„Danke.“ Annette setzte sich und griff nach der Karte, die dem Strauß beigefügt war.
Für meine Traumfrau – damit Du mich nicht vergisst. Ich freu mich auf das Wochenende und unser Wiedersehen – Andreas
„Dieser verrückte Kerl“, flüsterte Annette. Es war gerade mal zwei Stunden her, dass sie sich getrennt hatten, und schon verwöhnte er sie mit Aufmerksamkeiten.
Für eine Weile gestattete es sich Annette Berger, versonnen auf die wunderbaren Rosen zu sehen. Dann aber griff sie energisch zu der ersten Unterschriftenmappe, die schon auf ihrem Tisch lag. Danach kam eine Unterredung mit der Leiterin der Schneiderei, dann zwei kurze Anrufe in München und in Mailand, wo Zulieferbetriebe leider nicht pünktlich arbeiteten.
Und während sie telefonierte, dachte sie: Verdammt, Karsten, das wär eigentlich dein Job gewesen! Wieso hast du dich nicht wenigstens vorher mit mir abgestimmt, bevor du dir einfach frei genommen hast?
Aber es war müßig, jetzt noch zu jammern. Sie stürzte sich mit gewohntem Elan in die Arbeit, und ehe sie es sich versah, war es zwanzig Uhr abends.
Gerade studierte sie ein paar Entwürfe für sportlich-elegante Herbstkostüme, als das Telefon klingelte. Annette runzelte die Stirn. Sie wollte jetzt nicht gestört werden! Schnell vervollständigte sie noch zwei Zeichnungen – skizzierte hier einen eleganteren Faltenwurf, schraffierte dort einen Pelzkragen, der dem Modell noch mehr Pfiff verleihen sollte.
Wieder Telefonterror!
„Ja bitte!“ Ihre Stimme verriet deutlich ihren Unmut.
„Hier ist ein Herr – er wartet jetzt schon eine Stunde auf Sie.“ Der Pförtner klang ein wenig unsicher.
„Wer ist es denn?“
Eine kleine Pause, dann eine warme dunkle Stimme, durch die ein Lächeln schwang: „Ein Mann, der Hunger hat und dem es ohne deine Begleitung nicht schmeckt!“
„Andreas! – Waren wir verabredet?“
„Das nicht. Aber ich bin sicher, dass du auch Hunger hast. Und dich so sehr nach mir sehnst wie ich mich nach dir.“ Wieder ein kleines Lachen. „Sag jetzt nur nicht nein, dann nähmst du mir alle Illusion.“
„Ich … ich stecke noch mitten in der Arbeit.“
„Hat die Beine?“
„Wie … wie meinst du das?“
„Sie läuft dir sicher nicht davon, deine Arbeit. Also, lass es gut sein für heute und komm mit. Ich hab in einem kleinen Lokal am Hafen einen Tisch für uns bestellt.“
„Ich …“ Annette biss sich auf die Lippen. „Ich bin gar nicht darauf eingestellt.“ Instinktiv griff sie sich ans Haar und machte sich bewusst, dass sie eigentlich dringend zum Frisör müsste. Und ihr Outfit … na ja, das ging so.
„Ich bin in zehn Minuten da“, sagte sie in den Hörer. Und dann lief sie aufgeregt von einem Platz zum anderen – kämmen, Make up erneuern, Parfüm aufsprühen, eine frische Bluse aus der Kollektion des letzten Sommers nehmen … sie lachte über sich selbst, weil sie sich wie ein Teenager benahm. Aber war sie nicht wirklich so verliebt wie einst als Siebzehnjährige?
„Nein“, sagte sie leise vor sich hin, während sie zum Ausgang ging, „heute ist es viel, viel schöner: Und aufregender!“
Der Begrüßungskuss ging unter die Haut. Und Andreas’ Arm, der sich auf dem kurzen Weg zu seinem Wagen um sie legte, war schon unendlich vertraut.
„Wunderschön ist es hier.“ Sie sah sich in dem kleinen, gemütlich eingerichteten Lokal um. Hellgelber Damast auf den Tischen, Bienenwachskerzen in kleinen silbernen Leuchtern. Von ihrem Platz aus hatte man einen ausgezeichneten Blick über den Hafen mit seinen gigantischen Anlagen. „Ich war noch nie hier.“
„Insidertipp“, lachte Andreas. „Nichts für Promis.“
„Das bin ich ja auch nicht.“ Sie sah ihn vorwurfsvoll an. Aus seinem Mund hörte sich das Wort „Promi“ wie ein Schimpfwort an.
„Nein, bist du nicht. Du lebst nur in einer anderen Welt als ich. Aber dennoch … ich weiß, dass wir zusammen gehören.“
Sie nickte nur – und sah überrascht zu dem Kellner hoch, der soeben Champagner brachte. „Auf unseren ersten
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