Ein Himmel voller Sterne
Amerikaner lachte. „Geschwommen bin ich nicht.“ Er umarmte Bettina herzlich. „Ich hab den Job hier von meiner Agentur angeboten bekommen. Du, ich bin zurzeit richtig gut im Geschäft. Und das verdanke ich dir.“
Bettina winkte ab. „Ach was, das ist allein dein Verdienst. Du kannst was, kannst dich bewegen, ein bisschen schauspielern … all das, was man braucht vor der Kamera.“ Sie hängte sich bei ihm ein und ging mit ihm hinüber zu den drei großen Wohnwagen, die am Ortsrand von Keitum aufgestellt worden waren. Hier war das „Zentrum“ der Fotoproduktion: Büro, Styling-Ort, Umkleidekabine.
„Als mich die Agentur anrief und fragte, ob ich in Germany einen kleinen Job annehmen würde, hab ich natürlich zugesagt. Ich konnte doch nicht ahnen, dass du hier fotografieren würdest!“
Bettina lächelte. „Das hab ich vor einer Woche auch noch nicht gewusst. Aber ein Kollege hat einen Auftrag der Deutschen Botschaft in Moskau bekommen. Den konnte er einfach nicht ablehnen – und so bin ich eben hier.“
„Dabei magst du keine Modefotografie.“ Er grinste vielsagend.
Bettina grinste zurück. „Mein Konto mag sie schon. Und wir wollen ja schließlich nach Namibia, oder?“
James umarmte sie stürmisch. „Du hast es nicht vergessen! Ehrlich, darauf spar ich auch schon jeden Cent, den ich erübrigen kann.“
„Dann sind wir schon zwei.“ Bettina öffnete die Tür des größten Wohnwagens. „Komm, ich mach dich mit den Mädels bekannt, die schon da sind. Und natürlich mit Annette Berger. Sie ist Vertreterin des Auftraggebers.“
Annette war vom guten Aussehen des Amerikaners begeistert. Und von seinen formvollendet guten Manieren erst recht! „Ein irrer Typ“, flüsterte sie Bettina zu.
„Finde ich auch. Und wahrscheinlich ein gutes Dutzend von smarten Burschen in Kalifornien auch.“
Annette verdrehte die Augen. „Es ist eine Schande! Die besten Kerle sind schwul!“
Bettina lachte. „Du darfst dich nicht beklagen. Dein Andreas ist ein Traummann!“ Sie waren gestern Abend zusammen essen gewesen, und spontan hatten sich alle geduzt – etwas, das normalerweise bei Annette nicht üblich war. Sie fand, dass eine gewisse Distanz im Berufsleben angebracht war.
„Tja, der ist aber schon vergeben!“
„Na gut, dann werde ich meinen Frust einfach mal wieder mit Arbeit kompensieren.“ Bettina lachte zu ihren Worten, doch tief im Innern gestand sie sich ein, dass es genau so war. Hin und wieder floh sie förmlich in die Arbeit, damit ihr nicht so deutlich bewusst wurde, wie allein und einsam sie doch im Grunde genommen war.
Zwei Tage lang arbeiteten sie fast zwölf Stunden. Bettina bevorzugte das frühe Tageslicht, aber auch die langen Schatten des nahenden Abends fing sie ein. Das Team war perfekt, und rasch stand fest, dass es eine sehr, sehr gute Produktion werden würde.
Keitum, das ehemalige Kapitänsdorf, besaß für Sylt ungewöhnlich viel Baumbestand. Einige der alten Ulmen waren schon im 19. Jahrhundert gepflanzt worden. Bettina konnte es sich nicht verkneifen, ein paar Fotos für ihr privates Album zu machen – die knöchernen alten Bäume hatten einen ganz besonderen Reiz.
Und auch die zum Teil weit über hundert Jahre alten Häuser zogen sie wie magisch an. James, der sie am zweiten Abend begleitete, war begeistert. „So was hab ich daheim noch nicht gesehen“, gestand er. „So klein – aber wundervoll!“
Bettina lachte. „Stell dich mal dort neben die alte Haustür! Und sieh nur, was drüber steht!“
James, fast einsneunzig groß, stellte sich neben die alte, grün gestrichene Holztür, über der die Zahl 1698 prangte.
Bettina machte ein paar Aufnahmen, auch von der kleinen, bunt gefleckten Katze, die auf einmal unter einem blühenden Rosenbusch hervorkam und die beiden Fremden aus respektvoller Entfernung, aber neugierig betrachtete. Nur als James sich bückte und sie streicheln wollte, fauchte sie und zog sich in ihr sicheres Versteck unterm Rosenbusch zurück.
„Also, die steht nicht auf dich“, lachte Bettina.
„Frauen … ich sags ja immer, mit denen hab ich meine Probleme.“
Bettina hing sich die Kamera um. „Das ist das Netteste an dir – dass du über dich selbst lachen kannst“, meinte sie. „Die wenigsten Menschen sind dazu in der Lage.“
James legte den Arm um sie. „Nun tu mal nicht so, als würdest du keine netten Leute kennen. Annette und ihr Doc, zum Beispiel, sind klasse. Und auch Jenny und Olivia … Profis im Job, sympathisch und
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