Ein Himmel voller Sterne
Unfallfahrer sowohl Alkohol als auch Drogen konsumiert gehabt hatte. Der Wagen gehörte seinem Vater, einem wohlhabenden Fabrikanten, der sich zurzeit in Hamburg aufhielt.
„Da wird mal wieder jedes Klischee bedient“, murmelte Andreas. „Verwöhntes Millionärssöhnchen schlägt über die Stränge – und unbescholtene Mitmenschen müssen drunter leiden.“
„Ein Klischee, Sie sagen es.“ Der ältere Arzt schenkte den Cognac ein. „So etwas kann immer und in allen Gesellschaftsschichten passieren.“
„Ich weiß.“ Andreas trank einen Schluck Cognac. Er belebte ein wenig, beruhigte seine aufgepeitschten Nerven. Als auch der Kaffee getrunken war, stand er auf.
„Danke für alles, Herr Kollege. Jetzt würde ich gern nach Frau Berger sehen. Sie gestatten?“
„Selbstverständlich. Sicher ist sie noch auf der Wachstation. Ich bringe Sie hin.“
Schon wenig später konnte sich Andreas davon überzeugen, dass es Annette den Umständen entsprechend gut ging. Still setzte er sich neben die geliebte Frau und nahm ihre Hand in seine. Es dauerte nicht mehr lange, da kam Annette zu sich.
„Was … was ist passiert?“
„Du hattest einen Unfall.“ Er beugte sie über sie und küsste sie behutsam. „Aber alles wird wieder gut. Keine Angst.“
„Ich … ich hab keine Angst. Du musst nur … du musst Karsten anrufen.“ Die Augen fielen ihr wieder zu.
„Diese Frau … denkt zuerst an die Firma, dann erst an sich.“ Dennoch lächelte er, zeigte es doch, dass Annette ganz klar war. Ein Blick auf die Uhr – es war kurz vor Mitternacht. Und so beschloss Dr. Fabian, erst am nächsten Morgen bei Karsten Korten-Ryhoff anzurufen und ihn vom Geschehen zu unterrichten.
+ + +
„Kinder, wir machen weiter wie von Annette geplant. Ich bin sicher, dass wir ihr so am meisten helfen.“ Bettina hatte eben den Anruf aus der Klinik erhalten. Nach dem ersten Schock informierte sie das Team, und alle waren ihrer Meinung. Es half Annette nichts, wenn man jetzt in Mitleid oder gar Entsetzen erstarrte. Sicher wäre es in ihrem Sinn, wenn konzentriert weitergearbeitet würde.
„Es kann sein, dass Herr Korten-Ryhoff noch eintrifft“, schloss sie. „Andreas Fabian hat ihn angerufen – eventuell trifft er im Lauf des Tages ein.“
Sie gestand sich nur widerwillig ein, dass ihr diese Vorstellung Herzklopfen verursachte. Obwohl sie den jungen Fabrikanten für leichtfertig und oberflächlich hielt, für einen Möchtegern-Casanova und Schmalspur-Playboy – Himmel, diese Bezeichnungen hatte sie nur in Stunden höchster Wut für ihn gefunden, doch jetzt zuckten sie wieder durch ihren Sinn – er war nun mal der Auftraggeber. Und mit ihm hatte sie demzufolge zu arbeiten.
Kurz nach Mittag traf er wirklich ein. „Viele Grüße von Annette Berger“, richtete er aus. „Sie ist schon wieder auf einem normalen Zimmer und wünscht sich, dass das Shooting weitergeht.“
„Klar doch. Das haben wir schon so abgemacht“, erklärte Carina, ein blondes Model mit superlangen Beinen und einem aparten Puppengesicht. „Ich freu mich, dass Annette wieder gesund wird.“
„Ich bin auch sehr erleichtert.“ Karsten trat zu Bettina. „Hallo. Da sehen wir uns eher wieder als gedacht.“
„Es ist wohl nicht zu vermeiden.“ Sie wandte sich wieder ihrer Fotoausrüstung zu, tat so, als sei er gar nicht vorhanden. Ruhig gab sie dem Team ihre Anweisungen.
Es passierte nicht mit Absicht – zumindest hätte Bettina es vehement bestritten, wenn man es ihr unterstellt hätte – dass sie James häufiger ansprach. Sie lächelte ihm zu, ging hin und wieder zu ihm und richtete seine Sachen, was nun wirklich nicht zu ihren Aufgaben gehörte.
Karsten registrierte es – und biss sich so fest auf die Lippen, bis er einen kleinen Blutstropfen schmeckte. Dieses Biest! Legte sie es darauf an, ihn zu provozieren? Das würde ihr nicht gelingen! Nicht, indem sie mit diesem Beau flirtete! Warum hatte man den überhaupt gebucht? Gab es in Europa nicht genug gut aussehende Jungs? Musste man da einen Ami nehmen?
Es gab nur ein Mittel gegen Frust: Kritik! Und Karsten begann zu kritisieren: an den Positionen der Models, an den Frisuren, an der Location, die Bettina ausgesucht hatte.
„So geht das doch nun wirklich nicht, Bettina!“ Seine Stimme klang hart. „Der Hintergrund ist viel zu fad. Da drüben sollten Sie die Aufnahmen machen, vor den alten Häusern.“ Oder: „Ich weiß wirklich nicht, warum gerade diese Perspektive optimal sein soll. Ich denke
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