Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
Stargazer das Echo von Stimmen, die seinen Namen riefen, und den donnernden Applaus, als er die Ziellinie überquerte. Ob er wohl weiß, dass du den Ehrgeiz hast, ihn wieder zum Sieger dieses Rennens zu machen?, fragte sich Estella. Als sie sich umwandten, um weiterzugehen, lächelte sie zu ihm auf. »Du weißt es, nicht wahr?«
Die nächsten drei Wochen vergingen wie im Flug. Jeden Morgen stand Estella bei Tagesanbruch auf. Nachdem Stargazer von Marty gefüttert worden war – der danach stets gleich davoneilte –, striegelte und massierte sie den Hengst. Wenn Mai da war, schaute sie Estella zu, und Binnie half ihr manchmal beim Harken des Hofes und beim Scheuern der Tröge. In diesen stillen Zeiten des Beisammenseins kamen die drei einander näher. Estella brachte Mai und Binnie ein besseres Englisch bei, und Mai und Binnie lehrten sie einige Wörter in der Sprache der Aborigines, wobei sie sich über Estellas Aussprache oft vor Lachen ausschütteten.
Estella unternahm lange Spaziergänge mit den beiden, manchmal begleitet von Stargazer. Für gewöhnlich folgte ihnen dann auch der Dingo, den Mai papa-mumoo nannte. Charlie erklärte Estella, das heiße so viel wie »Teufels-Dingo«. Mai nahm seine Anwesenheit jetzt gelassener, denn sie fühlte sich dank des Totems an ihrem Gürtel, von dem sie sich niemals trennte, sehr viel sicherer. Estella hatte sich angewöhnt, den Dingo zu füttern, sodass er jetzt nah ans Haus kam. Zuerst hatte Stargazer ihn von seiner Koppel vertrieben, doch eines Abends hatte bei beiden die Neugier gesiegt, und Estella sah,wie sie einander beschnupperten. Stargazer schnaubte, und der Dingo sprang zurück – doch irgendwann wurde ein Spiel daraus, und bald schienen beide einander zu dulden, ja zu mögen. Estella hatte den Dingo sogar schon im Schatten von Stargazers Stall liegen sehen, während der Hengst ganz in der Nähe stand.
Eines Morgens kam Estella aus dem Haus und sah Marty auf Stargazers Koppel. Sie war überrascht, dass er nicht wie sonst gleich wieder fortgeeilt war, und glaubte zuerst, irgendetwas sei nicht in Ordnung. Doch dann sah sie die Begeisterung auf Martys Zügen.
»Er sieht gut aus, nicht wahr?«, fragte sie und legte die Striegel und Bürsten bereit. Die Sonne ließ das kastanienbraune Fell Stargazers wie Seide schimmern. Estella hatte eigentlich keine Zustimmung erwartet, denn was immer sie in der Vergangenheit über Stargazers Fortschritte gesagt hatte – Marty hatte nichts davon gelten lassen. Jetzt aber nickte er.
»Er sieht wieder aus wie damals«, gab er zu, als hätte er erst jetzt die Veränderung bemerkt, die mit dem Hengst vor sich gegangen war. »Sie haben unglaubliche Arbeit geleistet, Estella.«
Strahlend erwiderte sie: »Vielen Dank, Marty. Sie ahnen nicht, was es für mich bedeutet, das aus Ihrem Mund zu hören.«
»Sie haben sich dieses Lob redlich verdient!«
»Stargazer ist bereit fürs Training«, erwiderte Estella und wartete gespannt auf Martys Reaktion. Eine Woche nach Stargazers Umzug in ihren Stall hatte sie – mit Dan Dugans zögernder Zustimmung – damit begonnen, Stargazer zu reiten. Marty fütterte ihn jeden Morgen, ließ sich dann aber bis zum folgenden Tag nicht mehr sehen. Nachdem Estella den Hengst gestriegelt und massiert hatte, sattelte sie ihn und ritt mit ihm aus der Stadt hinaus, um möglichst nicht gesehen zu werden. Zuerst ließ sie ihn nur im Schritt gehen, um dann ganz allmählich das Tempo zu steigern.
Jetzt sagte sie: »Wenn Sie ihn für die Rennen melden wollen,Marty, wird es Zeit, ihn ernsthaft zu fordern. Er ist jetzt in der richtigen Verfassung.« Durch ihre Massage und die Ausritte waren seine Muskeln kräftig genug; außerdem wollte sie um des Kindes willen nicht länger das Risiko langer Ausritte auf sich nehmen.
Marty sagte nichts; er schien tief in Gedanken versunken.
»Wenn Sie ihn nicht zum Rennen melden wollen, Marty, ist auch das in Ordnung. Ich habe schon erkannt, dass die Rennen gar nicht so wichtig sind. Sie waren ein Ziel, auf das wir hinarbeiten konnten, aber um ehrlich zu sein, wollte ich vor allem die Menschen in Kangaroo Crossing beeindrucken. Ich wollte ihnen beweisen, dass ich aus einem kranken, heruntergekommenen Pferd wieder einen Champion machen konnte. Das war nicht recht und sehr eitel von mir. Aber jetzt freue ich mich vor allem darüber, Stargazer gesund und munter zu sehen – und ich weiß, dass es Ihnen genauso geht.«
Marty sah sie an. »Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass es
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