Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
»Ich hoffe, dass Davinia erkennt, was für ein Parasit du bist, und dass du in der Gosse endest, wohin du gehörst!« Fast blind vor Tränen, verließ sie mit unsicheren Schritten das Zimmer.
Marcus schwieg einen Moment, bevor er erklärte: »Du hast uns bitter enttäuscht, James. Sogar in ihrer jetzigen Lage braucht Estella dir keine Träne nachzuweinen!«
Nachdem James die Tür hinter Caroline und Marcus geschlossen hatte, seufzte er erleichtert auf. Er hoffte, die beiden nie wiederzusehen. Er wandte sich um – und fuhr heftig zusammen.
Davinia stand zwischen der Treppe und der Salontür. Ihre Miene wirkte fremd und gequält, und sie sah schrecklich aus: Ihr Haar war ungekämmt, ihre Haut fahl und blass. Zum ersten Mal sah sie so alt aus, wie sie tatsächlich war.
»Warum bist du aufgestanden, Darling?«, fragte James und hoffte insgeheim, dass sie nichts von Estellas Baby mitbekommen hatte.
»Meine Tante und mein Onkel scheinen keine sehr hohe Meinung von dir zu haben!«, stieß sie hervor.
»Hattest du Glückwünsche zu unserer bevorstehenden Hochzeit von ihnen erwartet?«
»Ich hatte jedenfalls nicht damit gerechnet, auf diese Weise zu erfahren, dass deine Frau ein Kind erwartet!«
James hörte die Bitterkeit in ihrer Stimme. Leise entgegnete er: »Sie ist bald meine Exfrau – und ich wusste nichts von der Schwangerschaft.« Er ging in den Salon zurück, in dem noch immer der Duft von Carolines Parfum hing. Davinia folgte ihm, verärgert darüber, wie sehr er sich in ihrem Heim zu Hause fühlte. »Was wirst du wegen des Kindes unternehmen?«, fragte sie.
»Nichts.«
»Du kannst es aber nicht in Australien lassen. Du hast doch gehört, was Caroline gesagt hat. Es scheint ein schrecklicher Ort zu sein.«
»Ich fange ein neues Leben mit dir an, Darling. Du möchtest doch bestimmt nicht, dass ich noch mit der Vergangenheit beschäftigt bin!«
Davinia lächelte leicht. »Ich erkenne eine verwandte Seele, wenn ich ihr begegne, James. Du bist auch ein Goldsucher.«
Er starrte sie an. »Das ist nicht sehr nett von dir, Davinia!«
»Du liebst vor allem mein Geld – so wie ich Geoffreys, Cecils und Warwicks Geld geliebt habe. Aber jetzt könnten wir noch einen größeren Fisch an Land ziehen, James!«
»Wovon redest du eigentlich?«, fragte er verwirrt.
»Mein Stiefvater Giles ist leberkrank. Ihm bleiben nur noch wenige Jahre, und er hat keinen Erben. Verstehst du, James? Ich will ein Kind, und Giles wünscht sich einen Erben. Er hat nie einen Sohn gehabt, aber ein Stiefenkel käme ihm gerade recht.«
James konnte sich nicht vorstellen, mit einem Kleinkind das Leben weiterzuführen, das sie jetzt lebten. »Du erwartest doch wohl nicht von mir, dass ich nach Australien fahre und Estella das Baby wegnehme ...«
»Doch, genau das erwarte ich. Und wenn es stimmt, was Tante Caroline sagt, tust du dem Kind damit sogar einen Gefallen!«
»Aber was willst du mit einem Kind?«, stieß James hervor, ohne nachzudenken. Was ihn betraf – er war sogar erleichtert, dass Davinia nun keine Kinder mehr bekommen konnte.
»Ich wünsche mir ein Baby, und ich möchte meine Hände auf das Vermögen der Farthingworths’ legen, bevor Giles sein Testament macht und alles diesem Waisenhaus vermacht, dessen Schirmherr er ist. Wenn du nicht nach Australien reist und das Baby holst, werde ich dich nicht heiraten, und du siehst keinen Penny von meinem Geld!«
James war sprachlos über ihre Rücksichtslosigkeit. Verglichen mit ihr fühlte er sich wie ein Amateur. »Und wenn ... wenn es ein Mädchen wird?«, stammelte er.
»Das ist mir egal, solange ich die Möglichkeit habe, ein Kind großzuziehen. Giles würde dafür sorgen, dass es ihm ... oder ihr ... an nichts fehlt, besonders, wenn das Kind seinenGroßvater lieben würde. Und wir würden auch nicht leer ausgehen.« Davinias Augen leuchteten. Dann brach sie plötzlich in Tränen aus, wie jeden Tag, seit sie ihr Baby verloren hatte. Ihre plötzlichen Stimmungsumschwünge verwirrten James zutiefst.
»Und auch ich will ein Kind, James«, sagte sie schluchzend. »Und wenn ich kein eigenes haben kann, will ich deins!«
Er nahm sie in die Arme. »Aber, aber, Darling«, murmelte er beruhigend und fragte sich gleichzeitig, wie sein Leben plötzlich so kompliziert hatte werden können.
17
A ls sie den Fliegenvorhang an der Tür rascheln hörte, blickte Phyllis von ihrer Arbeit auf, dem Sortieren und Etikettieren der Waren, und rief lächelnd: »Estella! Wie schön, dich zu
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