Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
keinen Friseursalon«, meinte James und schüttelte den Kopf.
»Wir haben einen Gemischtwarenladen. Und schicke neue Kleidung braucht man hier kaum, weil es keine Gelegenheiten gibt, sie zu tragen.«
James konnte nur den Kopf schütteln.
Estella fuhr fort: »Mit der Zeit habe ich gelernt, viele Dinge zu akzeptieren, sogar zu schätzen – zum Beispiel die herrlichsten Sonnenuntergänge, die man sich vorstellen kann, und wilde Tiere, die bis an die Schwelle des Hauses kommen, und einen überwältigend schönen Nachthimmel. Und ich liebe den Frieden und die Ruhe hier.«
James blickte Estella an, als habe er sie nie zuvor gesehen, und ihm wurde klar, wie sehr sie sich verändert hatte.
»Die Menschen in dieser Stadt haben mich und das Baby herzlich aufgenommen. Die Frauen haben Babykleidung gestrickt und genäht, die Männer haben das Haus gestrichen und das Dach repariert, ohne dass ich etwas dafür zu bezahlen brauchte. Jeder hilft jedem.«
»Aber das sind Almosen, Estella! Wie kannst du von Almosen leben?«
»Es sind keine Almosen, James. Es ist Freundlichkeit. Die Menschen hier sind wie eine große Familie. Ich weiß, dass es schwer für dich ist, das zu verstehen, weil Kleinstädte so ganz anders sind als große Metropolen. Aber an einem soabgelegenen Ort sind die Leute aufeinander angewiesen. Einer verlässt sich auf den anderen.«
James schien noch immer verwirrt. Estella wusste, dass es schwer für ihn sein musste, ihre Einstellung zu verstehen. »Bist du glücklich mit Davinia, James?«
Ihm fiel auf, dass keinerlei Bitterkeit in ihrer Stimme mitschwang, nur aufrichtiges Interesse.
Er sah sie an, und sie begriff, dass er die Wahrheit nicht zugeben wollte, wie immer diese aussah. Entweder war er verlegen, oder er schämte sich.
»Sie ist meine Cousine, und ich weiß genau, wie sie sein kann, James«, fuhr Estella fort, ohne auf einer Antwort zu bestehen. »Ich würde jetzt gern sagen, dass es nicht ihre Schuld ist, aber das stimmt nicht. Sie ist oft egoistisch – und sie war immer gierig. Aber kein Geld der Welt wird sie glücklich machen, und mein Kind kann nicht die Leere ausfüllen, die ihr eigenes Baby hinterlassen hat. Es tut mir Leid, dass sie keine Kinder mehr bekommen kann, aber mein Sohn gehört zu mir. Das musst du sehen, James – du musst einfach!«
James gab auf. Er wusste, dass Estella Recht hatte, und er konnte sich nicht vorstellen, ihr das Kind zu entreißen, so sehr er es versuchte. Er konnte nicht länger etwas vortäuschen, das ihm nicht eigen war, und wollte nicht länger eine Rolle spielen, die ihm aufgedrängt wurde. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett und barg das Gesicht in den Händen. »Du hast Recht, Estella. Ich bin schwach und oberflächlich. Und ich habe alles falsch gemacht.«
Estella wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie betete nur, dass er endlich einmal das Richtige tat.
James blickte auf. »Du verdienst die Liebe eines Mannes wie Michael Murphy«, sagte er und fügte dann leiser hinzu: »Und ich verdiene eine Frau wie Davinia.«
Es verwunderte Estella, dass er Murphy erwähnte. »Hast du ... mit Murphy gesprochen?«
James schüttelte den Kopf. »Er hat geredet, ich habe nur zugehört.«
Estella wagte kaum zu fragen. »Und was hat er gesagt?«
»Er hat mir damit gedroht, mich in sein Flugzeug zu werfen, mit mir über die Wüste zu fliegen und die Maschine dann abstürzen zu lassen. Es war sein voller Ernst.«
Estella erschrak.
»Er wollte sein Leben opfern, damit du dein Kind behalten kannst«, sagte James leise. »Wenn ich diese Hingabe mit dem vergleiche, was Davinia von mir verlangt hat, kann ich dich nur beneiden.« Er legte seine Hand über ihre, die auf dem Kind ruhte, und fügte hinzu: »Aber du hast es verdient.«
Tränen strömten Estella über die Wangen.
»Tut mir Leid, dass ich dich so verletzt habe«, fügte James hinzu. »Aber jetzt werde ich gehen. Ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst.« Er stand auf.
»Warte, James«, sagte Estella noch immer unter Tränen. »Willst du deinen Sohn nicht wenigstens einmal halten?«
James blickte ein wenig ängstlich auf das Kind. »Meinen Sohn ...«, sagte er mit rauer Stimme.
Estella hielt ihm das Baby entgegen, und er nahm es mit zitternden Händen. »Halte ihn fest, aber sanft.«
In diesem Augenblick erschien Murphy an der Tür. Er sah James mit dem Baby auf dem Arm und starrte ihn erschreckt an. Dann aber bemerkte er Estellas zufriedenen Blick und sah das leise Lächeln, das
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