Ein Hologramm für den König
viel Zeit uns bleibt?«, fragt er und meint, bevor die Sonne untergeht und es anfängt zu frieren. »Etwa zwei Stunden«, sage ich. »Damit könntest du recht haben. Also sollten wir uns beeilen«, sagt er.
– Er war ein harter Bursche, sagte Zahra.
– Er wird gern für einen gehalten. Also fingen wir an. Einer von uns hackte, der andere band zusammen, immer abwechselnd. Wir banden zwei Paletten aus je rund zwanzig dünnen Birkenstämmen zusammen. Nachdem wir das geschafft hatten, räumten wir ein großes Stück Schnee frei und bauten ein ziemlich ordentliches Dach auf. Wir holten Reisig von den Kiefern und legten den Boden damit aus.
– Klingt gemütlich.
– Es war erstaunlich gemütlich. Dann bauten wir eine Wand um unseren Unterschlupf. Einen Meter hoch, ringsum. Als Windschutz. Wir packten auch Schnee aufs Dach, dreißig Zentimeter dick, als Isolierung.
– Und das fängt nicht an zu tropfen?
– Nicht bei minus zehn Grad. Das war die beste Isolierung, die wir hatten.
– Hattet ihr Schlafsäcke?
– Nein, hatten wir nicht.
– Der Mann ist wahnsinnig.
– Vielleicht. Dann fragte er: »Junge, was brauchen wir jetzt?« Ich wusste es. Wir brauchten Nadel und Faden oder Klebeband oder so. Also sag ich ihm das, und, schwups, holt er eine Rolle Klebeband hervor.
– Wofür das?
– Um aus unserer Kleidung einen Schlafsack zu machen.
– Das ist ein Witz.
– Nein, kein Witz. Wir haben unsere Jacken zerschnitten und so zusammengeklebt, dass sie einen großen, weiten Schlafsack ergaben. Und dann haben wir in unserer langen Unterwäsche darin geschlafen.
– Ihr habt euch den Schlafsack geteilt.
– Ja. Und ich muss sagen, als wir so richtig drinlagen, war es sehr warm.
– Hattet ihr kein Feuer?
– Nein, kein Feuer. Nur einander.
– Und am Morgen?
– Haben wir die Jacken wieder zusammengeklebt und sind nach Hause.
– Ihr habt euch also selbst gerettet, indem ihr etwas gebaut habt. Schon klar. Aber er hätte euch beide dabei fast umgebracht.
– Kann sein, sagte Alan und lachte.
– Ich darf doch lachen, oder?, sagte Zahra.
– Allerdings.
– Gut. Ich finde nämlich so ziemlich alles, sagte sie – und machte eine ausladende Handbewegung durch den Raum, die das Haus mit einschloss, das Meer draußen, das ganze Königreich, die ganze Welt und den ganzen Himmel – sehr, sehr traurig.
XXXIV.
DER KÖNIG BESUCHTE King Abdullah Economic City tatsächlich, elf Tage später. Sein Besuch wurde um neun Uhr an diesem Morgen angekündigt, und seine Fahrzeugkolonne kam kurz nach 12 Uhr mittags an. Er tourte zwanzig Minuten lang durch die leeren Straßen der Stadt, verbrachte fünfzehn Minuten im Empfangszentrum, dann begab er sich mit seiner Entourage zum Präsentationszelt.
Alan und die jungen Leute waren bereit. Der König nahm in einem thronähnlichen Sessel Platz, der an dem Tag gebracht worden war, und seine Begleiter setzten sich auf die weißen Couches. Brad und Rachel und Cayley begannen mit der Präsentation, die einwandfrei funktionierte. Brad, in einem schicken Businessanzug, begrüßte das Publikum, erklärte die Technologie und stellte dann einen anderen Mann vor, der in London war, aber dann, aha, vom Rand der Bühne herantrat, bekleidet mit Thawb und Gutra. Er schien im Zelt zu sein, auf der Bühne, ging umher und sprach sowohl Englisch als auch Arabisch. Er und Brad unterhielten sich eine Weile, machten deutlich, dass diese Art von Technologie bloß ein Element von Reliants enormen Möglichkeiten war, dass sie sich auf einen großen gemeinsamen Erfolg in KAEC freuten. Dann bedankte sich der Mann in London bei allen und verschwand, und Brad bedankte sich bei allen, trat von der Bühne und signalisierte Alan und den anderen jungen Leuten seine Einschätzung der Vorführung mit einem lautlosen: Super gelaufen !
Als es vorbei war, klatschte König Abdullah leise, sagte aber nichts. Es kamen keine Nachfragen. Weder er noch jemand aus seinem Gefolge sagte etwas zu den Reliant-Leuten, obwohl Alan sich in der Nähe der Tür bereithielt, für den Fall, dass jemand das Angebot erörtern wollte. Das tat niemand. Alan bekam keine Gelegenheit, den Neffen des Königs zu erwähnen. Vier Reihen Männer waren zwischen ihm und dem König, der gleich darauf wieder ging, zusammen mit all seinen Begleitern.
Alan sah ihnen nach, wie sie die Straße hinunterfuhren, aber nicht weit. Sie verschwanden in der Tiefgarage unter der Black Box. Vor dem Gebäude bemerkte Alan drei weiße Vans, die ordentlich
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