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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Ruby sehr zu schätzen. Auf diesen ersten Reisen nach Taiwan, nach Japan, nach China und Ungarn kam Ruby mit, und sie war wundervoll. Sie war wahnsinnig charmant, strahlend. Sie sah alles, lernte jeden kennen. Sie war ein umwerfender Gast, die eigenwilligste und interessierteste und temperamentvollste Amerikanerin, die jedem von ihnen je untergekommen war.
    Aber Alan war ihr peinlich. Er kannte nicht mal die Hälfte der Leute, von denen sie sprach – Dissidenten und Philosophen und Exilpolitiker. Er suchte sich lieber einen Industriellen am Tisch, einen von den Ehegatten, der sich mit Stückkosten und Lieferfristen auskannte und weniger mit den Chancen für eine Zivilgesellschaft in Sri Lanka. Manchmal hatte er Glück und sie versteckten sich zusammen vor dem Licht der Idealisten, die sich über die Details undurchführbarer Pläne und nicht finanzierbarer Mandate stritten.
    Rubys idealer Partner, wie Alan da schon wusste, wäre ein Kennedy gewesen, ein Rockefeller. Vielleicht Aristoteles Onassis oder George Soros. Sie brauchte einen reichen Mäzen, der politischen Einfluss hatte, der den Vorhang der Macht beiseiteziehen und ihr die Hebel und Knöpfe zeigen konnte. Der ihre Pläne finanzieren konnte. Wenn sie frustriert war, wenn sie ihn als Sand in ihrem Getriebe sah, wurde sie gemein.
    – Es gibt nicht den »Richtigen« oder die »Richtige«, sagte sie einmal. Sie waren in Taipei und aßen mit einem Zulieferer und seiner Frau zu Abend. Das Paar war seit vierzig Jahren verheiratet. Der Gedanke, dass es auf der Welt nur einen einzigen Menschen gibt, der für dich bestimmt ist, ist unlogisch, sagte sie. Sie hatte ein paar Drinks intus, und es machte ihr Spaß, laut zu denken. Die Rechnung geht einfach nicht auf! Bei wem du landest, hängt lediglich von zufälliger Nähe ab.
    Alan schlug die Augen in dem Zelt am Meer auf. Die jungen Leute schliefen immer noch. Sie hielten ihn für ein Nichts, einen unwichtigen Mann. Wussten sie, dass er im Rio Negro geschwommen war, wo es von Krokodilen wimmelte? Dass er eines Morgens beinahe in Stücke gerissen worden wäre und seine grundsätzlich grausame Exfrau die Einzige war, die sich für ihn einsetzte, damals und überhaupt?
    Alan hatte beobachtet, dass einige von der Besatzung ab und an in den Fluss sprangen, und das hatte eine Diskussion über Krokodile ausgelöst, und es hatte sofort und auch später Vorträge darüber gegeben, wie selten Krokodile angriffen, dass sie kein Interesse an Menschenfleisch hatten, außer das Wasser war sehr niedrig, außer es herrschten ungewöhnliche Bedingungen und ihre üblichen Nahrungsquellen waren knapp oder nicht mehr vorhanden.
    Als das Schiff also an dem Dorf angelegt hatte, gab eine Handvoll Passagiere der Versuchung nach, und sie schwammen ganz unbesorgt. Es ist toll, sagten sie. Sie standen im seichten Wasser, und Dorfkinder planschten in der Nähe, alle waren im Fluss, und niemand wurde von riesigen Reptilien verschlungen. Es schien sogar, als gäbe es in dem Abschnitt des Flusses gar keine, bis es einige Minuten später auf der anderen Seite des Schiffes unruhig wurde. Ein Besatzungsmitglied hatte gefischt und soeben ein Babykrokodil gefangen, so groß wie ein Schuh. Alan und Ruby eilten hin, um es sich anzusehen, und es sah tatsächlich ganz genau so aus wie die, die er in Büchern gesehen hatte. Es hatte einen unglaublichen Unterbiss und sah apoplektisch aus.
    Alan hatte nicht die Absicht zu schwimmen. Aber für Ruby waren der Anblick des Tieres, wie es da auf dem Deck zappelte, und das Wissen, dass es so nahe bei den Passagieren und den Kindern im Wasser gewesen war, der Beweis dafür, dass keine Gefahr bestand, und so sprang sie in den Fluss, planschte herum und versuchte, auch Alan hereinzulocken. Er weigerte sich, und anschließend stand sie bei ihm an Deck, ein Handtuch um die Schultern, und lehnte sich gegen ihn.
    – Du solltest es machen, sagte sie.
    Und mehr brauchte er nicht. Er beschloss jedoch, noch einen Schritt weiter zu gehen, und als er auf dem Schiff ein Ruderboot entdeckte, ließ er es zu Wasser und kletterte hinein. Er hatte vor, ein Stück hinaus auf den Fluss zu rudern und vom Boot ins tiefe Wasser zu springen.
    Das Ruderboot war sehr klein, eher ein Kajak, so wenig Tiefgang hatte es. Alan ruderte, die Beine gerade ausgestreckt, und das kam ihm ganz normal vor. Doch schon bald schaute eine Menschenmenge, die gesamte Besatzung, von dem Deck unterhalb von Ruby aus zu, und sie schienen seinen Ausflug höchst

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